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Wer bin ich ohne dich

Wer bin ich ohne dich

Titel: Wer bin ich ohne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Nuber
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den Frauen sehr wichtig, den Partner im Test nicht zu blamieren, während die Männer das Ziel verfolgten, sich selbst in gutem Licht darzustellen und die eigene Blamage zu vermeiden. Durch ihre Orientierung am Partner setzten sich die Frauen aber sehr viel mehr unter Stress.
    Ein weiterer Unterschied: Gefragt, wie sie ihren Misserfolg im Test begründen, nannten Frauen ihre »Ungeschicklichkeit« und ihre »Unfähigkeit, mit technischen Geräten umzugehen«. Lag der Misserfolg in der Verantwortung der Männer, dann erklärten diese, Schuld sei ihre Tagesverfassung, sie hätten sich nicht genug angestrengt, oder sie gaben der Partnerin die Schuld: Sie sei zu ungeschickt oder einfach zu dumm in technischen Angelegenheiten.
    Dieses Experiment zeigt, dass Frauen in Stresssituationen für sie ungünstig reagieren. Sie übernehmen die Verantwortung, auch wenn sie gar keine haben und machen sich selbst Vorwürfe. Diese Beobachtung ist nicht von der Hand zu weisen – aber sie ist nicht die ganze Wahrheit. Was die Forscher nämlich außer Acht lassen ist die Frage, warum Frauen sich so verhalten. Hätten sie nicht nur das fehlende Selbstwertgefühl und die mangelnde Autonomie der Frauen im Blick, würden sie möglicherweise feststellen, dass Frauen gute Gründe haben, sich in Stresssituationen eher auf ihr Gegenüber einzustellen.
    Das weibliche Geschlecht besitzt ein anderes Stressbewältigungsmuster als das männliche, und das bewirkt, dass sie nicht »flüchten oder kämpfen« wie Männer das tun, sondern dass sie ihre Aufmerksamkeit auf funktionierende positive Beziehungen legen – und bereit sind, dafür eine Menge zu tun. Frauen sind nicht per se das abhängige, das bedürftige, das angepasste Geschlecht das »autonome Selbst« der Männer ist dem »Beziehungsselbst« der Frauen nicht grundsätzlich überlegen. Es ist daher oft | 55 | fatal, wenn Frauen sich mit aller Kraft um mehr Autonomie bemühen und versuchen, ihr Bedürfnis nach verlässlichen Beziehungen nicht überzubewerten. Denn wie zu zeigen sein wird, ist es weniger ihre Orientierung auf Beziehungen, die Frauen depressiv werden lässt – von größerer Bedeutung sind die Erfahrungen, die sie in den für sie so wichtigen Beziehungen machen und dass sie erleben müssen, dass ihr Wunsch nach Nähe und Intimität ihnen als Abhängigkeit und Unselbstständigkeit ausgelegt wird.
    Frauen fehlt das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit: Ein weiteres, angeblich typisch weibliches Phänomen soll ebenfalls für die Depressionsanfälligkeit von Frauen verantwortlich sein: Ihr mangelndes Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit. Wer Selbstwirksamkeit besitzt, der glaubt daran, seine Ziele aus eigener Kraft erreichen und Situationen durch eigenes Handeln beeinflussen zu können. Das Ausmaß der Selbstwirksamkeit beeinflusst, wie motiviert und überzeugt man an Aufgaben und Herausforderungen herangeht. Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit nähern sich einer Herausforderung oder schwierigen Aufgabe mit der Haltung »Das schaffe ich schon«. Sie versinken nicht in Hoffnungs- und Hilflosigkeit, sondern sind überzeugt, dass sie sowohl Dinge in der äußeren Welt beeinflussen (externale Selbstwirksamkeit) als auch ihre innere Welt, ihre Gefühle, kontrollieren können (internale Selbstwirksamkeit).
    Diese Fähigkeit ist aus zwei Gründen von großer Wichtigkeit. Wer glaubt, sein Leben und die Lebensumstände unter Kontrolle zu haben, geht grundsätzlich zuversichtlicher durch den Tag als jemand, der sich als hilflos und beeinflussbar empfindet. Und wenn eine Person daran glaubt, dass sie auch mit schwierigen Situationen fertig werden kann, dann wird sie Herausforderungen tatsächlich unbeschadeter überstehen als jemand, der von sich selbst in dieser Hinsicht weniger erwartet. | 56 |
    Frauen verfügen in der Tat oft über wenig Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit. Das Gefühl der Hilf- und Hoffnungslosigkeit beherrscht sie häufiger als Männer, weshalb Experten manchmal von der weiblichen Depression als der »Hoffnungslosigkeitsdepression« sprechen. Diese entsteht, wenn ein angestrebtes wichtiges Ziel nicht erreicht werden kann oder wenn man glaubt, dass etwas Schlimmes passieren wird und man selbst keine Möglichkeiten besitzt, auf diese erwarteten negativen Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Müssen Frauen häufig die Erfahrung machen, dass sie wichtige Ereignisse nicht kontrollieren und bedeutsame Beziehungen nicht aktiv gestalten können, fühlen

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