Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
halbe Ernte niederbrennt. Und alles nur, damit Ihre Leute unser ganzes Feld platt trampeln können, also was macht es überhaupt für einen Unterschied?«
»Sehen Sie, ich verstehe Ihren Kummer, und ich fühle wirklich mit Ihnen«, unterbrach Markby entschlossen die jammervolle Litanei des jungen Felston.
»Aber was wollten Sie mir eigentlich sagen, bevor ich mit Ihrem Onkel spreche?«
»Ach ja, mein Onkel.« Brian schien sich an sein ursprüngliches Vorhaben zu erinnern.
»Sehen Sie, Markby, Sie kennen den alten Mann und wissen, wie er ist. Nun ja, mehr oder weniger jedenfalls. Er wettert unermüdlich gegen die Sünde und gegen Frauen und so weiter. Aber er ist harmlos. Das ist sozusagen ein Tick von ihm.« Brian tippte sich vielsagend gegen die Stirn.
»Aber es ist nur da oben, in seinem Schädel. Er liest eine Menge in der Bibel und ein paar anderen religiösen Büchern. Ich will damit sagen, die Hälfte von dem, was er von sich gibt, können Sie ignorieren! Überhören Sie es einfach, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Ich verstehe. Darf ich jetzt hereinkommen?« Brian nickte und öffnete das Gatter, um Markby durchzulassen. Lionel erwartete ihn in der Wohnstube des Farmhauses. Markby, der unter dem trotzigen Blick des alten Winston Churchill Platz genommen hatte, stellte fest, dass es ein bemerkenswert ungemütlicher Raum war. Die Möbel waren staubig, die Fenster ungeputzt, die Luft verbraucht. Allerdings stand in einer Ecke ein Fernseher, und direkt davor thronte ein einzelner Lehnsessel. Markby nahm an, dass die Felstons das Zimmer kaum jemals nutzten. Er wurde lediglich aus formellen Gründen hier empfangen. Auf gewisse Weise bedeutete es ein Kompliment, die Anerkennung seines Rangs und seiner Stellung, gleichberechtigt neben einem Doktor oder einem Vikar. Im Licht dieses Gedankens bedeuteten Lionels begrüßende Worte eine echte Überraschung.
»Ich kannte Ihren Onkel«, sagte er.
»Er war Pfarrer drüben in Westerfield. Es ist schon eine Weile her. Ich erinnere mich noch, dass er ein kleines Auto hatte, einen Austin Seven, und damit hat er seine Gemeindebesuche gemacht.«
»Ja, ich erinnere mich noch genau an dieses Auto«, erwiderte Markby.
»Obwohl ich damals erst ein kleiner Junge war.«
»Er war ein gewaltiger Prediger.«
»Das glaube ich gerne. Er hat mir Angst gemacht«, gestand Markby.
»Geschadet hat es Ihnen nicht, oder? Ihnen die Furcht des Gerechten beizubringen?«
»Ich bin nicht so sicher«, entgegnete Markby vorsichtig. Aus den Augenwinkeln bemerkte er Brian, der steif auf der Kante eines alten Sofas saß. Die Polsterung aus Pferdehaar quoll an verschiedenen Stellen durch die Löcher des durchgescheuerten Bezuges.
»Der Chief Inspector ist wegen der Leiche im Steinbruch gekommen«, sagte Brian laut. Markby war wütend. Er hatte vorgehabt, die Befragung auf seine Weise vorzunehmen, indem er Lionel Felston von selbst auf das Thema kommen ließ, und bislang war das Gespräch zufriedenstellend verlaufen. Doch nun war er gezwungen, das Problem geradewegs anzugehen, daher fragte er:
»Haben Sie vielleicht gestern oder vorgestern etwas Ungewöhnliches in der Nähe des Steinbruchs bemerkt, bevor die Polizei dort eingetroffen ist, Mr. Felston?«
»Etwas Ungewöhnliches?« Lionels Raubvogelblick richtete sich durchdringend auf Markby.
»Abgesehen von einer Horde Landstreicher, die überall auf dem Hügel herumgehurt haben, meinen Sie?«
»Abgesehen von den Hippies, ja. Und abgesehen selbstverständlich von den archäologischen Forschern und ihren Aktivitäten.«
»Nein. Wahrscheinlich war sie ein Luder«, sagte Lionel knapp. Brian rutschte auf dem Sofa hin und her, während er beunruhigt von seinem Onkel zu Markby blickte.
»Es ist nicht nötig, so darüber zu reden, Onkel Lionel!«
»Eine anständige Frau wäre nicht auf diese Weise geendet, tot in einem Steinbruch!«
»Woher willst du das wissen?«, Brians Stimme dröhnte plötzlich laut durch den tristen kleinen Raum.
»Und fang jetzt bloß nicht in Gegenwart des Chief Inspectors wieder mit deinem Unsinn an!«
»Schon gut, Mr. Felston! Ich komme zurecht. Lassen Sie Ihren Onkel bitte sagen, was er möchte!«, befahl Markby in scharfem Ton.
»Nichts, was ich zu sagen hätte, würde auch nur den geringsten Unterschied machen«, sagte Lionel, und Markby hätte schwören können, dass in seiner Stimme eine gewisse bösartige Häme mitschwang.
»Eine perverse, gottlose Generation ist das! Das kommt davon! Der Lohn der Sünde
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