Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
meinte er. »Wir fangen an.«
Sollten ihre Haare etwa so bleiben? »Was soll ich denn anziehen?«, fragte sie erschrocken.
»Lass nur, das ist schon in Ordnung«, erwiderte er, wobei er sie von Kopf bis Fuß musterte. Er dirigierte sie vor einen neutralen Hintergrund. Die Scheinwerfer waren schon eingeschaltet.
Die anderen Fotografen sagten ihr, wie sie sie haben wollten. Meistens musste sie eine aufreizende Pose einnehmen oder so tun, als wäre sie vom Fotografen überrascht worden. Ohne Anweisungen und ohne Requisiten kam sie sich albern vor und fühlte sich gehemmt. Die Hände vor dem Bauch verschränkt, stand sie erwartungsvoll da. Aber Mark blieb ungerührt sitzen und starrte sie nur an.
Als sie ihn gerade fragen wollte, was sie tun solle, kam Bewegung in ihn. Geschmeidig, fast katzenhaft erhob er sich, und da erst bemerkte sie die kleine Kamera, die er in den Händen hielt.
Er strich wortlos um sie herum und machte Aufnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln. Josie war irritiert.
»Soll ich lächeln?«, fragte sie nach einer kleinen Weile.
»Ist dir zum Lächeln zu Mute? Findest du irgendetwas lustig?«, gab er zurück. Seine tiefe Stimme hallte im Studio wider.
»Eigentlich schon.« Sie musste unwillkürlich lächeln, weil sie das Ganze wirklich zu komisch fand.
»Sehr gut«, lobte er, als sie die Hand auf den Mund legte, um ein Kichern zu unterdrücken. »Du siehst aus wie ein ungezogenes Schulmädchen.«
Damit war das Eis gebrochen. Ihr wurde bewusst, dass er die echte Josie sehen wollte, nicht die gekünstelte, die den anderen Fotografen gefiel. Sie bewegte sich wie früher auf der Farm,
als sie Model gespielt hatte, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, machte ein nachdenkliches oder trauriges Gesicht. Sie deutete Kinsales Schweigen als Zustimmung, und da er ein paarmal einen neuen Film einlegte, schien er mit ihr zufrieden zu sein.
Später bat er sie, in ein schlichtes langes Kleid aus der Studiogarderobe zu schlüpfen und ein bisschen mehr Make-up aufzulegen. Ganz zum Schluss zog sie dann noch einen Bikini an, doch von »glamourösen« Fotos konnte keine Rede sein.
Mehr als drei Stunden waren sie im Studio, und Mark Kinsale hatte höchstens fünfzig Worte mit ihr gesprochen. Deshalb traute sie ihren Ohren nicht, als er sie nach dem Shooting zum Essen einlud.
Er bemerkte ihren verdutzten Gesichtsausdruck und lachte. »Ich hab dich auf Film«, erklärte er. »Jetzt möchte ich ein wenig mehr über dich erfahren.«
Sie gingen in ein Chinarestaurant ganz in der Nähe. Kinsale bestellte für sie. Er schien zu wissen, dass sie noch nie chinesisch gegessen hatte. Er ließ sich einen großen Scotch und Josie eine Coke bringen.
»Erzähl mir von dir«, forderte er sie schroff auf. »Wie hast du Beetle kennen gelernt? Woher kommst du? Wie alt bist du wirklich? Wie sind deine Eltern? Und komm mir nicht mit irgendwelchen Lügen. Wenn ich was aus dir machen soll, muss ich die Wahrheit kennen.«
Josie verschwieg ihm nichts. Es tat gut, nicht flunkern zu müssen, sie sei schon siebzehn oder habe Verwandte in London. Sie erzählte ihm von Will, von der Westbourne Park Road, dem Café, in dem sie gekellnert hatte, von Tina und Candy, die sie mit Beetle zusammengebracht hatten.
Kinsale hörte ihr schweigend zu. Als sie geendet hatte, wurde das Essen serviert, und Josie betrachtete stirnrunzelnd die kleinen Schälchen voller Speisen, die sie nicht kannte.
Er lachte. »Nimm von allem ein bisschen. Du wirst sehen, es schmeckt nicht so seltsam, wie es aussieht. Du bist zu dünn. Du isst wahrscheinlich kaum was, oder?«
Er hatte Recht. Ihre letzte richtige Mahlzeit hatte sie damals im Café eingenommen, und seitdem ernährte sie sich von fertig belegten Sandwiches, Chips und einem gelegentlichen Hamburger. Sie probierte das Essen. Es schmeckte wirklich ausgezeichnet, und sie aß mit Appetit.
»Wenn du tatsächlich Model werden willst, musst du auf deine Gesundheit achten«, erklärte Mark streng. »Deine reine Haut kannst du dir nicht mit Zigaretten und Schokolade erhalten. Du brauchst einen ausgewogenen Speiseplan, vor allem viel Obst und Gemüse. Außerdem körperliche Bewegung und ausreichend Schlaf.«
Sie nickte. Schlaf bekam sie genug, sie hatte ja sonst nichts zu tun, wenn sie nicht arbeitete.
»Ich werde künftig mehr essen«, versprach sie. »Beetle sagt auch andauernd, ich sei zu dünn. Er ist unheimlich nett zu mir. Er hat mir sogar eine Daunendecke für meine neue Wohnung geschenkt.«
Mark zog
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