Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Gesicht zeichnete sich keinerlei Zorn ab, wie es bei ihren vorhergegangenen Versuchen der Fall gewesen war, mehr von ihm zu erfahren. Er schien sich heute in einer grundsätzlich anderen Stimmung zu befinden, als in den vorangegangenen Tagen. Es war, als sei er am Ende einer friedlosen Phase angelangt und gerade dabei, eine gewisse innere Ruhe wiederzufinden. Trotzdem konnte man den Ausdruck seiner Augen nicht gerade als glücklich bezeichnen, nicht so, als habe er eine ultimative Lösung für sich gefunden. Sie glaubte in ihnen tiefe Schwermut erkennen zu können. Der Blick in seine Augen tat ihr weh.
„Ruh ist Göttern nur gegeben, Ihnen ziemt der Überfluss, Doch für uns ist Handeln Leben, Macht zu üben nur Genuss“, flüsterte er kaum hörbar, wie zu sich selbst.
Katharina erkannte die Verse von Novalis wieder, dem viel zu jung verstorbenen Dichter. Sie hatte die Sammlung seiner Gedichte aus Roberts Bibliothek schon vor vielen Jahren zum ersten Mal gelesen und seither dieses besondere Buch mit den großen Werken der romantischen Dichtung immer wieder zur Hand genommen.
„Was hast du vor?“ fragte sie ihn leise. Ihre Besorgnis ließ sich kaum in Worte fassen. In diesem Moment vergaß sie beinah ihre eigenen Sorgen, konzentrierte sich ganz auf den Kummer ihres guten Freundes.
„Handeln“, erwiderte er knapp.
„Ein zweiter Versuch mit anderen Voraussetzungen?“ zitierte sie seine Worte von vorhin.
Er nickte ernst. „Ja. Du solltest von Anfang an deine konkreten Bedingungen stellen und Kompromisse ausschließen. Eine Bindung – aber keine Fessel.“
Sie hob die Brauen, legte dabei die Stirn in Falten. „Reden wir nun von dir, oder von mir?“
„Wir reden vielleicht von einem Muster, das jeder von uns so verwerten kann, wie es ihm passt“, antwortete Robert ihr.
Katharina überlegte kurz und fragte dann: „Die Dame aus Lindheim, von der die Leute reden, ist sie wirklich deine Geliebte?“
Völlig unvermutet zog ein Schatten des Ärgers über Roberts Gesicht, er nahm seine Hand von der ihren fort und entgegnete schroff: „Was geht die Leute das an?“
„Ich kann nichts dafür, dass man darüber redet“, beschwichtigte Katharina ihn. „Es ist einfach ein gefundenes Fressen für den Dorfklatsch. Du weißt doch, wie das ist: Wenn die Leute keine Probleme haben, dann schaffen sie sich welche.“
Robert lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Und im Moment bin ich ihr Problem“, meinte er trocken.
„Sie haben dich noch nie geliebt. Du bist ganz einfach keiner von ihnen.“ „Ein Glück auch“, sagte er.
„Da hast du recht“, bestätigte sie ihm und lächelte vorsichtig.
Er lächelte nicht zurück, sondern ließ seine Augen aufmerksam über ihr Gesicht gleiten, schien jede Linie, jedes Merkmal in sich aufzunehmen. Dabei verschränkte er die Arme vor seiner Brust und sagte lange Zeit kein Wort mehr.
Schließlich fragte sie ihn, etwas irritiert: „Was ist los? Warum siehst du mich so an?“
„Meine liebe Katharina“, sagte er innig und verursachte ihr damit eine angenehme Gänsehaut. „Ich glaube, ich habe ein Geschenk für dich, das dich aufmuntern wird.“
„Ein Geschenk?“ fragte sie überrascht.
„Leider zeichnet sich das Geschenk dadurch aus, dass es kein anderer haben will“, fügte er seinen Worten hinzu und wieder erschien dieses traurige Lächeln auf seinen Lippen. „Aber ich hoffe, dass du trotzdem Gefallen daran findest.“
„Was ist es denn?“ erkundigte sie sich. Ihre Neugier war geweckt.
„Es ist ein sehr schönes Kunstwerk, beste Bildhauerarbeit. Fünf Meter hoch und drei Meter breit.“
Sie lachte erheitert. „Der Altar? – Na, ob der mit der Möblierung meines Luxus-Palais harmoniert?“
Er lachte nicht, aber sein Gesicht wirkte plötzlich sehr viel gelöster. „Ein Altar gehört nicht in einen Palais“, sagte er. „Sondern in eine Kapelle.“
Ihr Lachen verstummte. „Das meinst du nicht ernst...“, sagte sie zögernd.
„Warum sollte ich scherzen?“ fragte er zurück seine Augen blitzten. „In der Kirche will man ihn nicht aufstellen, und in meinem Haus findet sich kein Raum, der fünf Meter hoch ist. Aber die Kapelle, draußen, am Wald...“
„Es gibt dort keine Kapelle“, warf sie ein. Doch eine Ahnung beschlich sie, dass Robert von der Zukunft redete.
Er lehnte sich wieder vor und sah ihr in die Augen. „Nicht jetzt. Aber vielleicht in einem Jahr. Eine kleine Katharinenkapelle.“
Sie errötete. „Eine Kapelle errichtet man
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