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Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)

Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)

Titel: Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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bitte.«
    Die achtundfünfzigjährige Gladys war seit vierzig Jahren Kettenraucherin und hatte deshalb tiefe Falten im Gesicht. Ihr flammend rotes Haar war am Ansatz grau. Und da sie ausgiebig dem Einkauf per Internet frönte, war sie hoch verschuldet. Sie war weder verheiratet gewesen, noch hatte sie je eine feste Beziehung gehabt, und sie wohnte bei ihren zänkischen alten Eltern.
    So war Gladys dreißig, vierzig und schließlich fünfzig Jahre alt geworden und hatte allmählich festgestellt, daß ihre Zukunftsaussichten schwanden. Ihr Leben schleppte sich ereignislos dahin, und nach einer Weile glaubte sie selbst nicht mehr daran, daß sich eines Tages etwas zum Positiven ändern würde. Und dabei hatte sie so lange geduldig auf ein Wunder gewartet – bis jetzt leider vergeblich.
    Eigentlich war sie anfangs gerne Kellnerin gewesen, doch im Laufe der Jahre wurde ihr Verhalten gegenüber den Gästen immer unwirscher und mürrischer. Es tat ihr weh, mit ansehen zu müssen, wie Paare sich am Tisch an den Händen hielten oder wie Eltern mit ihren Kindern einen festlichen Abend verbrachten. Denn sie wußte, daß dieser Zug für sie endgültig abgefahren war.
    Ihre unfreundliche Art hatte sie bereits einige Stellen gekostet. Inzwischen war sie schon seit einigen Jahren im Sea Lamp Diner beschäftigt, wo das Essen miserabel und die Kundschaft spärlich war, so daß sie mit ihrer Übellaunigkeit nicht weiter auffiel.
    Am Sonntag abend war sie besonders schlecht aufgelegt gewesen, denn ihre Kollegin hatte sich krank gemeldet, weshalb Gladys sie vertreten mußte.
    »Etwa um halb acht kam eine Frau herein«, erklärte sie den beiden Beamten. Sie genoß das Gefühl der Wichtigkeit, denn Green und Packwell hingen förmlich an ihren Lippen. Außerdem schrieb eine Sekretärin jedes Wort mit.
    »Bitte, beschreiben Sie die Frau, Miss Fluegel«, forderte sie der junge Detective, der sie nach Stamford gefahren hatte, höflich auf.
    Ob seine Eltern wohl geschieden sind? dachte Gladys. Wenn ja, hätte ich nichts dagegen, seinen Vater kennenzulernen. »Warum nennen Sie mich nicht Gladys? Das tun alle.«
    »Wenn Sie möchten, Gladys.«
    Gladys lächelte und legte dann die Hand an den Mund als müsse sie überlegen. »Die Frau, die zuerst kam … Moment …« Sie schürzte die Lippen. Daß sie verärgert gewesen war, weil die Frau auf einen Platz hinten im Lokal bestanden hatte, wollte sie den beiden lieber verschweigen. »Sie war schätzungsweise um die Dreißig, hatte kurzes Haar und trug etwa Größe vierundvierzig. Aber das ist nur eine Vermutung, weil sie Hosen und einen Parka anhatte.«
    Gladys war klar, daß die beiden genau wußten, wie die Frau ausgesehen hatte und daß sie Annamarie Scalli hieß. Allerdings hatte sie Verständnis dafür, daß sie die Tatsachen Schritt für Schritt nachvollziehen mußten, und außerdem machte es ihr Spaß, im Mittelpunkt zu stehen.
    Sie berichtete, daß Miss Scalli nur Kaffee bestellt hatte, nicht einmal ein Brötchen oder ein Stück Kuchen. Und das wiederum bedeutete, daß sie, Gladys, mit keinem großen Trinkgeld hatte rechnen können.
    Bei diesen Worten lächelten die Beamten wohlwollend, was Gladys als Aufmunterung empfand.
    »Dann kam eine sehr elegante Dame herein, und man merkte gleich, daß die beiden sich nicht grün waren.«
    Detective Green hielt ihr ein Foto hin. »Ist das die Frau, die sich zu Annamarie Scalli gesetzt hat?«
    »Ja, das ist sie.«
    »Wie gingen die zwei miteinander um, Gladys? Denken Sie gut nach, es könnte wichtig sein.«
    »Sie waren nervös«, entgegnete Gladys mit Nachdruck. »Als ich der zweiten Dame den Tee brachte, hörte ich, wie die andere sie Mrs. Lasch nannte. Ich konnte das Gespräch nicht verstehen, nur Bruchstücke beim Servieren und als ich den Nebentisch saubermachte.«
    Gladys merkte den beiden die Enttäuschung an und fügte deshalb rasch hinzu: »Aber es war nicht viel los, und
da ich nur so herumstand, fiel mir auf, daß die Frauen sich merkwürdig benahmen. Ich setzte mich an den Tresen und beobachtete sie. Natürlich wurde mir später klar, daß ich Molly Laschs Foto vergangene Woche in der Zeitung gesehen hatte.«
    »Und was taten Molly Lasch und Annamarie Scalli?«
    »Nun, die Dunkelhaarige, ich meine Annamarie Scalli, wurde immer ängstlicher. Offen gestanden hatte ich den Eindruck, daß sie sich vor Molly Lasch fürchtete.«
    »Fürchtete, Gladys?«
    »Ja, genau. Sie konnte ihr nicht in die Augen sehen, aber das war ja auch nicht weiter

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