Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
überhört zu haben. „Herr Adlam, ich mache mir Sorgen, wirklich GROSSE Sorgen“, meinte er und sah mich dabei äußerst ernst an. „Ich habe damals so große Hoffnungen in Sie gesetzt, als Sie sich nach all den Jahren des Zögerns für eine christliche Taufe entschieden haben. Ich hielt Sie für einen guten Mann, egal, was einige Menschen schon zu jener Zeit über Sie gesagt haben. – Mittlerweile habe ich große Zweifel, was Ihre Leutseligkeit angeht.- Aber ich hoffe wirklich, Sie werden wieder Frieden mit Gott schließen.“
Mir lag abermals eine zynische Bemerkung zu diesen heiligen Worten auf der Zunge, doch diesmal konnte ich mich besser zügeln. Stattdessen erkundigte ich mich in möglichst neutralem Tonfall nach dem zukünftigen Verbleib des Altares.
„Der Altar gehört Ihnen, Herr Adlam“, sagte der Pfarrer in kühlem Ton. „Meister Rudolph ist natürlich sehr, sehr besorgt über die Zukunft seines Werkes. Aber der ganze Kummer ist bestimmt nicht meine Schuld, oder die Schuld der Kirchengemeinde. – Herr Adlam, denken Sie einmal darüber nach: Der Bildhauermeister ist nicht der einzige Mensch, über den Sie Unglück gebracht haben!“
Es hatte keinen Sinn, auf seine Anschuldigungen einzugehen und nach Rechtfertigungen zu suchen. Das Urteil über den Sünder war gesprochen, eine
Absolution nach christlichen Grundsätzen gab es nicht.
Außerdem spürte ich ein starkes Widerstreben in mir, mich weiter auf diesen Menschen und seine geliebte Gemeinde einzulassen.
Von der christlichen Taufe hatte ich mir eine Annäherung an das Gute erhofft: an die Mächte, die mir nur vom Hörensagen bekannt waren und die mein Leben endlich mit einem neuen Sinn hatten erfüllen sollen.
Doch der heutige Tag bedeutete wohl den endgültigen Schlussstrich unter dieser Phase meines Lebens.
Und alles, was das jähe Ende meiner Suche nach einem neuen Lebensinhalt zurückließ, war eine dumpfe Leere. Kein wirkliches Bedauern und kein bisschen Trauer.
„Setzen Sie sich möglichst bald mit Meister Rudolph in Verbindung“, sagte Pfarrer Brechts und der Tonfall seiner Worte klang wie eine Ermahnung. „Er möchte natürlich gerne wissen, was Sie nun mit dem Altar vorhaben.“
„Was soll jemand wie ich schon damit vorhaben?“ fragte ich ihn zurück. „Ich könnte ihn den Leuten zur Verfügung stellen, die das Schlachtfest darauf veranstaltet haben. Wenn Ihre christliche Gemeinde ihn nicht mehr haben will, vielleicht interessiert sich dann ja die Gegenseite dafür.“
An einem Tag wie diesem war es mit meiner Zurückhaltung nicht weit her.
Und - wie erwartet - zog in Pfarrer Brechts ohnehin schon missgelauntem Gesicht eine schwarze Gewitterwolke auf. „Ich glaube, Sie haben es heute darauf abgesehen, mich zu verärgern“, beschwerte er sich mit unverhohlenem Groll.
„Und worauf haben Sie es heute abgesehen?“ fragte ich ihn zurück. „Meine Ehre mit Füßen zu treten und mich als Mörder und Ehebrecher zu bezichtigen?“
„Ich denke, ich gehe jetzt“, sagte der Pfarrer und stand von seinem Sessel auf. „Und Sie sollten wissen, dass Ihnen das Haus Gottes trotz allem immer noch zu Beichte und Buße offensteht.“
Der letzte Satz klang routiniert, wie etwas, das er auswendig gelernt hatte und nun aus Pflichtbewusstsein sagen musste.
Als der Pfarrer wieder gegangen war, fiel es mir schwer, mir über die Zukunft des Altares Gedanken zu machen, der eine wirklich gute Bildhauerarbeit ist und es nicht verdient hat, unvollendet in der Versenkung zu verschwinden.
Ich hatte das Gefühl, dringend das Haus verlassen zu müssen. Es war, als führten die Wände um mich herum ihr Eigenleben und würden Minute um Minute aufeinander zu rücken, um mich schlussendlich zwischen ihnen zu zerquetschen. Ich hatte einfach zu viele Tage in diesem Haus verbracht, nicht fähig, einen Schritt in irgendeine Richtung zu gehen. Jetzt musste ich endlich nach Luft schnappen, raus aus diesen beengenden Mauern.
Der Schwarze war draußen auf seiner Koppel.
Die beiden Aushilfen aus Feldfes wollen ihn nicht mehr anfassen. Das Tier hat wohl dem einem - ein grobschlächtiger Kerl, der überhaupt keine Hand für Pferde hat – einen schmerzlichen Tritt gegen das Handgelenk versetzt, sodass dieser nun einen Verband tragen muss. So hat es sein Kollege zumindest Josefine gemeldet, die es an mich weitergegeben hat.
Diese Nachricht habe ich allerdings nicht benötigt, um festzustellen, dass ich keine Pferdepfleger, sondern dumme, grobe Bauern für
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