Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
mir bitte, wer es ist. Dann hätte ich wenigstens einen Anhaltspunkt. Hatte er Streit mit jemandem?«
»Ich weiß nur von einem Streit. Mit Dr. Jack Morrow.«
»Dr. Morrow? Aber er ist vor Gary gestorben.«
»Ja, und vor seinem Tod hat er sich merkwürdig verhalten. Er hat mich gebeten, für ihn die Kopie einer Akte aufzubewahren. Doch ehe er sie mir geben konnte, wurde er ermordet.« Annamarie befreite sich aus Mollys Griff. »Mrs. Lasch, ich habe keine Ahnung, ob Sie die Mörderin Ihres Mannes sind. Wenn nicht, sollten Sie vorsichtig sein und nicht herumlaufen und Leute ausfragen.«
Annamarie stieß beim Hinauslaufen fast mit der Kellnerin zusammen, die ihre Tassen nachfüllen wollte. Molly bat rasch um die Rechnung und bezahlte. Die neugierigen Blicke der Frau waren ihr äußerst unangenehm. Schnell griff sie nach ihrem Mantel und eilte Annamarie nach. Langweilige Vorstadthausfrau, dachte sie erbost, als sie aus dem Lokal stürmte.
Auf der Heimfahrt nach Greenwich ließ Molly das Gespräch mit Annamarie Scalli noch einmal Revue passieren. Sie verschweigt mir etwas, überlegte sie. Es ist, als hätte sie Angst. Aber wovor?
Noch am selben Abend sah Molly entsetzt die erste Meldung der Elf-Uhr-Nachrichten in CBS. Eine bisher unbekannte Frau war erstochen in ihrem Auto auf dem Parkplatz des Sea Lamp Diner in Rowayton aufgefunden worden.
35
D er stellvertretende Staatsanwalt Tom Serrazzano hatte damals nicht die Anklage gegen Molly Carpenter Lasch vertreten und es immer bedauert, daß ihm diese Gelegenheit entgangen war. Für ihn stand fest, daß sie eine Mörderin war, die das vergleichsweise milde Urteil nur ihrer gehobenen gesellschaftlichen Stellung zu verdanken hatte. Man hatte sie mit Samthandschuhen angefaßt, und sie war letzten Endes mit nur fünfeinhalb Jahren für den Mord an ihrem Mann davongekommen.
Tom war entsetzt gewesen, als der zuständige Kollege sich auf eine Abmachung eingelassen und auf Totschlag erkannt hatte. Seiner Ansicht nach hätte ein fähiger Ankläger sicher den Prozeß weitergeführt und einen Schuldspruch wegen Mordes erreicht.
Derartige Kungeleien wurmten ihn besonders, wenn der Angeklagte Geld und gute Beziehungen hatte wie Molly Carpenter Lasch.
Tom war Ende Vierzig und hatte seine gesamte berufliche Laufbahn im Justizapparat verbracht. Nach ein paar Jahren als Assistent eines Richters war er zur Staatsanwaltschaft gegangen und hatte sich dort bald einen Ruf als unnachgiebiger Ankläger erworben.
Die junge Frau, die erstochen worden war, wurde als Annamarie Sangelo, wohnhaft in Yonkers, identifiziert.
Doch als die Ermittlungen am Montag ergaben, daß es sich in Wirklichkeit um Annamarie Scalli, die Geliebte des ermordeten Dr. Gary Lasch, handelte, gewann der Fall eine völlig neue Bedeutung.
Nachdem die Kellnerin des Sea Lamp Diner die Frau beschrieben hatte, mit der das Opfer dort verabredet gewesen war, stand die Sache für Serrazzano fest. Für ihn war der Mord so gut wie aufgeklärt.
»Nur, daß es diesmal keine Abmachung mit der Staatsanwaltschaft geben wird«, sagte er entschlossen zu dem zuständigen Detective.
36
E s ist wichtig, daß mir bei meiner Aussage kein Fehler unterläuft, nahm sich Molly in der Nacht fest vor.
Annamarie hat das Lokal vor mir verlassen. Ich habe bezahlt. Als ich zur Tür ging, war mir schwindelig. Annamaries Worte, Gary sei erleichtert gewesen, als ich mein Baby verlor, und er habe mich für eine langweilige Vorstadthausfrau gehalten, gellten mir noch in den Ohren. Auf einmal fühlte ich mich, als würde ich keine Luft mehr bekommen.
Bei meiner Ankunft war der Parkplatz fast leer. Einer der wenigen Wagen war ein Jeep. Mir fiel auf, daß er noch dastand, als ich hinausging. Ein Auto fuhr gerade ab, und ich dachte, es sei Annamarie. Ich rief ihr nach, und ich erinnere mich, daß ich sie etwas fragen wollte, aber was? Was hätte ich sie denn noch fragen sollen?
Die Kellnerin wird mich beschreiben. Sie werden mich sofort erkennen und mich vernehmen wollen. Ich muß Philip anrufen und ihm erklären, was passiert ist.
Philip glaubt, ich hätte Gary getötet.
Habe ich es vielleicht wirklich getan ?
Mein Gott, ich weiß genau, daß ich Annamarie Scalli nicht angerührt habe, überlegte Molly. Werden sie mich verdächtigen? Nein! Nicht schon wieder! Das stehe ich nicht noch einmal durch.
Fran. Fran wird mir helfen. Allmählich zweifelt sie daran, daß ich Gary umgebracht hatte. Ganz sicher hilft sie mir.
In den Sieben-Uhr-Nachrichten
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