Wer bist du, schöne Juno
Mann nehmen könne, der gut einen halben Kopf kleiner war als sie und gesellschaftlich entschieden weit unter ihr stand.
Martin hatte ihn bei zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen gesehen, doch bei diesem Ball hatte der Geck erstmals die Stirn gehabt, sich Lady Walford zu nähern. Lange, bevor er sie erreicht hatte, ahnte Martin, daß sie sich unbehaglich fühlte. Swayne hatte den Augenblick gut gewählt. Im Moment umgaben sie nur einige jüngere ihrer Verehrer.
Er blieb stehen und tauschte pflichtgemäß einige Bemerkungen mit
einer alternden Witwe, einer Freudin seiner Mutter.
Martin sah, daß Lady Walford die Stirn runzelte.
„Ich versichere Ihnen, Mr. Swayne, daß ich nicht so schwächlich bin, um sofort nach dem Ende eines Tanzes auf die Terrasse gehen zu müssen.“
Helen hatte sich bemüht, nicht giftig zu klingen, doch Hedley Swayne hätte selbst die Geduld eines Heiligen auf die Probe stellen können.
„Ich wollte nur erklären . ..“
„Ich glaube nicht, daß ich irgendeine Erklärung von Ihnen hören will, Sir.“
Helen wünschte sich, es sei schicklich, ihn wütend anzustarren. Sie war so nahe an diesem Ausdruck, wie sie es vermochte, und schaute das blasse Gesicht mit der langen, geröteten Nase des unglücklichen Hedley Swayne mit allen Anzeichen der Abneigung an. Wenn er nur einen Hauch von Taktgefühl hätte, würde er sich zurückziehen. Der Hofstaat hatte sie aufgrund von Swaynes entschieden vorgetragener Absicht, mit ihr auf die Terrasse zu gehen, verlassen. Als ob sie es riskieren würde, mit Hedley Swayne den Ballsaal zu verlassen! Aber aus Erfahrung wußte sie, daß er sehr hartnäckig war.
Resignierend preßte sie die Lippen zusammen und sah, daß er tief Luft holte, offenbar, um einen neuen Vorschlag zu machen. Warum konnte er sie nicht in Ruhe lassen?
„Ich nehme an, Sie sind Mr. Swayne, Sir.“
Die leise gestellte Frage hatte ihn offensichtlich überrascht und ließ ihn wie ein verstörtes Kaninchen aussehen. Als er den Blick auf den jetzt neben Lady Walford stehenden Gentleman richtete, schluckte er so heftig vor Aufregung, daß das gefältelte Krawattentuch, das Kennzeichen des gutgekleideten Gecks, auf und ab schwankte.
Helen unterdrückte den jähen Drang zu kichern, drehte sich halb um und reichte dem Earl of Merton die Hand.
Er nahm sie und legte sie sich in die Armbeuge, hatte jedoch nur einen kurzen Blick für Lady Walford, ehe er sich erneut ihrem Verfolger zuwandte.
Angesichts des harten Ausdrucks in den grauen Augen blinzelte Hedley nervös.
„Hm, ich glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden, Sir.“
Martin fiel auf, daß Swayne nicht gesagt hatte, wer er sei. Er lächelte kühl.
„Nein. Aber Ihr Ruf eilt Ihnen voraus. Ich glaube, wir haben uns vor einigen Wochen in Somerset verpaßt, nicht wahr?“
Bei der Andeutung, die aus den höflich vorgetragenen Worten geklungen hatte, machte Hedley große Augen. Er erblaßte. Er errötete.
„Hm, äh ..
„Genau“, sagte Martin und sah ihn scharf an.
Helen beobachtete Swayne aufmerksam. Offensichtlich hatte er doch hinter ihrer Entführung gesteckt.
Dann stimmten die Musiker eine neue Melodie an, einen Walzer.
Martin lächelte glatt und ließ eine ernste Warnung in dem fest auf Swayne gerichteten Blick durchscheinen.
„Ich glaube, Madam, diesen Tanz hatten Sie mir versprochen.“
Er nickte dem glücklosen Swayne zu, zog seine zukünftige Gattin fest in die Arme und war ein wenig schockiert, wie ungemein besitzergreifend er sich benahm.
Für Helen war es, besonders nach dieser unangenehmen Begegnung, ein himmlisches Vergnügen, einen Walzer mit dem Earl zu tanzen. Sie hatte nicht die Absicht, auch nur eine Sekunde lang eines so unbedeutenden, Hedley Swayne genannten Gecks wegen auf diese hinreißende Wonne verzichten zu müssen.
„Hat er Sie belästigt?“
Sie hob den Blick und sah, daß der Blick des Earl ungehalten war. Zur Hölle mit Swayne! Sie zuckte mit den Schultern.
„Er ist wirklich vollkommen harmlos.“
„Harmlos genug, um Sie entführt zu haben.“
Diesmal seufzte sie. „Es bestand keine Notwendigkeit, sich seinetwegen Sorgen zu machen.“
„Ich versichere Ihnen, daß nicht er es ist, um den ich mir Sorgen mache.“
Helen hob den Blick und sah den des Earl auf sich gerichtet. Plötzlich fühlte sie sich atemlos, und das Herz beschleunigte den Schlag.
„Sie machen sich zu viele Sorgen, Sir“, flüsterte sie und riß den Blick von seinem los.
Aufgrund des von ihr
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