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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Pädophile trägt Shorts und ein knallbuntes Hemd und sieht an einem Strand in Thailand spielenden Kindern zu. Er ist ein bisschen ungepflegt. Er hat die Taschen voller Geldscheine und ein schmuddeliges Zimmer in einem verdreckten Hotel, abends geht er in Bars. Er sieht die Leute vorüberschlendern, während er sich gierig und nuschelnd mit Gin Tonic volllaufen lässt. Er fährt ein ziemlich altes Auto, auf dem Boden liegen Abfälle, Zeitungen und Bierdosen. Und jetzt bist du an der Reihe.«
    »Er ist schwach, unsympathisch und ichbezogen«, sagte Sejer, »freundlos und verschlossen, mit einzelnen femininen Zügen. Seine Sprache ist wenig nuanciert, er findet nicht leicht Worte. Seine Mutter ist oder war eine ungeheuer starke Frau, der er sich niemals zu widersetzen gewagt hat. Sein Vater hat kaum eine Rolle gespielt. Er ist Einzelkind, asozial und wenig anziehend, er hat nicht lange die Schule besucht, er verdient wenig oder ist Frührentner. Aber mit Kindern zusammen ist er wie ausgewechselt. Da wird er warm, herzlich und offen. Er blüht auf und schafft alles, er flößt Vertrauen ein. Was würdest du tun«, überlegte er. »Wenn du acht Jahre alt wärst und allein eine Straße entlang gingst und ein Auto angefahren käme und anhielte?«
    »Ich würde mich fürchten«, sagte Skarre, »vielleicht hätte ich etwas ausgefressen und müsste mich verantworten.«
    »Dich verantworten? Warum denkst du das?«
    »Mein Vater war Pastor.«
    Sie wollten nach Huseby fahren, um den Weg nachzuvollziehen, den Jonas August am 4. September gegangen war. Elfrid Løwe zufolge handelte es sich um eine Strecke von achtzehnhundert Metern, spärlich bebaut, nur einzelne Höfe und wenig Verkehr. Sie fanden das Haus, in dem Jonas übernachtet hatte. Sein Freund, Anders Wessel, stand mit seiner Mutter in der offenen Tür, beide machten einen schuldbewussten Eindruck. Sie wechselten einige Worte und gingen weiter. Eine Schar von Kindern unterschiedlichen Alters hatte den Streifenwagen entdeckt, jetzt kamen sie angerannt und Sejer dachte an seine eigene Kindheit, als ein Streifenwagen gereicht hatte, um einen ereignislosen Tag zu retten. Er war betroffen davon, wie verletzlich sie waren, man konnte sie unter den Arm klemmen und davonlaufen, einem Erwachsenen gegenüber hätten sie keine Chance.
    Ein Junge wagte sich vor.
    »Sollt ihr irgendwen holen?«
    »Nein«, sagte Sejer. »Wir suchen etwas.«
    »Was denn?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Sejer, »aber wir haben uns überlegt, wenn wir suchen, finden wir vielleicht etwas.«
    Der Junge war mit dieser Antwort zufrieden.
    »Habt ihr Jonas August gekannt? Er hat einen Freund hier, den er oft besucht hat«, sagte Sejer.
    Der Junge öffnete den Mund.
    »Anders Wessel. Der wohnt in Nummer 8. Sein Vater ist Däne.«
    Er drehte sich um und zeigte auf das rote Haus, das die Männer soeben verlassen hatten. »Jonas August ist tot«, fügte der Junge hinzu.
    Sejer nickte ernst.
    »Wir haben das im Fernsehen gesehen«, murmelte der Junge. »Die haben ein Bild gebracht und so. Er ging in die dritte Klasse. Unten in Solberg.«
    Die Kinderschar wurde unruhig.
    »Wir glauben, dass er in ein Auto eingestiegen ist«, sagte Sejer. »Wenn ihr auf der Straße unterwegs seid, dann merkt euch eins: Nie in ein Auto einsteigen, wenn ihr den Fahrer nicht kennt. Ist euch das schon mal passiert? Dass ein Auto gehalten hat?«
    Die Kinder wechselten rasche Blicke, wie bei einer stummen Konferenz. Einer steckte burschikos die Hände in die Hosentasche.
    »Hier fährt ein Mann durch die Gegend«, sagte er. »Und manchmal redet er durch das offene Fenster mit uns.«
    Bei dieser Auskunft tauschten Skarre und Sejer einen Blick.
    »Was sagt er dann?«, fragte Skarre.
    »Nichts Besonderes. Dass ich eine schöne Schultasche habe. Oder tolle Turnschuhe. Aber die sind nicht toll, die sind schon alt. Sehen Sie, die Sohle geht ab.«
    Er hielt den einen Fuß hoch, um den abgenutzten Schuh zu zeigen.
    »Und antwortest du?«, fragte Skarre.
    Der Junge bohrte mit der Schuhspitze im Sand.
    »Antworte lieber nicht«, sagte Skarre. »Hast du deinen Eltern davon erzählt?«
    Sein ernster Tonfall machte den Jungen unsicher.
    »Nein.«
    »Warum nicht«, fragte Skarre streng.
    »Er tut doch nichts, er fährt nur rum.«
    Skarre zog einen Notizblock aus der Tasche.
    »Das Auto«, sagte er. »Kannst du das beschreiben? Gib dir jetzt Mühe, das ist wichtig.«
    »Sicher. Das Auto ist weiß.«
    »Groß oder klein?«
    »Nicht so klein.«
    »Zwei

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