Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
schlimmeres getan, als nur die Bücher zu verbrennen. Dein Gesicht spricht davon Bände.“
„Er hat mich geschlagen“, gab Katharina mit kleinlauter Stimme den Sachverhalt zu, der nicht zu leugnen war. Ihre damalige Blauäugigkeit bereuend fügte sie hinzu: „Du hast mich gewarnt, ich würde seine Fäuste zu spüren bekommen. Ich habe es dir nicht geglaubt. Und jetzt stehe ich vor den Scherben meiner kurzen Ehe.“
„Und du kannst nicht nach Hause zurück“, fügte Robert ihren Worten hinzu.
„Du meinst, zu meinen Eltern?“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Ich bin meinem Mann fortgelaufen. Und das schon nach ein paar Tagen Ehe. – Egal, wie ich jetzt aussehe, wie er mich behandelt hat: Sie schicken mich ganz sicher zurück zu ihm. Mein Vater wird ein Gespräch mit dem Rothans führen, von ‘Mann zu Mann‘. Und am Ende bin ich am allem selbst schuld, mit meiner Angewohnheit, mich keinem ‘Herrn im Haus‘ fügen zu wollen. Und eine gute Ehefrau muss ja schließlich lernen, sich zu fügen, oder?“ Sie setzte ein zerknirschtes Lächeln auf. Ihre wunden Wangen quittierten diese Bewegung der Gesichtsmuskeln mit einem beißenden Schmerz.
„Ich habe gesehen, dass dein Bein dir weh tut“, sagte Robert Die Sorge um sie schien den Zorn in seinem Inneren vorerst zu besiegen. „Du ziehst es nach.“
„Das ist passiert, als er mich auf die Erde gestoßen hat.“
„Wenn du schon keinen Arzt haben willst, dann lass mich dein Bein ansehen. Wenn du gestattest.“
Diese letzten beiden Sätze von Robert kamen so zögerlich höflich, dass Katharina darin einen Moment lang ihren alten, stets so fürchterlich selbstbewussten Freund gar nicht wiedererkannte.
„Ja“, antwortete sie ihm. „Ich gestatte.“ Er bat sie, sich auf das Sofa zu setzen und ihm zu zeigen, wo es schmerzte.
Ohne sich vor ihm im Geringsten zu schämen hob sie, als sie dort saß, ihren Rock hoch und wies auf das stark angeschwollene, rot verfärbte Knie, das einen für sie überraschend schrecklichen Anblick bot. Vor niemandem sonst würde sie so bereitwillig ihre Beine präsentieren, als vor diesem Mann, dem sie so sehr vertraute, dass ihr Weg in der schwersten Stunde ihres Lebens direkt zu ihm geführt hatte.
Er kniete sich vor sie auf den Boden und legte eine Hand sanft auf das Knie. Selbst diese vorsichtige Berührung löste einen Schmerz aus, der ihr bis ins Mark ging. Sie biss die Zähne aufeinander und beobachtete seine Finger, wie diese die Schwellung von allen Seiten abtasteten.
„Was sagt der Herr Doktor?“ fragte sie ihn nach einer Weile des Schweigens.
Er blickte zu ihr auf. „Du brauchst eine Schiene, Katharina. Du solltest das Knie in den nächsten Tagen nicht mehr bewegen, am besten im Bett liegen und dich ausruhen."
Katharina hob fragend die Brauen. Die Wunden in ihrem Gesicht protestierten mit einem heftigen Brennen.
„Was willst du mir damit sagen?“ wollte sie von ihm wissen. „Dass du weißt, was mit meinem Knie los ist?“
„Es ist nichts gebrochen“, erklärte er ihr weiter, ohne sich von ihrer Skepsis irritieren zu lassen. „Die Bänder sind geschädigt, aber sie werden heilen. Wenn du dich in Acht nimmst.“
Sie schüttelte leicht den Kopf und schaute ihn dabei zweifelnd an.
Er erhob sich. „Wenn du nun doch lieber einen Arzt haben willst, dann musst du es nur sagen. Ich kann nicht von dir verlangen, dass du auf das vertraust, was ich dir erzähle.“
Sie zögerte, besah sich ihr zu einem roten Ballon aufgequollenes Knie eine Weile und meinte dann: „Ich habe ganz vor kurzem schon einmal nicht auf deine Worte vertraut. Und jetzt sehe ich, was ich davon habe.“
------- MATHILDE -----
Auf dem Weg zurück vom Markt entging es ihr nicht, dass der Herr Pfarrer aus Scarheim vor Meister Rudolphs Werkstatt von seinem alten, braunen Gaul stieg und im Inneren dieses Hauses verschwand.
Mathilde beschleunigte ihren Gang, obwohl ihr Rücken schon bei dem langsameren Schritt unter den beiden schweren Körben, die sie zu tragen hatte, geächzt hatte. Sie wollte so schnell wie möglich einen Blick durch die verglaste Eingangstür ins Innere der Werkstatt erhaschen.
Dort stand der furchtbar zugerichtete, geschändete Altar in seinen Einzelteilen. Er bot einen derart erschreckenden Anblick, dass Mathilde sich veranlasst fühlte, ein Kreuzzeichen zu schlagen. Jedoch konnte sie wegen der Körbe, die sie in beiden Händen trug, ihre Absicht nicht ausführen. Deshalb murmelte sie nur ein kurzes Stoßgebet und
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