Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
an, die braunen Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, den Mund leicht geöffnet.
»Sie haben mich Catherine getauft, aber meine Adoptiveltern nannten mich Daisy«, sprudelte es aus ihr hervor. »Mum ist letztes Jahr gestorben, und ich musste ihr versprechen, dass ich Sie suche.«
»O mein Gott!« Ellen griff sich an die Brust, als hätte sie einen Herzanfall.
Panik erfasste Daisy. In ihrem Eifer hatte sie nicht an die Konsequenzen ihrer unverhofften Ankündigung gedacht. Sie machte ein zerknirschtes Gesicht und murmelte bestürzt: »Es tut mir ja so Leid! Ich hätte nicht einfach so hereinplatzen dürfen, doch als ich Sie durchs Fenster sah, hab ich es einfach nicht mehr ausgehalten. Entschuldigen Sie bitte, ich hätte es besser wissen müssen. Das ist unverzeihlich!«
Ellen taumelte zu einer gepolsterten Bank neben der Ladentheke und ließ sich darauf fallen. Alle Farbe war aus ihrem sorgfältig geschminkten Gesicht gewichen. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Damit habe ich nie gerechnet«, stieß sie atemlos hervor.
»Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?« Daisy trat zu ihr und legte ihr die Hand auf den Arm. »Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen und ein andermal wiederkommen.«
»Ja. Nein. Ich ... Mir fehlen die Worte«, keuchte Ellen, und ihre manikürten Hände flatterten aufgeregt.
»Ja, ein Glas Wasser? Oder ja, ich soll besser gehen? O Gott, das ist mir so unangenehm! Ich wollte Sie nicht erschrecken oder in Verlegenheit bringen.«
Ellen stemmte sich hoch und klammerte sich an die Rückenlehne der Bank. »Ich brauche einen Drink. Geben Sie mir eine Minute, bis ich mich wieder ein wenig gefangen habe«, bat sie mit zitternder Stimme. »Ich bin gleich wieder da.«
Sie schwankte in den hinteren Teil des Ladens und ließ Daisy allein zurück. Wie oft hatte ihr Vater sie damit geneckt, dass sie immer mit dem Kopf durch die Wand wolle und sich dabei benehme wie ein Elefant im Porzellanladen! Doch das hier war kein Scherz mehr, die arme Frau hätte wirklich einen Herzanfall erleiden können.
Die Zeit verrann unendlich langsam. Hinter der geschlossenen Tür lief Wasser. Dann wurde sie geöffnet, und Ellen rief: »Ich koche uns einen Kaffee. Wie möchtest du deinen?«
Daisy atmete auf. Die Krise schien überstanden zu sein, und Ellen hatte offenbar auch nicht die Absicht, sie hinauszuwerfen. »Mit Milch und Zucker«, antwortete sie.
Einige Minuten später kam Ellen mit zwei hübschen Porzellantassen zurück. »Jetzt gehts wieder einigermaßen«, versicherte sie, und um ihre Mundwinkel zuckte ein Lächeln. »Meine Güte! Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Bist du immer so impulsiv?«
»Ich fürchte, ja«, gestand Daisy. »Ich versuche es mir zwar abzugewöhnen, aber irgendwie schaffe ich es nicht. Ich handle und denke dann erst nach. Ich hab deine Adresse erst heute Morgen von einem Anwalt erfahren, und ich wollte bloß mal vorbeischauen und dir dann einen Brief schreiben. Doch als ich dich sah, waren alle guten Vorsätze vergessen. Ich glaube, es lag an deinem Haar – es ist meinem so ähnlich.«
»Das Haar der Pengellys.« Ellen zupfte an einer Locke und lächelte ein wenig. »Ich hab nie herausgefunden, ob es ein Segen oder ein Fluch ist. Wie es scheint, hast du auch mein impulsives Wesen geerbt. Gott, jetzt könnte ich eine Zigarette vertragen.«
»Ich auch«, stimmte Daisy schalkhaft lächelnd zu.
»Weißt du was? Ich schließe den Laden eine Weile, und wir gehen hinten raus.«
Sie sperrte die Tür zu, drehte das Schild Geschlossen um und ging Daisy voraus. Durch eine kleine Küche und einen Lagerraum gelangten sie in einen Hinterhof mit einer Holzbank und ein paar mit Frühlingsblumen bepflanzten Kübeln. Es war in dem windgeschützten Hof angenehm warm.
»Ich möchte dich nicht lange aufhalten«, meinte Daisy, setzte sich neben Ellen auf die Bank und bot ihr eine Zigarette an. »Vielleicht könnten wir uns bald einmal treffen und in aller Ruhe miteinander reden.«
»Ja, das wäre schön.« Ellen tat einen tiefen Zug. »Wohnst du in London? Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
Sie wohne in Chiswick, antwortete Daisy und erklärte dann, wie sie von Lorna Einzelheiten über ihre Adoption erfahren und wie sie Mr. Briggs in Falmouth angerufen und von ihm die Adresse der Londoner Anwaltskanzlei erhalten habe. Mavis Peters erwähnte sie nicht. »Ich hab ein bisschen geflunkert, als ich in der Kanzlei war«, gestand Daisy grinsend. »Ich hab mich als Mr. Briggs’
Weitere Kostenlose Bücher