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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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wie sie nach außen vorzutäuschen versuchte: Sie hatte Angst vor diesem riesigen, schwarzen Pferd. Und scheinbar auch Angst vor mir.
    Aber ihr Glaube an die unerschütterlichen moralischen Grundsätze ihrer kleinen, beschränkten Welt war für sie eine starke Antriebskraft. Und die Überzeugung, dass ihr Gott auf ihrer Seite steht. Ich zwang den Schwarzen, wieder einige Schritte zurück zu weichen und er gab mir widerstrebend nach. Ich schuldete dieser Frau weder eine Entschuldigung, noch eine Erklärung. Aus diesem Grund gab ich ihr keine Antwort, sondern blickte sie nur stumm an. Dann beging sie einen großen Fehler, dessen Folgen ich nicht mehr zu verhindern vermochte: Wohl im Siegesrausch, weil es ihr gelungen war, mich diese wenigen Meter zurückzutreiben, stürzte sie nach vorne und schlug mit beiden Händen nach dem Pferd. „Weg, du Teufelsvieh!“ brüllte sie dabei. „Du Biest jagst mir keine Angst...“
Weiter kam sie nicht.
    Der Kopf des Schwarzes schnellte nach vorne, die Ohren waren flach angelegt. Seine Zähne gruben sich in Mathildes erhobenen Arm und die Frau gab ein markerschütterndes Kreischen von sich. Dieser furchtbare Laut trieb die Leute zusammen, die eben noch von dieser Angelegenheit nichts hatten wissen wollen. Haustüren gingen auf und beunruhigte Frauen und Männer lugten heraus. Passanten blieben in sicherem Abstand mit vor Schreck geweiteten Augen stehen.
    Mathilde heulte und plärrte, während ich den Kopf des Pferdes zurückzog, das gereizt schnaubte und mit den Hufen stampfte. Ich konnte kein Bedauern für diesen Vorfall empfinden, denn die Bäckersfrau hatte es scheinbar nicht anders gewollt. Allerdings fragte ich mich, ob denn nicht mittlerweile genug Unglücke geschehen waren, ob es nicht endlich genug der kleinen und großen Katastrophen war. Dunkle Flecken bildeten sich auf dem Ärmel von Mathildes braunem Kleid. Entsetzt starrte sie auf ihren Arm, den sie noch immer in derselben Stellung vor sich hielt, so, als sei dieser gelähmt.
    „Teufelsvieh!“ schrie sie abermals. „Euch beide hat uns die Hölle geschickt!“
    „Nein, Frau Habers“, sagte ich in dem Bemühen, meine Stimme ruhig zu halten. „Uns hat ebenso wenig die Hölle geschickt, wie Sie vom Himmel gesandt sind.“
    Mathildes faltenzerfurchtes wurde zu einer Grimasse des Zorns. Wäre nicht gleich darauf ihr rundlicher, gutmütiger Mann an ihrer Seite aufgetaucht, dann hätte sie trotz der Bisswunde an ihrem Arm sicherlich ein zweites Mal auf das Pferd eingeschlagen.
    „Mathilde“, sagte ihr Mann in einem Tonfall, aus dem eine Mischung aus Angst und Besorgnis heraus zu hören war.
    „Lass mich in Ruhe!“ keifte sie ihn an. „Geh wieder Brot backen!“
    „Sei doch bitte vernünftig und komm mit mir“, sagte der Bäcker, doch an seinem unsteten Blick und seiner leisen Stimme war zu erkennen, dass er vor der Wut seiner Frau mehr als nur Respekt hatte.
    Die Zahl der Neugierigen um uns herum hatte sich inzwischen vervielfacht. Es schien so, als sei plötzlich das gesamte Dorf darüber informiert, dass es hier etwas Spannendes zu sehen gab.
    Ich persönlich fand diese Konfrontation mehr als überflüssig und auch die Versammlung um mich herum gefiel mir nicht. Deshalb beschloss ich, mein Pferd zu wenden und somit diesem Theater ein Ende zu setzen.
    „Ein Appell an die Vernunft ist hier wirklich am Platz“, unterstützte ich die Worte des Bäckers und sah dabei der vor Wut bebenden Mathilde in die Augen. Bevor sie jedoch noch irgendetwas antworten konnte, hatte der Schwarze sich bereits mit stampfenden Hufen umgedreht und in einem schnellen Trab den Rückweg angetreten.
    Die Menschen, die hinter mir gestanden hatten, wichen eilig zur Seite und starrten mich von beiden Seite der gebildeten Gasse aus großen Augen an. Aus ihren Gesichtern konnte ich lesen, dass auch sie mich ausnahmslos in allen Punkten für schuldig befanden hatten. Ihnen würde es nur recht sein, wenn ich mich im Dorf nie wieder blicken ließ.
    Ihre offene Ablehnung machte mir nur noch deutlicher, dass ich nicht hierher gehörte, niemals hierher gehört hatte.
    Wie zur Bestätigung meiner Gedanken schrie die wütende Mathilde mir nach: „Geh zurück, wo Du hergekommen bist! Zurück in die Hölle!“

9. Ein zweiter Versuch
    ------- KATHARINA ------
    Seit dem Tag, als der Rothans an der Tür des Hauses Adlam geläutet hatte, waren zwei Tage vergangen. Robert hatte Katharina ohne große Worte wieder in ihr Zimmer befördert und sich seitdem

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