Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
eine Augenbraue hoch und warf ihr einen merkwürdigen Blick zu.
»Was ist?« Hatte sie etwas Falsches gesagt?
»Beetle ist ein Gauner«, entgegnete er so schroff, dass Josie erschrak. »Du hast bestimmt nicht die leiseste Ahnung, dass die meisten der so genannten Fotografen im Studio nicht einmal einen Film in der Kamera haben, oder?«
Josie zog die Stirn kraus. »Aber warum sollten sie so was tun?« Sie fragte sich, ob Mark vielleicht ein bisschen verrückt war.
»Weil der Anblick spärlich bekleideter Mädchen sie aufgeilt und sie bereit sind, dafür zu bezahlen.«
Josie starrte ihn an wie vom Donner gerührt. Einen Augenblick war sie sprachlos. Dann fiel ihr das Surren und Klicken ein, wenn Mark einen neuen Film eingelegt hatte, und wie die Kleinbildkassetten seine Jackentasche ausbeulten. Im Studio hatte sie weder diese Geräusche gehört noch Kleinbildpatronen gesehen. »Sie meinen, die schauen uns nur an?«, flüsterte sie und dachte an die vielen Male, als sie auf Wunsch eine Brust entblößt oder sich auf den Boden gelegt und die Beine in die Höhe gestreckt hatte.
Mark nickte. »Wenn ihr Mädels nicht so geldgeil wärt, wärt ihr schon längst von selbst darauf gekommen«, erwiderte er trocken. »Bei einem echten Shooting wird dem Model erklärt, wofür die Aufnahmen gebraucht werden, Friseur und Maskenbildner stehen bereit, und die Firma, die die Aufnahmen in Auftrag gibt, stellt die Garderobe. Dass ihr Mädels so schwer von Begriff seid, will mir einfach nicht in den Kopf. Wer in aller Welt bestellt schon Fotos von einem Mädchen, das an einem künstlichen Strand mit einem Ball spielt?«
»Beetle hat gesagt, die Fotos seien für Urlaubsprospekte«, berichtete Josie mit dünner Stimme. Sie erinnerte sich mit Schrecken daran, wie einer der Männer sie gebeten hatte, auf und ab zu springen, damit ihre Brüste hüpften. Sie hatte sich nicht wohl dabei gefühlt, aber gedacht, das gehöre nun mal zum Job.
»Einen kleinen Teil der Bilder vermarktet er schon, für Kalender zum Beispiel oder für Nacktmagazine und solche Dinge. Aber wenn diese perversen Idioten nicht wären, die sich für David Bailey halten, würde er in einer Sozialwohnung in Ladbroke Grove hausen, und ihr Mädels würdet weniger als jede Kellnerin verdienen.«
Das Gefühl der Sicherheit, das Josie in den vergangenen Wochen empfunden hatte, löste sich in nichts auf. Sie war hereingelegt worden. Und was sollte sie jetzt tun? Vom Lohn einer Kellnerin konnte sie die Wohnung in Elm Park Gardens nicht bezahlen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie warf Mark einen flehenden Blick zu, in der Hoffnung, er werde anfangen zu lachen und sagen, das sei nur ein Scherz gewesen.
»Warum weinst du?«, fragte er stattdessen barsch.
»Weil ich nicht weiß, was ich jetzt tun soll.« Sie tupfte die Tränen fort. »Ich bin erst gestern in meine neue Wohnung gezogen, und sie ist so schrecklich teuer.«
Mark schüttelte den Kopf und machte ein Gesicht wie ihr Vater, wenn sie etwas Dummes angestellt hatte. »Dann kannst du von Glück sagen, dass Beetle erkannt hat, dass du das Zeug zum Model haben könntest, und sich mit mir in Verbindung gesetzt hat, anstatt dich einem der wirklich Perversen auszuliefern.«
Sie entnahm seinen Worten, dass noch nicht alles verloren war. »Und? Hab ich das Zeug dazu?«, wollte sie schüchtern wissen.
Nachdenklich betrachtete er sie einen Augenblick. Josie hielt die Luft an und drückte sich selbst die Daumen.
»Ja, das hast du«, antwortete er schließlich.
Josie strahlte.
»Freu dich nicht zu früh«, fügte er finster hinzu. »Du hast ein hübsches Gesicht und fantastische Haare, doch das allein genügt nicht.«
»Ich werde alles tun, was Sie verlangen«, versprach sie atemlos.
Mark seufzte. »So einfach ist das nicht, Josie. Die Mode ändert sich rasend schnell; was heute in ist, kann morgen schon wieder out sein. Niemand kann den kommenden Trend vorhersagen. Dann ist da die Sache mit deinem Alter, der Konflikt mit deinen Eltern. Du bist eine minderjährige Ausreißerin. Das könnte Folgen für mich haben.«
»Aber ich bin vor fast drei Monaten von zu Hause abgehauen – warum sollten sie jetzt nach mir suchen, wenn sie es bisher nicht getan haben?«, gab sie trotzig zurück. »Außerdem gibts kein Gesetz, das Fünfzehnjährigen verbietet zu arbeiten.«
»Das kommt darauf an, wie deine Eltern die Sache sehen. Wenn du ihrer Ansicht nach moralisch oder physisch gefährdet bist, können sie eine
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