Wer aaahh sagt...
viele deiner Patientinnen - dich mit amüsierter und geduldiger Zuneigung betrachten; genau wie deine eigene Tochter Jilly.«
Ich seufzte. Torschlußpanik.
19
In einem Monat würde meine Tochter Jilly eine verheiratete Frau sein.
»Sollen wir diesbezüglich irgend etwas unternehmen?« fragte ich Sandra eifrig am Frühstückstisch. »Im Garten ein Zelt auf stellen, zum Beispiel? Obwohl Gott weiß, warum der Mittelstand unbedingt möchte, daß das Ganze noch zirkushafter aussieht, als es ohnehin schon ist.«
»Ich habe bereits eines bestellt, die Gästeliste zusammengestellt und die Einladung drucken lassen.«
»Oh? Gut, ich bin äußerst froh, daß sich meine väterlichen Pflichten darauf beschränken, Schecks zu unterschreiben und den Champagner auszuwählen.«
»Ich bin erleichtert. Du hast in letzter Zeit auf alles so merkwürdig reagiert.«
Jilly kam nach unten. Sie verbrachte ihre wenigen freien Tage in der Foxglove Lane und war froh, aus den nüchternen Dienstzimmern des Krankenhauses in die Wohnung, die sie und Peter im südöstlichen Teil Londons gefunden hatten, umzuziehen.
Peter hatte das Risiko einer schnellen Scheidung abgewendet, indem er zum Assistenzarzt am berühmten Royal Women’s Hospital in Chelsea aufgestiegen war. Wie es aussah, würde er die goldene Leiter der Gynäkologie schneller und höher hinaufklettern als sein Vater.
Im Geiste las ich bereits stolz Schlagzeilen wie: SIR PETER TAVERILL IM PALAST - DIE NATION WARTET.
»Es wird so angenehm sein für uns beide, selbst wenn wir Bereitschaftsdienst haben«, sagte Jilly, während sie Kaffee einschenkte.
Ich war ganz würdiger Papa, als ich sie über den Rand der Times hinweg fragte: »Hast du ernsthaft vor, deine berufliche Laufbahn fortzusetzen, obwohl die Medizin mehr Eheprobleme verursacht als das liebe Geld?«
Sie antwortete energisch: »Ich will nicht bloß Arztgattin sein. Oh, entschuldige, Mama.«
»Doch nicht deswegen«, murmelte Sandra.
»Der Gesundheitsdienst ist jedenfalls großzügig, was Mutterschaft und Karenz betrifft.«
»Es bleibt ihm keine andere Wahl«, schnaubte ich. »Die britische Ärzteschaft wird binnen kürzester Zeit so von Frauen dominiert sein wie die russische.«
»Obwohl der einzig faire Weg, eine wirkliche Gleichberechtigung der Geschlechter zu erreichen, darin besteht«, erklärte Jilly, »alle aufstrebenden jungen Männer dazu zu zwingen, zwei oder drei Jahre hintereinander einen neunmonatigen Urlaub zu nehmen. Ich muß unsere Flitterwochen buchen. Wir fahren nach Griechenland -es soll aber keine Bildungsreise sein -, und den Termin mit dem Vikar festsetzen. Glaubst du, daß es ihm etwas ausmacht, wenn wir von derselben Adresse aus zur Trauung fahren? Ich habe gehört, daß er liberaler ist als der alte Rumbold, der meinte, daß jeder, der auf dem Rasen um den Friedhof parkt, in die Hölle kommen würde.«
Sandra seufzte. »Als dein Vater und ich heirateten, waren meine Eltern einfach entsetzt über vorehelichen Geschlechtsverkehr.«
»Ich kann mich nicht daran erinnern«, meinte ich, »an keins von beiden.«
»Was sagst du deinen jungen Patienten, die danach fragen?« fragte Jilly neugierig.
»Daß es nicht den geringsten Unterschied macht, ob sie nach, vor oder gar während der Trauung miteinander schlafen.«
»Das spart eine Menge Arger«, stimmte Jilly zu.
»Also bin ich mit einem amoralischen Menschen verheiratet?« fragte Sandra.
»Oh, die Moral ist der unzuverlässigste Leitfaden für das, was richtig oder falsch ist«, erklärte ich. »So viele Menschen verwechseln Moral mit ihren Vorurteilen. Ich meine, sieh dir das doch einmal an!« Ich zeigte auf die erste Seite der Times. »Das Ministerium schließt unser Dower House. Die Nachricht ist irgendwie durchgesickert.«
»Das Dower House? Es ist im Ort ziemlich beliebt«, bemerkte Jilly zweifelnd.
»Es ist absolut fehl am Platz«, widersprach ich. »Unbequem, verkehrsmäßig ungünstig gelegen und unhygienisch. Ich weiß, es ist ein wunderschönes georgianisches Haus in einer hügeligen Parklandschaft, aber die meisten Patienten werden in einem der Anbauten dahinter untergebracht, die aus dem Zweiten, wenn nicht gar aus dem Ersten Weltkrieg stammen. Das einzig Positive daran ist, daß es weniger wie eine Strafanstalt aussieht als unser Krankenhaus. Man würde es als ungesunden Slum abstempeln, würden nicht sowieso nur Kranke darin wohnen.«
»Trotzdem wurde die halbe Kinderabteilung des Krankenhauses ins Dower House
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