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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Adrenalinstoß hatte Mr. Wilbrahams fröhliche Seite aktiviert. Er hüpfte in einem Smoking mit hellblauem Spitzenhemd und knallroter Fliege herum, küßte unsere beiden Primadonnen, als sie aus ihrer Garderobe kamen - die aussah wie ein überladener Blumenladen - und lud jeden zur Champagnerparty nach der Vorstellung ein; zufällig wußte ich, daß es sich dabei um Samur-Sekt aus dem Supermarkt handelte.
    Das Public Library Quarret beendete sein Gekratze. Die Beleuchtung im Zuschauerraum verlosch; die Lichter auf der Bühne gingen an. »Ach du meine Güte!« rief der Bühnenmeister. »Ich krieg den Vorhang nicht rauf.«
    Mr. Wilbrahams, der Beleuchter - der junge Mr. Fignall (Videoverleih Ritzy) - und ich zogen gemeinsam an dem Seil. Es gab nach, und der Vorhang schoß hoch wie ein Rolladen. Sichtbar wurde Mr. Dale in Knickerbokkern und einem Norfolk Jackett, der mit dem Rücken zum Publikum nach oben starrte.
    Donnernder Applaus.
    Mr. Dale drehte sich mit einem kränklichen Lächeln um und eröffnete die Aufführung, indem er das bedeutsame Glas Gin-Bitter hob, damit es sich dem Publikum einprägte.
    »Prost!« rief eine Stimme aus dem Zuschauerraum.
    Lautes Gelächter.
    Inspektor Dogged, gespielt von Mr. Attwell (Wirt des Gasthofs »The Three Feathers«) betrat von links die Bühne.
    Donnernder Applaus. Ein paar Leute pfiffen auch und riefen: »Die letzten Bestellungen, bitte!«
    Mr. Dale und Mr. Attwell nahmen den Faden der Handlung auf, indem sie ein Gespräch darüber führten, wie sonderbar Mrs. Blessington sich doch in letzter Zeit benommen habe. Mr. Attwell ging links ab, und Mrs. Blessington kam von der Mitte her auf die Bühne.
    Donnernder Applaus.
    Mrs. Blessington fragte, wo die Kanapees seien, die dann von Mrs. Noakes von rechts gebracht wurden.
    Donnernder Applaus.
    Mrs. Blessington und Mrs. Noakes gingen ab. Mr. Dale nippte endlich an seinem Gin-Bitter, gab ein Geräusch wie eine schwere, jedoch defekte Maschine von sich und warf sich auf das Sofa - die Augen starr, der
    Mund geöffnet, sämtliche Glieder von sich gestreckt, und sah toter aus als jede Leiche, die mir je untergekommen war.
    Ich wartete in den Kulissen mit einem komischen Gefühl im Magen.
    Durch das Bühnenbild aus Leinwand konnte ich sehen, wie Mrs. Blessington Mrs. Noakes verwirrt befahl, den Arzt zu holen. Der Bühnenmeister zog nervös an dem Seil, durch das der Vorhang bewegt wurde. Plötzlich gab es ein »Rums«, und ein Sandsack fiel von der Deckendekoration dem Beleuchter auf den Kopf. Vor den entsetzten Augen der Bühnenarbeiter Mr. Timberlyn (Geschäftsführer des Supermarkts) und Mr. Angus (Grundstückmakler) stürzte er mit blassem Gesicht bewußtlos auf die Bodenbretter nieder und sah sogar noch lebloser aus als Mr. Dale.
    »Mein Gott! Ich habe Ernest umgebracht!« rief der Bühnenmeister.
    »Pssssssst!« zischte die Souffleuse.
    Ich sprang nach vorn, zum Kopf des Beleuchters. Er atmete noch, Puls normal, Gehirnerschütterung.
    »Er lebt noch«, versicherte ich allen.
    »Der Arzt kommt so schnell er kann, Madam«, hörte ich Mrs. Noakes mit schriller Stimme ein paar Zentimeter von meinem rechten Ohr entfernt sagen.
    »Er scheint Jahre zu brauchen, Travers«, bemerkte Mrs. Blessington in ähnlichem Tonfall, was zeigte, daß das unerwartete Rums und der dumpfe Aufprall hinter der Bühne sie beunruhigt und aus dem Konzept gebracht hatten.
    Mr. Wilbrahams packte mich am Arm.
    »Sie sind dran!« zischte er.
    Ich zischte zurück: »Ich muß mich um meinen Patienten kümmern.«
    Er zischte wütend: »Wollen Sie die Vorstellung schmeißen?«
    Ich fuhr ihn scharf an: »Wollen Sie den Patienten umbringen?«
    »Der Doktor kommt so schnell er kann, Madam«, informierte Mrs. Noakes Mrs. Blessington nochmals, die ihre Feststellung wiederholte: »Er scheint trotzdem Jahre zu brauchen, Travers.«
    Mr. Wilbrahams zischte wie verrückt: »Treten Sie auf, gehen Sie wieder ab, und retten Sie ihn dann vor dem Tod.«
    Ich zischte drohend zurück: »Oh, Sie wollen, daß ich einen Mord begehe?«
    »Der Doktor muß doch kommen, so schnell er kann!«, kreischte Mrs. Noakes.
    »Er scheint wirklich eine Ewigkeit zu brauchen«, stimmte ihr Mrs. Blessingon hysterisch zu.
    Ich hatte eine Idee. »Rufen Sie einen Arzt!« zischte ich Mr. Wilbrahams zu.
    Ich kam mit meinem Koffer durch die Verandatür.
    Donnernder Applaus.
    »Aber da ist ja der Doktor«, stellte Mrs. Noakes fest.
    Das Publikum trampelte vor Begeisterung.
    Ich war ganz durcheinander. Ich

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