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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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erschüttert.
    „Wir haben ihn gefunden“, erklärt mir
der Dicke aufgeregt. „Der Hauptmann wollte Dacosta trösten, nachdem er durch
Sie von Agnès’ Verschwinden gehört hatte. Dacosta hat sich in seiner Küche
erhängt. Dieses Schwein!“
    „Was für ein Schwein?“
    „Dacosta“, flüstert der Blinde mit
erstickter Stimme. „Man hat mich in der Villa Djemila ,geimpft’. Ich habe einen
anderen für den Verräter gehalten. In Wirklichkeit war es Dacosta.“
    „Wie bitte?“
    „Wir werden Ihnen das später
erklären“, sagt André.
    Sie scheinen es sehr eilig zu haben,
von hier fortzukommen.
    „Wir haben die Polizei alarmiert und
unsere Aussagen gemacht. Jetzt verschwinden wir. Ich werde Sie später in Ihrem
Hotel anrufen. Wir müssen uns unbedingt treffen...“
    Er fängt an zu stottern. Ich verzichte
darauf zu verstehen, was er mir erzählt. Als er mit Chambord zu den Gendarmen
geht, um sie zu fragen, ob man sie noch benötige, wende ich mich an Mortaut.
Der Ärmste ist ganz durcheinander.
    „Nun?“ frage ich ihn. „Ist der Blinde
der Verräter oder nicht?“
    „Scheiße!“ stößt er verständnislos
hervor. „Sind Sie verrückt?“
    Gut. Zum Teufel mit mir und meinen
raffinierten Schlußfolgerungen, die auf dem Spiel mit Namen beruhen. Noch nie
war ich so froh darüber, mich geirrt zu haben!
    Die Polizei gestattet Chambord, sich mit
seinem Schatten zurückzuziehen. Das Paar verabschiedet sich von uns, geht zu
seinem Wagen und fährt davon. Ich habe den Eindruck, daß Mortaut es den beiden
liebend gerne gleichtun würde. In der Nähe der Flics fühlt er sich sichtlich
unwohl. Aber ich brauche ihn noch.
    Nach einigem Hin und Her wird uns
erlaubt, die Leiche zu sehen. Man hat sie abgehängt und auf den Fußboden
gelegt. Auf dem Tisch steht eine Halbliterflasche des unsäglichen,
selbstgebrauten Absinths. Mit der Flasche ist ein Blatt Papier beschwert, das
von dem Wind aus der Strauchheide bewegt wird. Der allgemeinen Meinung zufolge
muß sich Dacosta mehrere Gläschen genehmigt haben, bevor er seinen tödlichen
Plan in die Tat umsetzte. Auf den Zettel ist mit einem Bleistift, der auf den
Boden gerollt ist, in zittriger Handschrift eine Botschaft gekritzelt worden:
„Ich bitte alle um Verzeihung. Ein Weiterleben ist mir unmöglich. Dacosta.“
    Tot ist er mir genauso unsympathisch
wie lebendig. Ich werfe Mortaut einen fragenden Blick zu: Ist das denn jetzt
der Richtige? Der verwirrte barbouze schüttelt verneinend den Kopf.
    Unterdessen schreit einer der
Polizisten nach der Ambulanz. Schon seit einer Ewigkeit habe man sie gerufen...
Er eilt ins Nebenzimmer, um zu telefonieren. Niemand schenkt uns die geringste
Aufmerksamkeit. Wir gehen hinaus und leisten den Fliegen Gesellschaft, die
träge in der Sonne tanzen.
    „Wir sollten abhauen“, flüstert
Mortaut mir zu. „Noch hat uns keiner nach unseren Papieren gefragt, aber das
kommt bestimmt. Meine sind in Ordnung, aber trotzdem...”
    Er ist für mich jetzt ein Klotz am
Bein. Ihn an meiner Seite zu haben, kann alles nur noch komplizierter machen.
Und ich halte es für ausgeschlossen, daß er, mit oder ohne Raymonde, irgendeine
krumme Tour gegen Zavatter unternimmt.
    „Ich bleibe hier“, entscheide ich.
„Aber du kannst von mir aus verduften, ich brauche dich im Moment hier nicht.
In der Nähe gibt es eine Bushaltestelle. Fahr zurück in die Villa Lydia und verhalte dich ruhig.“
    Er nickt und schleicht sich auf leisen
Sohlen davon. Niemand denkt daran, ihn aufzuhalten. Ich verscheuche einen
Schmetterling von meiner Hose und geselle mich zu den Gendarmen, die vor dem
Haus Kriegsrat halten.
    In Bezug auf die Ambulanz scheint es
noch Hoffnung zu geben. Die Fahrer haben die Adresse falsch verstanden, sind
jetzt aber auf dem richtigen Weg. Der Hund tollt samt Leine um die Gruppe herum
und schnappt gierig nach den Heuschrecken. Sein Herrchen, ein Bauer mit
Strohhut, hat die Leine losgelassen und redet mit den Uniformierten, die er zu
kennen scheint. Sie sprechen Dialekt, aber da ich hier geboren bin, entgeht mir
kein Wort. So erfahre ich, daß der Bauer der Vater von Roger Mourgues ist, dem
Bekannten von Agnès, mit dem ich mich gestern unterhalten habe. Monsieur
Mourgues ist nicht überrascht, daß Dacosta sich erhängt hat. Er habe Kummer mit
seiner Tochter gehabt, und seine Geschäfte seien den Bach runtergegangen.
Darauf erwidert einer der Uniformierten, daß er nicht wisse, wie die Geschäfte des
Toten gelaufen seien. Jedenfalls habe Dacosta

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