Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
Victoria, sie log ihn an. Und das tat weh, verdammt weh sogar. Wann würde sie endlich bereit sein, ihm zu vertrauen? Er dachte an die Telegramme, die er losgeschickt hatte, und er fand, dass er sich selbst keinen Gefallen tat, wenn er schwieg. Dennoch, zwischen Victoria und ihm gab es eine unsichtbare Trennlinie, etwas, was er nicht fassen konnte und was irgendwie mit seinem Traum zusammenhing. Weshalb auch immer sie ihre Gefühle im Zaum halten mochte, Chris fürchtete, dass sie diese Linie niemals freiwillig überschreiten würde.
Victoria setzte den Eimer ab. Sie schaute sich nach Chris um und sah gerade noch, wie er die Waschküche verließ.
Unglücklich ließ sie sich auf einen Hocker sinken.
Du schaffst es immer und immer wieder, alles kaputtzumachen, warf sie sich selbst vor.
Aber was war wichtiger - Chris' verletzte Gefühle oder ein Killer, der frei herumlief? Und wie lange mochte es noch dauern, bis sie so müde war, dass sie einen tödlichen Fehler machte und Ivy League sie erwischte?
Velvet Knight lehnte an der Bar und ließ ihren Blick durch den Saloon schweifen. Dort hinten stand ein Schürfer, der sie schon seit einer ganzen Weile nicht aus den Augen ließ. Ihr Boss machte seine übliche Runde, schüttelte Hände, lächelte wieder auf diese merkwürdige Weise. Unwillkürlich musste sie an Clara denken und daran, wie sie in Beckets Gegenwart reagierte. Angespannt, misstrauisch, vorsichtig. Unwillkürlich hielt sie nach ihr Ausschau, obwohl sie wusste, dass sie sie hier nicht finden würde. Ein seltsames Ding, diese Clara, ein bisschen erinnerte sie Velvet daran, wie sie selbst früher gewesen war, vor vielen Jahren. Dass Clara mehr war, als sie zu sein schien, hatte ihr deren Verhalten bewiesen, als sie diesen Kerl fertig gemacht hatte. Und Vel führte dieses Leben schon lange genug, um einen Agenten zu erkennen, egal, ob er für Pinkerton oder die Regierung arbeitete, egal, ob es ein Mann oder eine Frau war. Clara beeindruckte sie, mit ihrem schnellen Verstand, ihren Fälligkeiten. Und es bestätigte ihr, dass sie in Bezug auf ihren Boss Recht gehabt hatte. Hinter seinem untadeligen Benehmen verbarg sich etwas Dunkles, Hässliches.
Plötzlich fiel ihr Blick auf einen großen, kräftigen Mann, der quer durch den Raum auf sie zukam. »Ob das Miss Abigale aber gefallen wird?«, meinte sie, als Noble Beecham neben ihr stehen blieb und ein Bier bestellte.
Noble zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Dir entgeht aber auch wirklich nichts, was?«
»Nichts, was einen gut aussehenden Mann betrifft.«
Leichte Röte stieg ihm in die Wangen, und er nahm das Bier, das der Barkeeper ihm zuschob.
»Ist dir zufällig nach ein bisschen Vergnügen zumute, Noble?«
Er blickte auf sein Bier. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich sie betrügen würde. Aber ich würde schon gerne«, gab er zu.
»Wie gerne?«
»Ich schätze, um das herauszufinden, bin ich hier.«
Vel kam näher, ihr Lächeln war bittersüß. Noble war ein guter Mann, einer der besten, mit einem großen Herzen und selbstbewusst genug, um zugeben zu können, dass manche Dinge ihn verwirrten. Vel nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände, beugte sich vor und küsste ihn. Sie legte all ihre Erfahrung in diesen Kuss, der süß und verführerisch war.
So schön es auch war, es erregte ihn kaum, und er löste sich sanft von Velvet und sah sie an.
»An wen hast du dabei gedacht?«, fragte sie ihn, und als er etwas einwenden wollte, fuhr sie schnell fort: »Lüg mich nicht an, denn ich weiß es. Es macht mir nichts aus, Noble, wirklich nicht.« Sie senkte die Stimme. »Vergiss nicht, du bist nichts als ein harter Schwanz für mich, ein Mann, dem ich das Geld aus der Tasche ziehen will.« Es war eine Lüge, drastisch und vulgär, und sie wusste, was Noble antworten würde, noch bevor er es ausgesprochen hatte.
»An sie. Ich habe gewünscht, sie wäre es.«
Sie würde verdammt noch mal nicht zulassen, dass er sich selbst etwas Kostbares zerstörte, nur weil sie b eid e vor vielen Jahren mal etwas miteinander gehabt hatten.
»Dann geh zu ihr!«
Er nahm das Bier, wollte die Flasche austrinken, doch Vel legte eine Hand auf seinen Arm.
»Nicht, wenn du Alkohol getrunken hast.« Sie nahm ihm die Flasche ab, stieß ihn spielerisch in die Seite, dann gab er ihr einen Kuss auf die Wange und ging. Sie schaute ihm nach, während sie einen Schluck aus ihrem Glas trank, und nahm in ihrem Herzen Abschied von ihm. Wieder sah sie sich in dem Saloon um,
Weitere Kostenlose Bücher