Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
geworden, dass sie alles unternehmen würde, damit der Gerechtigkeit Genüge getan wurde - auch wenn es sie ihre Liebe kostete.
Sie hatte sich wissentlich in eine lebensgefährliche Situation gebracht. Sie hatte Becket ein Opfer weggenommen, und seine Mordlust hatte sich plötzlich in merkwürdig verdrehte Gefühle für sie verwandelt. Doch wenn Becket einige Zeit mit ihr zusammen wäre, sie genauer beobachten konnte, dann würde er sofort wissen, dass sie aus demselben Jahrhundert stammte wie er - und dann wäre sie innerhalb von Sekunden tot, egal, wie gewieft sie war. Chris weigerte sich, sie dieser Gefahr auszusetzen. Er hatte zwei Tage Zeit, sich einen anderen Plan auszudenken und sie davon zu überzeugen.
Der Lärm draußen wurde immer lauter. Chris stand auf, trat ans Fenster und schob den Vorhang beiseite.
Dieses verdammte Weibsbild!
Victoria saß auf dem Rücken der buckelnden Stute, ihr Hut war nach hinten gerutscht, einen Arm hielt sie wegen der Balance weggestreckt, ihr Körper bog sich und fing die Bewegungen des Tieres auf.
Er brüllte ihren Namen, als er auf die Koppel zu rannte und über einen Zaun sprang.
»Nicht!«, rief sie, als sie ihn aus den Augenwinkeln bemerkte. »Ich habe sie fast so weit!«
Die Stute raste über die Koppel, schlug hinten aus, versuchte immer wieder, Victoria abzuwerfen.
Chris klopfte das Herz bis zum Hals. Dann, endlich, verlangsamte das Tier seine Schritte, und Victoria ließ es im Galopp laufen und dann traben. Sie glitt aus dem Sattel, und jetzt erst merkte er, dass er den Atem angehalten hatte.
Seine Männer pfiffen und klatschten, aber ein Blick von Chris ließ sie verstummen. Victoria blickte stirnrunzelnd zu ihm hin, dann konzentrierte sie sich wieder auf die Stute, flüsterte ihr etwas ins Ohr, und das Tier trabte brav eine Runde. Sie tätschelte ihr den Hals, dann belohnte sie die Stute, indem sie sie einmal wild über die Koppel laufen ließ. Dann schmalzte sie mit der Zunge, und gehorsam kam das Tier zu ihr. Noch einmal tätschelte sie die Stute, setzte stolz ihren Hut auf und kam zu ihm herüber.
Chris sprang ihr fast an den Hals.
»Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?«, brüllte er sie an. »Weißt du nicht, wie gefährlich es ist, ein Pferd einzureiten?«
»Doch.«
»Wie um Himmels willen bist du bloß auf diese hirnverbrannte Idee gekommen?«
»Ich dachte, es könnte Spaß machen!«
Er platzte fast vor Wut.
»Und ich hatte Recht - es hat Spaß gemacht.«
»Du hast mir nicht gehorcht, Tori!«
»Aber sonst geht's dir noch gut, ja? Hör zu - ich gehorche mir selbst - und sonst niemandem!«
»Nicht, wenn es um meine Tiere geht.«
»Was hätte ich denn machen sollen, als du gerufen hast? Runterspringen? Dann wäre ich niedergetrampelt worden.«
»Eben. Verdammt, Tori, was wäre gewesen, wenn du heruntergefallen wärst?«
»Ich hatte nicht vor, herunterzufallen.«
»Hat Joaquin dir erzählt, wie er seine Finger verloren hat?«
»Ja.« Beim Einreiten.
Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, ihr Atem ging immer noch schnell. Und Chris fand, dass sie selbst dann noch wunderschön war, wenn sie von Schmutz und Schweiß bedeckt war. »Und das hat dich nicht abgeschreckt?«
»Offensichtlich nicht.«
Doch Chris wurde das Bild nicht los, wie sie vom Pferd stürzte und sich das Genick brach. »Ich verbiete dir, jemals wieder einen wilden Mustang zu reiten!«
Ihr eiskalter Blick ging ihm durch und durch. Er hatte erwartet, dass jetzt ihr Temperament mit ihr durchgehen würde, aber ihr Gesicht wurde einfach nur ganz ausdruckslos.
»Okay«, meinte sie, »es sind deine Pferde.« Dann schob sie ihn einfach beiseite und ging zurück zum Haus. Die Männer gratulierten ihr, und Lucky, der auf der Hintertreppe gesessen hatte, sprang auf und flog in ihre Arme.
Der Anblick der b eid en schnitt Chris ins Herz. Wie gelang es ihr nur, ihre Gefühle so komplett auszuschalten?
»Das war toll, Miss Toria!«
»Danke, Süßer.«
Lucky lehnte sich ein Stückchen in ihren Armen zurück. Chris sah, wie der Junge die Stirn runzelte und über Victorias Wange wischte. Dann verschwanden die b eid en im Haus.
»Victoria, komm in mein Arbeitszimmer. Ich muss mit dir reden.«
Victoria - so hatte er sie schon seit Wochen nicht mehr genannt. Und auch nicht in diesem befehlenden Tonfall mit ihr gesprochen. Aber jetzt wollte er ihr offensichtlich wieder zeigen, wer der Herr im Haus war.
»Ich bin gerade dabei, Abigale zu helfen.« Sie nahm eine weitere
Weitere Kostenlose Bücher