Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Brandt hatte eine Archivaufnahme von Mollys Entlassung aus dem Gefängnis abgespielt, während Fran per Telefon live aus dem Inneren des Hauses berichtete.
Während Fran vom Merrit Parkway auf den Hutchinson River Parkway fuhr, dachte sie noch einmal an ihre Meldung: »Zur allgemeinen Überraschung wurde bestätigt, daß es sich bei der Frau, die letzte Nacht tot auf dem Parkplatz des Sea Lamp Diner in Rowayton, Connecticut, aufgefunden wurde, um Annamarie Scalli handelt. Miss Scalli war die Geliebte des ermordeten Dr. Gary Lasch, der vor sechs Jahren und dann wieder vor einer Woche Schlagzeilen machte. Grund für das erneute Interesse an diesem Fall war die Haftentlassung von Dr. Laschs Frau Molly Carpenter Lasch, die wegen Tötung ihres Mannes eine Freiheitsstrafe verbüßt hat.
Die Informationen sind zwar noch recht dürftig, doch die Polizei deutet an, daß Mrs. Lasch am vergangenen Abend in dem besagten Restaurant beobachtet wurde, und zwar in Begleitung des Mordopfers.
In der Verlautbarung von Philip Matthews, Mrs. Laschs Anwalt, heißt es, Molly Lasch habe um ein Treffen mit Miss Scalli gebeten, um ein schmerzliches Kapitel in ihrem Leben abzuschließen. Sie und Miss Scalli hätten ein offenes Gespräch miteinander geführt. Dann habe Annamarie Scalli das Restaurant als erste verlassen. Molly Lasch habe sie nie wiedergesehen. Sie spricht den Angehörigen von Miss Scalli ihr Beileid aus.«
Nach der Sendung war Fran ins Auto gestiegen, um sofort in die Stadt zu fahren. Doch Mrs. Barry lief ihr nach und holte sie zurück. Mit finsterer Miene bat Philip Matthews sie ins Arbeitszimmer, wo Molly händeringend und mit hängenden Schultern auf dem Sofa saß. Frans erster Eindruck war, daß Mollys Jeans und der blaue Baumwollpullover plötzlich eine Nummer zu groß waren. Molly verschwand buchstäblich darin.
»Molly sagt, sie werde Ihnen alles erzählen, was sie auch mir anvertraut hat, sobald ich fort bin«, begann Matthews. »Als ihr Anwalt kann ich ihr nur raten, sie aber leider nicht zwingen, meinen Rat auch anzunehmen. Ich bin mir dessen bewußt, daß Molly in Ihnen eine Freundin sieht, Fran. Und ich glaube Ihnen, daß Sie sie gern haben. Tatsache ist jedoch, daß Sie jederzeit vorgeladen und gezwungen werden können, Dinge auszusagen, die Sie lieber für sich behalten würden. Aus diesem Grund habe ich Molly gebeten, Ihnen die Ereignisse von letzter Nacht zu verschweigen. Allerdings hört sie nicht auf mich.«
Obwohl Fran Molly bestätigte, daß Philip recht hatte, beharrte diese darauf, der jungen Reporterin ihr Herz auszuschütten.
»Gestern abend war ich mit Annamarie verabredet. Wir haben uns fünfzehn oder zwanzig Minuten lang unterhalten«, erklärte Molly. »Sie ist vor mir gegangen, und ich fuhr nach Hause. Auf dem Parkplatz habe ich sie nicht mehr gesehen. Als ich aus dem Lokal kam, fuhr gerade ein Auto davon. Ich rief dem Wagen nach, weil ich glaubte, Annamarie säße darin. Doch wer auch immer am Steuer war, hörte mich entweder nicht oder wollte nicht reagieren.«
Fran fragte, ob es wirklich Annamarie gewesen sein könnte und ob diese vielleicht später zum Parkplatz zurückgekehrt sei. Aber Philip erwiderte, Annamaries Leiche sei in einem Jeep gefunden worden. Das Auto, dem Molly nachgerufen hatte, war jedoch eine Limousine gewesen.
Da Fran wußte, wie sich die beiden Frauen voneinander verabschiedet hatten, wollte sie von Molly mehr über ihr Gespräch mit Annamarie erfahren. Allerdings hatte sie den Eindruck, daß Molly, was den Inhalt der Unterhaltung anging, nicht sehr mitteilungsfreudig war. Will sie mir etwas verschweigen? überlegte sie. Wenn ja, was mag es nur sein? Warum tut Molly so geheimnisvoll? Versucht sie vielleicht, mich zu benützen?
Auf der Fahrt über den Cross County Parkway, der zum West Side Highway in Manhattan führte, machte Fran sich bewußt, daß Molly ihr einige Erklärungen schuldig geblieben war. Warum hatte sie sich zum Beispiel nach dem Duschen und Anziehen wieder ins Bett gelegt?
Fran fing an zu zweifeln. War meine anfängliche Vermutung möglicherweise doch richtig? dachte sie. Hat Molly ihren Mann wirklich umgebracht?
Aber vor allem brauchte sie eine Antwort auf ihre wichtigste Frage: Was für ein Mensch war Molly eigentlich? Was ging in ihr vor?
Genau das wollte Gus Brandt von Fran wissen, als diese ins Büro kam. »Fran, es sieht aus, als würde es wieder einen Prozeß geben wie den gegen O. J. Simpson vor ein paar Jahren. Und Sie sind eine
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