Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
dem er saß. Er kehrte dem Fluss den Rücken zu, den Blick fest auf den Priester und seinen Begleiter geheftet. Ihm gefiel diese Situation nicht, auch, wenn der Priester keinerlei Anzeichen von sich gab, dass Gefahr drohte. Es dauerte einige Zeit, bis die beiden Männer nahe genug herangekommen waren, um mehr von ihnen erkennen zu können. Die ganze Zeit über hatten sie kein Wort miteinander geredet, waren nur schweigend direkt auf Konrad zu gegangen.
Jetzt blieben sie stehen, etwa zwei Meter von Konrad entfernt. Der Priester trug sein schwarzes Gewand, aber keine Kapuze. Er zeigte sein Gesicht ganz offen dem jungen Mann an seiner Seite, obwohl er es sonst vor allen anderen Schwarzen Brüdern, außer seinem getreuen Schüler Konrad, verborgen hielt. Der junge Begleiter des Priesters trug dunkle Kleidung, aber nicht das den Schwarzen Brüdern eigene Gewand. Erst, als der fremde Mann noch einen weiteren Schritt vortrat, konnte Konrad sein Gesicht erkennen: Tiefschwarze Augen blickten ihn unversehens an und einen kurzen Moment lang war es vorbei mit seiner innerlichen Ruhe: Er schnappte nach Luft und konnte nicht umhin, dem Priester einen unverhohlen misstrauischen Blick zuzuwerfen.
Was um alles in der Welt ging hier vor sich?
„Unser alter Bekannter sucht das Gespräch mit uns“, erklang die weiche, harmonische Stimme des Priesters. „Und ich wollte es ihm nicht verwehren, ist dies doch ein lang erwartetes Friedenszeichen.“
„ Reden will er mit uns?“ fragte Konrad zweifelnd. „Bist du dir sicher, dass dieses Gespräch nicht wieder in einen Waldbrand ausarten wird?“
Der Priester ließ ein leises, warmes Lachen hören. „Ich habe sein Wort darauf.“
„Das Wort eines Verräters“, warf Konrad ein und entgegnete dem eindringlichen Blick der schwarzen Augen, die ihn aus der Dunkelheit fixierten.
„Wenn du ihm nicht traust“, sagte der
Priester mit seiner leisen, aber nichtsdestotrotz eindringlichen Stimme, „dann kann ich das verstehen. Aber zumindest auf mein Wort solltest du hören: Ich habe ihm sehr deutlich klar gemacht, dass, wenn er den Versuch machen sollte, uns zu hintergehen, wir beide nicht zögern werden, ihn auf der Stelle zu töten. Und ich bin überzeugt, er hat das verstanden.“
„Ich bin hier, um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden“, mischte sich Robert Adlam an dieser Stelle zum ersten Mal in das Gespräch ein und fixierte dabei Konrad mit seinem intensiven Blick.
„Der Friedensengel ist da!“ spottete Konrad und ließ ein boshaftes Lachen hören. „Es tut mir leid, aber mir fällt es wirklich schwer, das zu akzeptieren.“
„Halt ein“, ermahnte ihn der Priester und sein Tonfall war dabei sehr ernsthaft und streng, beinah, als wolle er ein ungezogenes Kind zurechtweisen. „Du solltest mir nicht die Fähigkeit absprechen, diese Situation ohne deinen Rat beurteilen zu können.“
Konrad beschloss nach dieser ernsten Ermahnung, keine weiteren Bedenken mehr anzumelden, jedoch seine Wachsamkeit auf das äußerste Maß zu steigern. Er hatte keine Angst vor dem Zorn des Priesters, aber genügend Respekt, um ihn nicht mit seinen Einwänden zu beleidigen.
Der Priester setzte sich auf Konrads ursprünglichen Platz, auf den großen Stein am Flussufer. Seine dabei zur Schau getragene Gelassenheit stand in kompletten Widerspruch zu der Uneinschätzbarkeit der Situation: Er hatte schließlich den Mann, der sich ihnen zum Feind erklärt hatte und der noch vor wenigen Tagen wild entschlossen erschienen war, die
Schwarzen Brüder bis aufs Blut zu bekämpfen, direkt zu ihrem heimlichen Treffpunkt geführt. Und da sollte man nicht Gefahr wittern?
Konrad hatte große Mühe, sich auf seine ihm eigene charakteristische Ruhe zurück zu besinnen. Er wollte sich nicht hinsetzen, sondern blieb einige Schritte vom Priester entfernt stehen und beobachtete Robert Adlam mit skeptischen Blicken. Dieser ließ sich dem Priester gegenüber auf einem weiteren Felsen nieder, das Gesicht von Konrad abgewandt.
„Setz dich zu uns“, sagte der Priester und seine Worte waren viel mehr ein Befehl, als eine Bitte.
Konrad zögerte, setzte sich nur widerstrebend in Bewegung. Zwischen den beiden sitzenden Männern blieb er stehen, das Gesicht zum Fluss gewandt.
„Ich höre euch zu“, erklärte er, ohne die geringsten Anstalten zu machen, sich setzen zu wollen.
Aus seiner Perspektive und bei der lastenden Dunkelheit konnte er ihre Gesichter nur schemenhaft erkennen. Doch die Augen des Mannes,
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