Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Whitehall regt sich öfter auf. Das wissen wir beide doch.«
Louise nickte diensteifrig. Ihre Vogelaugen funkelten. »Ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, Herr Doktor.«
Für Louises Verhältnisse war das eine kühne Bemerkung gewesen, auf die Peter Black allerdings nicht weiter einging. »Vielen Dank, Louise«, erwiderte er nur gleichmütig.
Als das Telefon auf seinem Schreibtisch läutete, forderte er sie mit einer Kopfbewegung auf abzunehmen.
Eigentlich hatte sie sich mit ›Apparat Dr. Black‹ melden wollen, erhielt aber nicht die Gelegenheit dazu. »Es ist Mr. Whitehall, Herr Doktor«, erklärte sie und schaltete den Anrufer in die Warteschleife. Dann eilte sie gehorsam aus dem Büro und schloß die Tür hinter sich.
Peter Black war klar, daß es einem Todesurteil gleichkam, wenn man gegenüber Calvin Whitehall Schwäche zeigte. Inzwischen achtete er nicht mehr auf Calvins Seitenhiebe wegen seines Alkoholkonsums, denn er war überzeugt, daß Whitehall sich nur deshalb auf ein Glas Wein täglich beschränkte, um sich überlegen zu fühlen.
Er hob ab. »Na, wie steht’s mit dem Imperium, Cal?« fragte er wie immer, weil er wußte, daß diese Bemerkung Whitehall ärgerte.
»Großartig. Das Problem ist nur, daß Molly Lasch für Unruhe sorgt.«
Peter Black hatte das Gefühl, als würde Calvin Whitehalls dröhnende Stimme den Hörer zum Vibrieren bringen.
Black hielt das Telefon in der linken Hand und lockerte die Finger seiner rechten, um Spannung abzubauen. »Das ist doch nichts Neues«, antwortete er.
»Jenna war vorgestern abend bei ihr. Molly möchte, daß ich Annamarie Scalli finde. Sie besteht darauf, mit ihr zu sprechen, und läßt es sich einfach nicht ausreden. Heute morgen hat Jenna mich wieder damit gelöchert. Ich habe gesagt, ich hätte keine Ahnung, wo die Scalli steckt.«
»Ich auch nicht«, erklärte Black betont ruhig. Er erinnerte sich an die Panik in Gary Laschs Stimme: »Annamarie, der Klinik zuliebe. Du mußt mir helfen.«
Damals ahnte ich nicht, daß sie ein Verhältnis mit Gary hat, dachte Peter Black. Was war, wenn Molly sie jetzt aufspürte? Und wenn Annamarie ihr verriet, was sie wußte. Was würde dann geschehen?
Er bemerkte, daß Cal weitersprach, aber er hatte den ersten Teil der Frage nicht verstanden.
»… gibt es jemandem in der Klinik, der noch Kontakt zu ihr hat?«
»Ich weiß nicht.«
Eine Minute später legte Dr. Peter Black den Hörer auf. »Keine Anrufe mehr, Louise«, sagte er in die Gegensprechanlage. Er stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und preßte die Handflächen gegen die Stirn.
Es war ein Drahtseilakt, und das Seil wurde allmählich brüchig. Wie konnte er verhindern, daß es riß und er in die Tiefe stürzte?
22
S ie wollte nicht, daß du dir Sorgen machst, Billy.«
Billy Gallo blickte seinen Vater über das Bett seiner Mutter hinweg an. Sie waren in der Intensivstation der Lasch-Klinik. Tony Gallo hatte Tränen in den Augen. Sein schütteres graues Haar war zerzaust, und er tätschelte den Arm seiner Frau mit zitternder Hand.
Daß die beiden Männer Vater und Sohn waren, war unverkennbar, denn mit ihren dunkelbraunen Augen, den vollen Lippen und dem markanten Kinn sahen sie einander erstaunlich ähnlich.
Tony Gallo war sechsundsechzig und hatte früher beim Sicherheitsdienst eines großen Konzerns gearbeitet. Inzwischen war er Rentner, verdiente sich als Schülerlotse in dem Städtchen Cos Cob etwas dazu und war an der Kreuzung Willow und Pine nicht mehr wegzudenken. Sein fünfunddreißigjähriger Sohn Billy spielte im Ensemble eines Broadway-Musicals die Posaune, befand sich eigentlich gerade auf Tournee und war eigens aus Detroit hergeflogen.
»Es war sicher nicht Moms Idee, mich zu schonen«, meinte Billy ärgerlich. »Ich würde wetten, daß du ihr verboten hast, mich anzurufen.«
»Billy, du hattest sechs Monate lang kein Engagement. Wir wollten nicht, daß du die Stelle verlierst.«
»Zum Teufel mit der Stelle. Ihr hättet mich anrufen sollen. Ich hätte mich schon durchgesetzt. Als sie ihr die Genehmigung verweigert haben, zum Spezialisten zu gehen, hätte ich es denen gezeigt.«
»Du irrst dich, Billy. Dr. Kirkwood hat alles getan, um sie an einen Facharzt zu überweisen. Jetzt ist die Kostenübernahme für die Operation durch. Sie wird wieder gesund.«
»Aber er hat sie trotzdem zu spät zu einem Spezialisten geschickt.«
Josephine Gallo wachte auf. Sie hörte, wie ihr Mann und ihr Sohn sich anschrien, und sie ahnte,
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