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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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hatte eine sichtbare Taille. Sie fand, dass sie an ein schönes Instrument erinnerte, an ein Cello. Ihre Haare waren dicht, blond und glänzend, und im Alter von vierzig Jahren trug sie sie immer offen. Sie trug ein rotes Kleid, ihre Formen zeichneten sich unter dem dünnen Stoff deutlich ab. Jetzt schob sie die Schultern nach hinten und die Brust vor, dann wandte sie den Kopf und überprüfte ihr Profil. Ihre große Nase schenkte ihr einen eigenen Charakter, sie hatte niemals etwas verändern wollen. Ihre Augenbrauen hatten einen besonderen Glanz, weil sie sie mit Öl bürstete. Sie riss sich von ihrem Anblick los und trat wieder ans Fenster, sie sah, dass Edwin mit dem Eismann sprach. Der Mann war Zuwanderer, Inder oder Pakistaner, sie sah seine weißen Zähne leuchten. Der Automotor lief und die Tür stand offen. Ich muss auf ihn aufpassen, dachte sie, denn Jonas August Løwe ist tot und ein Mann macht Jagd auf kleine Jungen. Aber das hier war der Eiswagen, und der kam jeden zweiten Donnerstag. Sie ging wieder in die Küche. Auf dem Küchentisch lag ein Pfund Hackfleisch, sie würden Tacos essen, der Mann in ihrem Leben würde zu Besuch kommen. Sie versuchte, sich zu beruhigen, sie versuchte, taktisch vorzugehen, denn diesen Mann wollte sie nicht verlieren, deshalb gab sie sich Mühe beim Kochen, bei ihrem Äußeren. Und obwohl sie nie über Heiraten gesprochen hatten, so kam er doch immer wieder, denn er konnte ihr nicht widerstehen, und sie ging sehr weit, um ihn sich warmzuhalten. Sie wurde selbst warm, wenn sie an ihn dachte, trotzdem hatte sie auch Angst, denn sie merkte, dass er sich zurückhielt. Und obwohl sie wunderschön war, obwohl sie im Bett eine Künstlerin war, hatte er etwas Reserviertes, einen Vorbehalt, den sie nicht verstand. Es braucht seine Zeit, dachte sie, und sah das Hackfleisch an. Wenn ich nur Geduld habe, dann wird er schon nachgeben. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen, sie brauchte nur sein Gesicht zu sehen, schon zitterte sie. Er war groß und schlank und blond, durchtrainiert und geschmeidig, energisch auf eine anziehende Weise. Wenn er sie wollte, bat er nicht um Erlaubnis, er griff einfach zu, wie es ihm gerade passte. Sie fand es schön, in Besitz genommen zu werden, es gefiel ihr, wenn er ihre Arme nach hinten zwang und sich bediente. Sie riss sich von ihren Gedanken los und ging ans Fenster. Sie konnte Edwin nicht mehr sehen, vermutlich stand er hinter dem Wagen, während der Fahrer zwischen den Eiskartons nach Royal suchte. Sie blieb eine Weile stehen und dachte an die Zukunft ihres Sohnes. Er würde immer fetter werden und er war in Gefahr. Mit anderen Kindern zusammen war er sehr scheu. Aber er hatte einige gute Kumpels, Sverre, Isak und Sindre. Sie dachte an Sindre. Ein stiller Junge mit einem überaus hellen Kopf. Auch der fühlte sich außen vor, er war zu tüchtig. Sie dankte dem Schicksal für die Jungen, die mit Edwin zusammensein mochten. Sie zog an ihrem roten Kleid und starrte hinaus auf die Straße, ihr Sohn war noch immer hinter dem Auto versteckt, sie begriff nicht, warum er dermaßen herumtrödelte. Wieder riss sie sich los und ging zum Küchentisch, nahm Zwiebeln und Jalapenó aus dem Schrank, dazu Soße, Gewürze und kleine grüne Muscheln aus Mais. Bald würde sie den Volvo auf dem Kiesweg hören und Ingemar Brenner würde mit seinem ganz besonderen Lächeln auf der Treppe stehen. Wieder wurde ihr glühend heiß, er steckte ihr im ganzen Körper, sie hatte seinen Geruch in der Nase, und wenn er nicht kam, wenn er sie verließ, war die Sehnsucht nicht zu ertragen. Aber jetzt war er nur Minuten entfernt, und sie tänzelte beim Warten umher wie ein kleines Mädchen, wenn sie am Spiegel vorbeikam, lächelte sie sich zu, jedes Mal wurde sie beruhigt. Das geht, dachte sie, immer wieder, das geht, ich bin üppig, ich bin attraktiv, mich umgibt ein wunderbarer Parfümduft. Weil Edwin noch nicht wieder ins Haus gekommen war, ging sie zum dritten Mal ans Fenster, der Eiswagen stand noch immer vor dem Gartentor, sein rechtes Standlicht blinkte, die Hintertüren waren offen. Dann sah sie Ingemars Volvo kommen, er bremste und fuhr die Auffahrt hoch. Sie jagte wieder ins Haus, geriet außer Atem, musste Ruhe bewahren. Wirklich zieren konnte sie sich nie, aber sie atmete doch einige Male tief durch, um sich vorzubereiten. Dann hörte sie die Türklingel, sie ging langsam hinaus und öffnete. Er stand oben auf der Treppe, die starken Arme übereinander

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