Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
daß er bis jetzt noch nicht hinter Gittern gelandet war.
Die Liste der Prozesse, die im Laufe der Jahre gegen Cal Whitehall geführt worden waren, nahm mehrere Seiten ein. Manche der Rechtsstreitigkeiten waren ›gegen eine nicht veröffentlichte Summe‹ außergerichtlich beigelegt worden. Andere Verfahren hatte man entweder eingestellt, oder man war zu einem für Whitehall günstigen Urteil gekommen.
Die Akte enthielt verschiedene Artikel aus jüngerer Zeit, die sich mit dem geplanten Aufkauf einiger kleinerer Gesundheitsdienste durch Remington befaßten. Es wurde auch von der Möglichkeit einer feindlichen Übernahme von Remington gesprochen.
Der Vertrag hängt wirklich am seidenen Faden, überlegte Fran, während sie weiterlas. Whitehall schwimmt zwar im Geld, doch wenn man den Artikeln glauben kann, sind die wichtigsten Anteilseigner von American National auch ziemlich gut bestückt. Aus den Artikeln schließe ich, daß die Mehrheit die Zukunft des amerikanischen Gesundheitswesens bei American National sieht, dessen Präsident ein ehemaliger Gesundheitsminister ist. Wenn das stimmt, werden die entsprechenden Leute sicher dafür sorgen, daß American National sich durchsetzt.
Anders als Gary Laschs Akte enthielt die von Whitehall keine umfangreiche Liste von Wohltätigkeitsorganisationen, an die er regelmäßig spendete. Allerdings entdeckte Fran einen Namen, der sie sofort wieder wach werden ließ. Calvin Whitehall war gemeinsam mit ihrem Vater Mitglied des Finanzausschusses des Bibliotheksvereins gewesen. Sein Name wurde in den Zeitungsartikeln über die Unterschlagung erwähnt. Davon hatte ich gar keine Ahnung, dachte Fran. Aber wie hätte ich das wissen sollen? Ich war ja fast noch ein Kind, und Mom hat nie über dieses
Thema gesprochen. Außerdem sind wir kurz nach Dads Selbstmord aus Greenwich weggezogen.
Sie sah auch einige verschwommene Fotos ihres Vaters. Die Bildunterschriften waren nicht sehr schmeichelhaft.
Fran stand auf und blickte aus dem Fenster. Es war schon nach Mitternacht, und obwohl in einigen Fenstern noch Licht brannte, würde die Stadt bald schlafen gehen.
Wenn ich Whitehall endlich kennenlerne, werde ich ihm ein paar schwierige Fragen stellen, nahm sie sich ärgerlich vor. Zum Beispiel, wie Dad es geschafft hat, unbemerkt eine so große Summe aus dem Bibliotheksfonds zu stehlen. Vielleicht kann er mir sagen, wo ich einschlägige Unterlagen finde. Mich würde nämlich brennend interessieren, ob Dad das Geld über einen längeren Zeitraum hinweg oder in einem einzigen Betrag abgehoben hat.
Calvin Whitehall ist Finanzier, überlegte sie weiter. Auch damals war er schon erfolgreich und wohlhabend. Er müßte eigentlich in der Lage sein, mir einiges über meinen Vater zu erzählen oder mir bei der Beschaffung von Informationen zu helfen.
Obwohl sie lieber zu Bett gehen wollte, beschloß sie, wenigstens noch einige von Mollys Zeitschriften durchzublättern. Zuerst überprüfte sie das Erscheinungsdatum auf dem Titel. Molly hatte ihr zwar erzählt, daß es sich um alte Zeitschriften handelte, aber Fran war dennoch erstaunt, denn eines der Blätter war bereits vor über zwanzig Jahren erschienen. Das neueste Magazin war dreizehn Jahre alt.
Sie nahm sich die älteste Zeitschrift zuerst vor. Im Inhaltsverzeichnis war ein Artikel mit dem Titel ›Ein Plädoyer für die Vernunft‹ angemerkt. Der Name des Autors kam Fran irgendwie bekannt vor, aber sie war sich nicht sicher. Sie begann zu lesen. Mir gefällt gar nicht, wie dieser Mann denkt, ging es ihr durch den Kopf. Geschweige denn das, was er schreibt.
Die zweite Zeitschrift war achtzehn Jahre alt und enthielt einen Artikel desselben Verfassers. Der Titel lautete
›Darwin, das Überleben der Stärksten und die Lage der Menschheit im dritten Jahrtausend‹. Der Autor, ein Professor in der Forschungsabteilung der Meridian Medical School war ebenfalls abgebildet. Das Foto zeigte ihn und zwei seiner besten Studenten in seinem Labor.
Entsetzt riß Fran die Augen auf, denn nun wußte sie, wer dieser Professor war. Und auch die beiden Studenten erkannte sie.
»Also doch!« rief sie. »Das erklärt alles.«
78
A m Samstag morgen um zehn ließ Calvin Whitehall seinen Plan anlaufen. Er hatte Lou Knox zu sich zitiert, damit dieser in seinem Arbeitszimmer Fran Simmons anrief. »Wenn sie nicht da ist, versuchst du es jede halbe Stunde«, befahl er. »Ich will sie noch heute oder spätestens morgen nach West Redding locken. Denn ich weiß
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