Wenn Zauberhaende mich beruehren
Verlust seiner Familie nie verlassen.
Lächelnd sah er zu Kady hinüber, die friedlich in den Kissen schlief. Wie unschuldig sie war und wie leichtgläubig. Sie schien ihm alles zu glauben, was er ihr erzählte.
Seine Lüge war eine spontane Eingebung gewesen, ausgelöst durch Erinnerungen an die ersten Tage nach der Schießerei, als niemand wußte, ob er überleben würde. Damals hatte Cole die tiefe Besorgnis, die er in aller Augen sah, ausgenutzt, um hinter einige der Geheimnisse zu kommen, über die die Erwachsenen nur im Flüsterton sprachen, die ihn und Tarik aber brennend interessierten. Also hatte er seine Großmutter gefragt, was eigentlich ein Eunuch war. Und sie hatte erwidert, das sei ein Mann, der keine Kinder zeugen könne und den keine Frau heiraten wolle. Daran hatte er sich erinnert, als Kady das Wort erwähnte, und daraus sein unverfrorenes Lügengebilde gebastelt.
Und Kady hatte ihm geglaubt! Sie hatte ihm geglaubt und zugestimmt, bei ihm zu bleiben. Vielleicht hätte Cole Gewissensbisse über eine so haarsträubende Lüge empfinden sollen, aber er hätte alles getan, um Zeit mit Kady zu gewinnen. Er hatte sogar bereits erwogen, sich von einem Felsen zu stürzen und sich einen oder zwei Knochen zu brechen, nur damit sie bei ihm blieb und ihn pflegte ...
Sehr langsam und lächelnd erwachte Kady aus einem Traum, an den sie sich nicht erinnern konnte. Und als sie Coles gutgeschnittenes Gesicht mit den wundervollen Lippen sah, lächelte sie noch zärtlicher. Er saß neben dem Bett, und vielleicht hätte sie Unbehagen über seine Nähe empfinden sollen, aber sie fühlte nichts als Behaglichkeit. »Guten Morgen«, flüsterte sie und schloß wieder die Augen.
»Bist du als Kind je auf einem gescheckten Pony geritten?« fragte die Männerstimme, als sie gerade wieder in den Schlaf hinüberglitt.
Sie drehte den Kopf, lächelte ihn an und dachte längere Zeit darüber nach, was für lange, dichte Wimpern er doch hatte, bevor sie auf seine Frage antwortete. »Meine Mutter und ich hatten weder die Zeit noch das Geld für derartigen Luxus ...«, begann sie und stutzte. »Nein, ich bin tatsächlich auf einem gescheckten Pony geritten. Als ich fünf Jahre alt war, wurde zur Geburtstagsfeier eines Nachbarkindes ein Pony gemietet. Davon gibt es Fotos.«
»Du hast ein rotes Kleid getragen«, sagte Cole zärtlich und drehte sich eine ihrer Locken um den Finger.
»Ja.« Kady war verblüfft. »Wie bist du darauf gekommen?«
»Ich bin nicht darauf gekommen, ich wußte es.« Er hob den Blick, sah sie an, und als er sprach, war sein Atem warm auf ihrer Wange. »Als Junge, bis zu meinem neunten Lebensjahr, habe ich immer wieder von einem kleinen Mädchen geträumt. Es trug ein rotes Kleid und ritt auf einem schwarzweiß gescheckten Pony Es sagte nie etwas, lachte mich aber immer an.«
»W... was ist aus ihm geworden?« fragte Kady, jetzt hellwach. Sie dachte an ihren eigenen, immer wiederkehrenden Traum.
»Das weiß ich nicht. Es ist bald nach der Schießerei verschwunden. Oder zumindest kommt es mir so vor. Ich erinnere mich daran, daß ich in meinen Fieberdelirien meiner Mutter erzählte, daß das kleine Mädchen verschwunden wäre. Aber inzwischen glaube ich, daß der Traum aufhörte, weil so viele Menschen gestorben waren.«
Kady sah ihn mitfühlend an, und er küßte sie auf die Nase. »Das alles ist schon lange her. Vierundzwanzig Jahre, genauer gesagt, aber ich weiß noch, wie das kleine Mädchen mich angelächelt hat. Du erinnerst mich an sie, und da du auf einem gescheckten Pony geritten bist, bin ich davon überzeugt, daß du dieses kleine Mädchen warst.«
Kady mußte sich auf die Zunge beißen, um ihm nicht von ihrem Traum zu berichten. Sie hätte ihm gern erzählt, daß Gregory der Mann war, der ihr so häufig im Traum erschienen war, glaubte aber, daß Cole ihr die Lüge ansehen würde. Aber immerhin war Gregory dem Prinzen ihrer Träume ähnlicher als dieser blonde, blauäugige Mann.
Cole stand auf und zog ihre Hand unter der Decke hervor. »Komm, steh endlich auf«, sagte er. »Wir haben viel zu tun.«
Kady schloß noch einmal kurz und genußvoll die Augen, dann schob sie versuchsweise einen Zeh unter der Decke hervor. »Sag mir was, sonst stehe ich nicht auf«, sagte sie.
»Komm, und ich brate dir ein paar Pfannkuchen.«
»Mit Talg?«
»Mit Bärenfett.«
»Und was hast du mit dem Rest des Bären gemacht?«
Cole kniff die Augen zusammen und begann zu knurren. »Ich habe sein Herz
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