Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
verschwieg, daß Molly sie mit ihrer Frage von einer großen Last befreit hatte. Molly war ganz offensichtlich geistesgestört, denn ein normaler Mensch würde niemals zwei Morde begehen, ohne sich daran zu erinnern. Sie hatte also umsonst Angst um Wally gehabt.
Nun saß Edna wohlbehalten in ihrer Küche, war ihrer Befürchtungen ledig und erzählte ihrer Freundin ausführlich von den Ereignissen des Vormittags. »Wir waren kaum unten, als schon zwei Detectives vor der Tür standen. Sie kamen von der Staatsanwaltschaft. Fran Simmons brachte sie ins Wohnzimmer und sagte, Molly beriete sich gerade mit ihrem Anwalt. Mir war klar, daß er ihr nur den Kopf zurechtrücken wollte. In ihrem Zustand hätte sie nicht mit den Polizisten reden können.«
Mit mißbilligend zusammengepreßten Lippen nahm Edna sich ein zweites Stück Kuchen. »Erst eine halbe Stunde später kam Mollys Anwalt herunter. Es ist derselbe, der sie auch damals beim Prozeß verteidigt hat.«
»Und was geschah dann?« fragte Marta neugierig.
»Mr. Matthews – so heißt der Anwalt – meinte, er werde im Auftrag seiner Mandantin ein paar Worte sprechen. Er erklärte, Molly habe sich am Vorabend mit Annamarie Scalli getroffen, weil sie mehr über den tragischen Tod ihres Mannes erfahren wollte. Die beiden hätten sich fünfzehn oder zwanzig Minuten miteinander unterhalten. Dann sei Annamarie Scalli gegangen, während Molly die Rechnung bezahlte. Molly sei sofort in ihr Auto gestiegen und nach Hause gefahren. Sie wisse aus den Nachrichten von Mrs. Scallis Tod und wolle ihren Angehörigen ihr tiefstes Beileid aussprechen. Darüber hinaus habe sie keine Ahnung, was passiert sei.«
»Edna, hast du Molly später noch mal gesehen?«
»Kurz nachdem die Polizei fort war, kam sie herunter. Offenbar hatte sie oben gelauscht.«
»Wie benahm sie sich?«
Zum erstenmal zeigte Edna ein wenig Mitleid mit ihrer Arbeitgeberin. »Nun, Molly war schon immer ziemlich schüchtern, doch nicht so wie heute morgen. Sie machte fast den Eindruck, als bekäme sie gar nicht mit, was um sie herum vorgeht. Sie lief herum wie ferngesteuert – so wie damals nach Dr. Laschs Tod.
›Alle glauben, ich hätte sie umgebracht‹, das waren ihre ersten Worte zu Mr. Matthews. Dann meinte Fran Simmons zu mir, sie würde sich gern in der Küche mit mir unterhalten. Anscheinend sollte ich nicht hören, was die beiden redeten.«
»Also hast du keine Ahnung, worum es ging?« erkundigte sich Marta.
»Mom, ist jemand gemein zu Molly?«
Erschrocken blickten Edna und Marta auf und sahen Wally in der Tür stehen.
»Nein, Wally, überhaupt nicht«, beruhigte ihn Edna. »Mach dir keine Sorgen. Sie wollen ihr nur ein paar Fragen stellen.«
»Ich möchte zu ihr. Sie war immer so nett zu mir. Dr. Lasch war böse.«
»Aber, Wally, darüber wollten wir doch nicht sprechen«, unterbrach Edna ihn ängstlich. Hoffentlich hatte Marta Wallys ärgerlichen Ton und seinen düsteren Gesichtsausdruck nicht bemerkt.
Wally ging zur Anrichte und drehte ihnen so den Rücken zu. »Er war gestern bei mir«, flüsterte Marta. »Und er wollte unbedingt Molly Lasch besuchen. Vielleicht solltest du ihn zu ihr mitnehmen, damit er mal hallo sagen kann. Dann gibt er möglicherweise Ruhe.«
Doch Edna hörte gar nicht hin. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihrem Sohn, denn sie hatte mitbekommen, daß dieser
in ihrer Handtasche wühlte. »Was tust du da, Wally?« fragte sie ihn streng.
Er wandte sich um und hielt einen Schlüsselbund hoch. »Ich nehme mir nur Mollys Schlüssel, Mom. Diesmal lege ich ihn wieder zurück, Ehrenwort.«
39
A m Montag nachmittag war die Kellnerin Gladys Fluegel gerne bereit, Detective Ed Green ins Gerichtsgebäude von Stamford zu begleiten und ihm alles zu berichten, was sie während des Treffens zwischen Annamarie Scalli und Molly Carpenter Lasch beobachtet hatte.
Bemüht, sich ihre Freude über die äußerst zuvorkommende Behandlung nicht anmerken zu lassen, gestattete Gladys Detective Green, sie ins Gebäude zu eskortieren. Dort wurden sie von einem anderen jungen Mann erwartet, der sich als stellvertretender Staatsanwalt Victor Packwell vorstellte. Die beiden brachten Gladys in ein Zimmer, in dem ein Konferenztisch stand, und boten ihr etwas zu trinken an.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, Miss Fluegel. Sicher können Sie uns eine große Hilfe sein«, versicherte ihr Packwell.
»Deshalb bin ich schließlich hier«, entgegnete Gladys mit einem Lächeln. »Eine Cola light
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