Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Taschentuch, um sich gleich darauf wieder diskret zurückzuziehen.
Katharina beschmutzte das von der überordentlichen Magarete gewaschene, gestärkte und gebügelte Tuch mit Ruß, Tränen und – wie sie nach dem vorsichtigen Abwischen ihres Gesichtes feststellen musste – mit etwas Blut.
„Und ich wollte es ein Leben lang mit ihm aushalten...“, klagte Katharina sich selbst an und schnäuzte sich kräftig in das bereits besudelte Tuch. Sie fühlte sich so elend, wie noch nie in ihrem Leben.
„Was ist geschehen?“ wollte Robert wissen und kam endlich etwas näher an sie heran, allerdings noch immer ohne sie zu berühren und ihr den Trost zu spenden, nach dem es sie verlangte.
„Die Bücher...“, schluchzte Katharina und hob den Blick von dem durchtränkten Taschentuch, um ihn anzusehen. „Er dachte immer, in meiner Truhe wären Kleider und Tücher. Zwei Knechte vom Hof meiner Eltern haben Sie hergebracht und in meine neue Kammer gestellt. Und als er die Truhe heute Morgen in eine Ecke schieben wollte, da hat er gemerkt, dass sie viel zu schwer war... zu schwer für Kleider...“
„Er ist ein Patriarch. Er kann es nicht akzeptieren, dass seine Frau schlauer ist, als er“, sagte Robert mit seiner ruhigen, leisen Stimme, fast, wie zu sich selbst. Sein Blick war fest und stetig und Katharina fühlte, dass schon allein der Anblick seiner stillen, dunklen Augen ein wenig beruhigend auf sie wirkte.
„Ich habe sie von dir bekommen, die Bücher“, erklärte sie ihm. „Er hat das sofort gewusst. Und er hasst dich.“
„Er hat sie verbrannt, nicht wahr? Und am liebsten hätte er dich gleich mit auf den Scheiterhaufen geworfen“, sagte Robert und in seiner Stimme klang deutliche Bitterkeit.
Katharina nickte. Der heftige Tränenfluss hatte sich etwas gelegt. Eine einzelne, weitere Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und sie spürte deutlich, wie diese die feuchte, zerschundene Wange hinabrann.
„ Was hat er dir angetan ?“ fragte Robert weiter und nun erkannte sie das zornige Funkeln seines Temperaments in seinen Augen wieder.
„Ich hab‘ versucht, die Bücher zu retten“, erzählte ihm Katharina und musste schlucken, um bei dem Gedanken an die Szene, die sich noch vor so kurzer Zeit zwischen ihr und ihrem Ehemann abgespielt hatte, nicht abermals heulen zu müssen. „Er hat gebrüllt und getobt, wie ich ihn noch nie vorher gesehen habe. Sein Kopf war rot und er hat mit so feste gestoßen, dass ich auf die Erde gefallen bin. Zu seinen Füßen habe ich gelegen und darum gebettelt, er möge meine Bücher verschonen...“
Robert schüttelte leicht den Kopf. Die Ruhe von vorhin fiel immer mehr von seinem Gesicht ab und machte Zorn und Fassungslosigkeit Platz. Jedoch blieb er weiterhin still vor Katharina stehen und schaute ihr dabei unentwegt in die Augen.
„...Er hat mich an den Handgelenken gepackt und zum Feuer geschleift, quer über den Hof. Oh, es hat mir so wehgetan, so behandelt zu werden, von meinem eigenen Ehemann... Der mich lieben und achten wollte...“, Katharina konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Sie sah dieses Gesicht vor ihrem geistigen Auge: das Gesicht, das dem Mann gehörte, den sie für jemanden gehalten hatte, der den Rest ihres Lebens zu ihr halten und für sie sorgen würde. Dieses Gesicht, das heute eher der Fratze eines rasenden Ungeheuers geglichen hatte, als dem eines Menschen. Tief in ihrem Körper begann ein Zittern und Beben, das sich in ihrer Kehle zu einem lauten Schrei von Wut und Hilflosigkeit formen wollte. Aber diesen Schrei ließ sie nicht heraus, sie unterdrückte ihn mit aller Kraft und versuchte, die intensiven Bilder wieder aus ihrem Kopf zu verdrängen. „‘ Da, guck dir an, was aus deinen Büchern wird ‘, hat er mich angebrüllt. ‘ Asche! Staub und Asche! – Und du hast dich für so schlau gehalten, mir etwas vormachen zu können!‘ – Ich habe es geschafft, mich von ihm loszureißen und wieder auf die Beine zu kommen. Mit den Händen habe ich die Bücher, die noch nicht von den Flammen erfasst waren, vom Rand des Feuers weggezogen. Ich habe so viele auf den Arm genommen, wie ich nur konnte...“
Sie hob die schmutzigen Hände wie in einer flehenden Geste und streckte sie Robert entgegen. „Ich konnte sie nicht festhalten. Er hat sie mir weggerissen.“
Endlich kam Robert auf sie zu, legte die Hände auf ihre Schultern und meinte mit ernster Stimme, in der der unterschwellige Zorn jedoch deutlich zu vernehmen war: „Er hat
Weitere Kostenlose Bücher