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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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hat nur Elfrid ein Recht.«
    »Warum redest du dann so?«, fragte Skarre.
    »Weil ich die Bestätigung brauche«, sagte Sejer, »dass pure Schlechtigkeit nur selten vorkommt.«
    »Ist das so?«
    »Ich will, dass das so ist.«
    Er sah Skarre an und nickte. »Doch«, sagte er dann, »die ist selten.«
    »Na gut«, sagte Skarre. »Das hier ist nicht gerade eine Radtour. Und du kannst am Tempo nichts aussetzen. Alle machen jeden Tag Überstunden, wir strampeln, als ob es das Leben gälte.«
    Sejer schaltete die Lampe auf seinem Schreibtisch aus. Beide arbeiteten seit vierzehn Stunden, jetzt wollten sie nach Hause, aber sie zögerten. Feierabend zu machen kam ihnen vor wie ein Verrat an Jonas August.
    »Können wir nicht ein Bier trinken gehen?«, schlug Skarre vor.
    Sejer wägte für und wider ab. Er war keiner, der in die Kneipen rannte, er handelte nicht impulsiv, aber diesmal sagte er trotzdem ja. Sie gingen hinaus auf die geschäftige Straße, der Hund lief neben Sejer her, um nicht zurückzubleiben. Zuerst schwiegen sie, der alte Mann und der junge, und als sie sich einem Zebrastreifen näherten, sahen sie zwei Mädchen vor sich. Die Mädchen gingen dicht nebeneinander, Arm in Arm, wie Freundinnen das tun, ihre Absätze klapperten wie Kastagnetten auf dem Pflaster.
    »Sieh dir diese beiden an«, sagte Skarre.
    Sejer sah sich die Mädchen an. Sie waren glatt und aufrecht, wie Tulpen, unmittelbar bevor sie sich öffnen. Leises, vertrauliches Gemurmel schwebte durch die Septemberluft.
    »Für wie alt hältst du die?«, fragte Skarre.
    Sejer musterte die Mädchen.
    »Sechzehn vielleicht?«
    Skarre verdrehte die Augen. »Also ehrlich, du hast keine Ahnung, die sind dreizehn oder vierzehn. Weißt du, kleine Kuchen haben eine dicke Glasur.«
    »Glasur?«
    »Schminke.«
    Sie gingen an den Mädchen vorbei. Skarre bedachte sie mit seinem strahlenden Lächeln.
    »Nicht einen Tag älter als vierzehn«, flüsterte Skarre.
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Ist nur ein Spiel, aber wir haben es mit einem Sittlichkeitsverbrechen zu tun, und da kommen einem so allerlei Gedanken. Denk an die Jungs, die ein Mädchen suchen. Ich meine, so sehen sie aus, aber sie sind noch immer verbotene Früchte. Und dann denke ich an das Mindestalter, in Norwegen liegt das bei sechzehn Jahren.«
    »Sicher«, sagte Sejer, »das stimmt. Hast du was dagegen?«
    »Es müsste vielleicht niedriger sein«, sagte Skarre. »Was senden die für Signale aus, die beiden Mädchen hinter uns? Hier kommen wir Arm in Arm, sagen sie, wir sind süß und zu allem bereit.«
    Sejer drehte sich zu den Mädchen um.
    »Wenn eine von denen einem Jungen begegnet«, sagte Skarre, »und die haben dann Spaß im Bett und danach bereut sie die Sache, dann kann er für zwei, drei Jahre sitzen. Als Sexualverbrecher.«
    »Wir brauchen doch ein paar Regeln«, meinte Sejer. »Kinder müssen beschützt werden, und das tun wir, indem wir eine Grenze ziehen.«
    »Aber die Mädchen heutzutage sind so erwachsen«, sagte Skarre. »Und ob uns das nun passt oder nicht, so sind Kinder sexuelle Wesen.«
    »Du hast keine Kinder«, sagte Sejer, »du verstehst die Instinkte nicht, die dich beherrschen, wenn du für einen anderen Menschen verantwortlich bist. Für einen jungen Menschen«, fügte er hinzu, »vielleicht ein wunderschönes Mädchen, das in die Welt hinaus will. Und du darfst nicht mehr dabei sein, du sitzt zu Hause und wartest. Und die Phantasie geht mit dir durch.«
    Sie ließen sich mit ihren Biergläsern nieder.
    »Nun«, sagte Skarre, »ich dachte einfach, wir könnten ein bisschen über Sex reden.«
    Sejer bückte sich und streichelte seinen Hund.
    »Na, dann los«, sagte er kurz.
    »In Schweden«, begann Skarre, »ist das Mindestalter für sexuelle Handlungen fünfzehn.«
    »Ja und?«
    Sejer trank Pilsner Urquell. Sein Gesicht war ernst, aber aufmerksam.
    »Mit anderen Worten«, sagte Skarre, »in Norwegen kann ein Mann kriminell werden und ein strenges Urteil erhalten für eine Handlung, die in Schweden akzeptiert würde.«
    »Ist das ein Problem?«
    »Natürlich. Es ist zu uneindeutig. Das Problem mit Sex ist, dass es zu sehr um Moral geht. Denk mal an etwas anderes«, sagte er. »Zum Beispiel an etwas wie Oralsex.«
    Sejer schaute wieder seinen Hund an.
    »In einzelnen Staaten der USA gilt das als Perversion«, sagte Skarre, »und ist deshalb strafbar. Ich meine, was ist unnormal, was ist eine Perversion? Und was ist ein Übergriff?«
    »Wir arbeiten hier in Norwegen«, sagte

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