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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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der Eisenbahnlinie und hatte die Beowulf-Gesamtschule besucht. Mrs. Blessington war zwischen Rhododendren und Tennisplätzen aufgewachsen und hatte die Privatschule St. Ursula absolviert. Da beide zu große Damen waren, als daß sie sich unter das gewöhnliche Volk der Laienspielgruppe gemischt hätten, hatten sie zwei Wochen lang eine Garderobe geteilt und waren aneinander allmählich auf die Nerven gegangen.
    »Nebenbei bemerkt, Valerie, sollte ich sehr wohl wissen, wie Dienstmädchen reden, da ich doch selbst schon welche beschäftigt habe.«
    Mrs. Blessington stimmte ihr sofort zu: »Ja, meine Liebe, Mädchen von einer Agentur, für einen Abend.«
    »Aus Rücksicht auf meine Gäste«, gab Mrs. Noakes schnippisch zurück. »Ich könnte da einige Abendessen erwähnen, bei denen der Ehemann von Martinis durchtränkt und die ganze Vorderseite eines nagelneuen Kleides mit dem Saft vom Entenbraten begossen war.«
    Mrs. Blessington starrte sie an. »Du weißt ganz genau, daß unser Scheck schon am nächsten Morgen bei euch im Briefkasten lag.«
    »Genau! Auf die Hälfte des Kaufpreises ausgestellt.«
    »Oh, wirklich?« fragte Mrs. Blessington gleichgültig. »Wir dachten, du hättest es im Ausverkauf gekauft.«
    Mrs. Noakes kreischte: »Ich mache diese kindische Scharade nicht länger mit!« und fegte von der Bühne zu ihrem Rolls.
    Mrs. Blessington rief: »Gott sei Dank, daß sie diese egoistischen, ekelhaften Manieren zur Schau gestellt hat! Ich habe mich schon so danach gesehnt, meine Rolle in diesem unglaublich dummen Stück hinschmeißen zu können!« und fegte von der Bühne zu ihrem Mercedes.
    Mr. Wilbraham stand mit aschfahlem Gesicht da, als müßte er ganz allein mit einem bewaffneten Überfall auf seine Bank fertig werden.
    Die Medizin lehrt einen, schnell zu handeln. Ich holte die beiden Damen auf dem Parkplatz ein.
    Ich beschwichtigte sie mit dem Argument, daß alle Künstler sensibel seien - Garbo, Liz Taylor, Pamela Stephenson -, und daß der Ausspruch »The Show must go on« ein ebenso bindendes Dogma sei wie der hippokratische Eid. Jede der beiden war bereits mehr auf sich selbst wütend als auf die andere. Sie hätten sich schwarz geärgert, wenn ihnen eine Gelegenheit entgangen wäre, bei der sie ungestraft ihrer Eitelkeit frönen, sich schamlos aufreizend zur Schau stellen konnten und für die sie teure neue Kleider gekauft hatten. Sie fielen einander sofort in die Arme, vergossen Krokodilstränen, und jede erklärte, wie reizend die andere doch wäre.
    Wir probten den ersten Akt weiter. Die Souffleuse verfolgte mich noch immer mit dem Country Life in der Hand. Als ich durch die Verandatür die Bühne betrat, sah mich Mrs. Blessington verträumt an und gab mir noch einen langen Kuß, Mrs. Noakes küßte mich ebenfalls lange, wobei sie immer noch das Tablett mit den Kanapees festhielt. Mr. Wilbraham starrte sie mit glasigen Augen an, wie ein Kapitän, der tapfer auf der Brücke ausharrt, während der Rest seines geliebten Schiffes schon von den Wellen umspült wird.
    Während ich abging, übergab mir die Souffleuse unter dem Schutz des Country Life ein Marmeladenglas mit Urin.
    Als ich nach Hause kam, sagte Sandra: »Oh, ich bin diese unerwünschten Karten losgeworden. Jilly organisierteine Party mit Jungärzten des Krankenhauses. Jetzt, da dein Fanclub in den ersten beiden Reihen sitzt, solltest du kein Lampenfieber mehr bekommen.«
    Mir rutschte das Herz in die Hose. Ich erinnerte mich aus meinen eigenen Tagen als junger Arzt noch gut daran, daß sie im Gegensatz zu den professionellen Kritikern ihrem Mißfallen mit schneidenden Zwischenrufen wie »Was für ein kompletter Mist!« und »Um Gottes willen! Laßt uns von hier verschwinden, bevor die Pubs dichtmachen« Ausdruck verleihen.
    Premiere!
    Ich spähte aufgeregt durch den Vorhang, während das Public Library Quartet im Orchesterraum eine Auswahl beliebter Ouvertüren zum besten gab.
    Bumbly Bill Hawsbury, der in der zweiten Reihe saß, war schon eingeschlafen.
    Sandra und Jilly saßen inmitten einer Gruppe von ungefähr einem Dutzend junger Männer und Frauen, die zeigten, wie wenig ernst sie unsere Darbietungen nahmen, indem sie aus den Programmen Papierschwalben falteten. Dr. Quaggys Plätze waren leer. Der Bühnenmeister tippte mir nachdrücklich auf die Schulter. »Eine Nachricht von Mr. Whynn. Es ist ihm unmöglich, zu erscheinen; unerwartetes Treffen mit dem Premierminister in der Downing Street.«
    Der durch die Premiere ausgelöste

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