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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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um in der Annahme,
es wäre Raymonde, sieht sich jedoch Zavatter gegenüber. Mein Mitarbeiter ist
ebenfalls bewaffnet. Mit einem blitzschnellen Fußtritt schlägt er meinem
Gastgeber die Waffe aus der Hand. Ich springe auf, stürze mich auf den barbouze ,
der sich die schmerzende Pfote hält, und schlage ihm mit der Faust ins Gesicht.
    „Das ist für die nächtliche
Vorstellung im Littoral neulich“, sage ich. „Und das...“
    Ich krame in meinem Gedächtnis.
    „Das ist dafür, daß du mich für einen barbouze gehalten hast!“
    Nasenblutend geht der Kerl zu Boden.
    „Regen Sie sich doch nicht so auf,
Chef“, sagt Zavatter. „Die barbouzes gibt es in Wirklichkeit gar nicht.
Hier der Beweis.“
    Er holt mit dem Fuß aus und tritt
Mortaut in die Rippen. Unser Gegner brüllt auf vor Schmerzen.
    „Scheiße!“ ruft Zavatter mit
gespielter Überraschung. „Die gibt es ja doch! Sonst würde der Kerl hier nicht
so rumbrüllen! Ja, reisen bildet. Man lernt jeden Tag was Neues dazu. Übrigens,
Chef, entschuldigen Sie, daß ich nicht früher eingegriffen habe. Ich habe in
der Küche gewartet, bis sich das Liebespaar in die Haare kriegen würde. Als die
Blonde neue Getränke holen wollte, hab ich sie neutralisiert. Die Ärmste
langweilt sich jetzt im Wandschrank. Ich geh sie mal schnell holen. Hier, Ihr
Schießeisen.“
    Fünf Minuten später sitzen wir alle
gemütlich beisammen. Die blonden Haare unserer Freundin sind von Spinnweben
verunziert, und ihr aufreizendes Négligé hat viel von seinem Reiz verloren.
Mortaut wischt sich das Blut von dem blutenden Gesicht.
    „Und nun wollen wir uns ein wenig
streiten“, beginne ich die Plauderstunde. „Fünfzig Millionen sind es wohl wert.
Ich eröffne das Feuer, und Sie feuern dazwischen, wenn’s nötig sein sollte. Ich
nehme an, daß Sigari und du, Mortaut, als häufige Gäste in der Villa Djemila
mitbekommen hattet, daß jemand die hohe Summe als Gegenleistung für einen
Verrat kassiert hatte. Sie kannten ihn, diesen Verräter. Nach den ,Ereignissen’
ohne Abfindung entlassen (die Undankbarkeit der Großen!), nahmen Sie Ihre
zivilen Tätigkeiten wieder auf. Übergehen wir die Anfänge! Sigari ist
Handelsreisender für ganz spezielle Literatur, Organisator geheimer Rendezvous
und privater Schäferstündchen. Eines Tages läuft ihm bei einer dieser
Gelegenheiten besagter Verräter über den Weg. Der lebt nämlich inzwischen
mitten unter pieds-noirs, die mit ihm — wie mit einem gewissen Baluna —
kurzen Prozeß machen werden, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Sigari
unternimmt einen kleinen Erpressungsversuch. Doch der Verräter weiß, daß so ein
Erpresser nie den Hals vollkriegt. Und deswegen, verehrte Madame, sollten Sie
nicht nur schwarze Strapse tragen, sondern auch ein Négligé derselben
Trauerfarbe. Sie sind Witwe.“
    „Was geht Sie das an?“ faucht
Raymonde.
    „Mich? Gar nichts. Im Gegenteil. Ich
finde Schwarz erotisch. Hat Sigari Sie in die Geschichte eingeweiht?“
    „Nein, überhaupt nicht, der gemeine
Kerl! Er hat nur im Schlaf gesprochen. Und so habe ich von dieser Stadt und den
fünfzig Millionen erfahren. Ich hatte keine Ahnung, worum es ging. Als ich dann
begriff — oder zu begreifen meinte — , daß er mich verlassen hatte und mit der
Beute abgehauen war, habe ich Monsieur Mortaut verständigt. Vielleicht konnte
er sich einen Reim darauf machen.“
    „Ich habe sofort kapiert“, übernimmt
der ausrangierte barbouze das Wort. „Sigari hatte den Kerl gestellt,
hatte ihm Geld abgeknöpft und war damit getürmt. Warum sollten wir das nicht
auch tun?, habe ich mir gesagt. Wir sind nach Montpellier gefahren. Hier habe
ich dann allerdings meine Meinung geändert. Sigari war nicht aus freien Stücken
aus dem Princess verschwunden. Es gab da einen Haken. Ich ließ mich
jedoch nicht entmutigen. Schließlich konnte der Verräter nicht einfach irgend
jemanden umbringen! Wir stiegen also im Littoral ab — das Princess war uns zu schmutzig — und starteten unseren Feldzug. Leider hatten wir keinen
einzigen Anhaltspunkt. Zwar führte Sigari wohl so eine Art Buch, doch das hatte
er bei sich. Ich wanderte durch die Straßen von Montpellier und hoffte darauf,
dem Millionär zu begegnen. Vergebens.“
    „Ja, vergebens. Und da tauche ich im Littoral auf, der geschwätzige Page brüstet sich vor euch mit meiner Anwesenheit, und
das bringt deine Phantasie auf Touren.“
    „Ja. Seien Sie mir nicht böse, aber
ich habe gedacht: Der Unterschied zwischen einem

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