Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
gehen.«
»Ich mag sie, Mom.« Wally kniff die Augen zusammen, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. Er blickte an Edna vorbei und sagte: »Sie würde mich nie so anbrüllen wie Dr. Lasch.«
Ein Schauder überlief Edna. Seit Jahren hatte Wally das Ereignis nicht mehr angesprochen. Nicht, seit sie ihm verboten
hatte, über Dr. Lasch und den Hausschlüssel, den sie am Tag nach dem Mord in seiner Hosentasche gefunden hatte, zu reden.
»Molly ist zu allen Leuten nett«, entgegnete sie. »Und jetzt lassen wir dieses Thema, einverstanden?«
»Gut, Mom. Aber ich bin froh, daß Dr. Lasch tot ist. Jetzt kann er mich nicht mehr anbrüllen.« Wallys Stimme klang tonlos.
Das Telefon läutete. Erschrocken nahm Edna ab und meldete sich mit ängstlich zitternder Stimme.
»Mrs. Barry, entschuldigen Sie die Störung. Hier spricht Fran Simmons. Wir haben uns gestern bei Molly Lasch kennengelernt.«
»Ja, ich erinnere mich.« Edna Barry bemerkte, wie barsch sie sich anhörte. »Aber natürlich«, fügte sie, ein wenig freundlicher, hinzu.
»Ich wollte fragen, ob ich am Samstag zu Ihnen kommen könnte, um ein wenig zu plaudern.«
»Samstag?« Edna Barry zermarterte sich das Hirn, womit sie Fran abwimmeln könnte.
»Außer Sonntag oder Montag paßt Ihnen besser.«
Warum sich die Mühe machen, die Verabredung hinauszuzögern? Die Frau würde ohnehin nicht lockerlassen. »Samstag geht schon in Ordnung«, stieß Edna hervor.
»Ist Ihnen elf zu früh?«
»Nein.«
»Gut. Wären Sie so freundlich, mir Ihre genaue Adresse zu geben?«
Diese Frau hat Todesangst, dachte Fran, nachdem sie aufgelegt hatte. Ich habe ihr die Anspannung deutlich angemerkt. Auch gestern, als ich bei Molly war, wirkte sie nervös. Welchen Grund hat sie bloß, sich zu fürchten?
Edna Barry hatte Gary Laschs Leiche gefunden. Konnte es sein, daß Molly Edna deshalb wieder eingestellt hatte, weil sie an ihrer Version der Ereignisse zweifelte?
Interessante Idee, überlegte Fran. Nach einem Blick in den Kühlschrank zog sie ihren Mantel an – sie hatte beschlossen, zu P. J. Clarke zu gehen, um einen Hamburger zu essen.
Als sie die 56. Straße entlangeilte, kam ihr in den Sinn, daß Molly vielleicht nicht die einzige war, die an Gedächtnisstörungen litt.
20
J enna, ich weiß, daß du eine kluge Frau bist. Also müßtest du mir eigentlich folgen können, wenn ich dir sage, daß Annamarie Scalli sich einfach in Luft aufgelöst hat. Und selbst wenn ich eine Möglichkeit wüßte, sie aufzuspüren, werde ich das gewiß nicht ausgerechnet Molly Lasch auf die Nase binden!«
Die roten Flecken auf Calvin Whitehalls Wangen verrieten seiner Frau, daß er kurz davor stand, die Geduld zu verlieren. Doch Jenna beschloß, nicht weiter darauf zu achten. »Cal, was stört es dich, wenn Molly versucht, Verbindung mit dieser Frau aufzunehmen? Vielleicht hilft es ihr, die Sache endlich für sich abzuschließen.«
Sie tranken Kaffee und Saft in dem kleinen Wohnzimmer, das vom Schlafzimmer abging. Jenna mußte gleich zur Arbeit. Mantel und Handtasche lagen bereits neben ihr auf einem Sessel. Calvin stellte unsanft die Kaffeetasse ab. »Molly kann mir mal den Buckel runterrutschen. Ich muß die Verhandlungen zu einem Abschluß bringen. Seit drei Jahren arbeite ich schon daran, und zwar zu unserer beider Vorteil.«
Jenna stand auf. »Ich glaube, ich übernachte heute in der Stadtwohnung.«
»Wie du willst.«
Sie starrten einander an. Dann breitete sich ein Lächeln auf Calvin Whitehalls Gesicht aus. »Mein liebes Kind, du solltest dich mal sehen. Wenn du jetzt eine Bronzeskulptur zur Hand hättest, würdest du mit mir wahrscheinlich dasselbe machen wie Molly mit Gary. Ihr Mädchen von der Cranden Academy habt wirklich Temperament.«
Jenna erbleichte. »Offenbar hast du tatsächlich Sorgen wegen der Verhandlungen, Cal. So gemein bist du nämlich sonst nie.«
»Normalerweise besteht auch nicht die Gefahr, daß mir ein Milliardengeschäft durch die Lappen geht. Jen, anscheinend bist du die einzige, auf die Molly hört. Überrede sie, so bald wie möglich mit dir nach New York zu fahren. Rück ihr den Kopf zurecht. Erinnere sie daran, daß sie Garys Andenken nur noch mehr in den Schmutz zieht und sich außerdem selbst schadet, wenn sie weiter versucht, sich und der Welt einzureden, sie wäre nicht die Mörderin.«
Wortlos zog Jenna den Mantel an und griff nach ihrer Tasche. Als sie die Treppe hinuntereilte, rief ihr Mann ihr nach: »Ein Milliardengeschäft, Jen.
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