Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
nach vorn, „deine größte Schwäche waren schon immer die Augen der Frauen. - Damals schon hast du zu tief in die Augen dieses Mädchens gesehen und daraus sind Dummheiten erwachsen, die ins Unermessliche gingen. Deine unkontrollierten Gefühle sind dein wunder Punkt, sie machen dich verletzlich, ja, geradezu zu einer Zielscheibe. Wenn du anstrebst, mir ebenbürtig zu werden, dann ist das das allererste, woran du arbeiten musste: Du musst dir abgewöhnen, die Gefühle einzelner Menschen ernst zu nehmen und dich dadurch auf ihre niedrige Stufe herunterziehen zu lassen.“ Er legte eine Pause ein, doch es war deutlich spürbar, dass er noch nicht geendet hatte. Das Schweigen lastete eine Weile schwer über ihnen. Dann sagte der Priester etwas, was Konrads Hoffnung endgültig zunichtemachte, er würde Roberts hochmütiges Ansinnen ablehnen und ihm endlich einen Denkzettel verpassen, der sich gewaschen hatte. „Doch dieser schwere Fehler kann ausgemerzt werden, wenn du bereit bist, daran zu arbeiten. - Ansonsten scheint unser beider Spürsinn uns nicht zu täuschen, wenn wir glauben, dass du beste Voraussetzungen mitbringst, um mehr zu sein, als nur ein Schüler.“
Robert Adlams Haltung entspannte sich nach diesen Worten keineswegs. Weder in seinem Gesicht, noch in seinen Augen zeichnete sich eine Regung ab. Konrad hingegen spürte die heiße Wut in seinem eigenen Inneren: War es möglich, dass man durch ungebrochene Arroganz allein den Respekt des Priesters erreichen konnte?
„ Der Schutzzauber “, erinnerte ihn Robert unbeirrt.
„Ja, ja, mein Freund“, sagte der Priester mit beinah väterlicher Nachsichtigkeit. „Du bekommst, was du forderst. Der Frau soll nichts geschehen, wenn du es nicht willst. In einigen Wochen wirst du dich ohnehin fragen, was du jemals für sie empfunden hast.“
Konrad konnte es sich nicht verkneifen, provozierend zu fragen: „Warum schützt du sie nicht selbst, wenn du doch so stark bist?“
„Es soll keine Kleinigkeit sein“, erwiderte Robert, ohne jedoch den Blick vom Priester abzuwenden. „Wir brauchen dafür den großen Kreis, jeden deiner Leute. Auch den Hofnarren.“
Konrad war der bloße Gedanke zuwider, diesem überheblichen Kerl in irgendeiner Weise als Werkzeug zu dienen. Und dass Robert Adlam nur Spott für ihn übrig hatte, machte ihn nicht gerade bereitwilliger. Er wollte gerade erklären, dass er auf keinen Fall bereit war, an diesem Affentheater teilzunehmen, als der Priester sich an ihn wandte: „Wenn dieser Wunsch alles ist, was ihm zu seinem Seelenfrieden fehlt, dann werden wir ihn ihm gewähren.“
Der scharfe Blick seines Meisters entging Konrad keineswegs und auch nicht die Warnung, die dahinter verborgen lag. Wieder musste er die Hände zu Fäusten ballen, um an sich halten zu können: Wie kam es, dass der treue Diener nun nichts weiter als Missachtung und Hohn erntete, während der Abtrünnige belohnt wurde? Konrad beschloss, sich für dieses Mal wortlos zu fügen. Er würde mit dem Priester allein darüber reden müssen und ihm klar machen, dass er eine ungerechtfertigte Bevorzugung Roberts nicht akzeptieren konnte. Und wenn sein Anliegen nicht erhört werden würde, dann gab es sicher einen anderen Weg, diesem hochmütigen Unruhestifter das Maul zu stopfen...
„Das Opfer wird in meinem Sinne dargebracht“, verlangte Robert weiter.
„Der Junge ist für die Wünsche meiner Leute bestimmt gewesen“, warf der Priester ein. „Sie haben mir gute Dienste geleistet und ich möchte mein Versprechen einlösen, dass sich in ihren Leben einiges verändern wird.“
„Deine Leute werden warten müssen“, widersprach Robert ihm in entschiedenem Tonfall. „Weil der Tod des Jungen ohnehin beschlossen ist, möchte ich ihn für meine Sache haben.“
„Du leitest die Zeremonie“, stellte der Priester fest. „Ich bewillige dir alles, was du dazu brauchst, auch meine volle Unterstützung. Allerdings musst du die Opferung ganz alleine vornehmen und zwar nach meiner vorherigen Anleitung. Du darfst dem Jungen nichts ersparen und ihm keine einzige Sekunde zu früh das Leben nehmen. – Verstehst du, was ich meine, Robert?“
„Ich verstehe dich gut.“
„Ich will sehen, ob du dich bewährst, mein Freund. Ob es dir nach all den Jahren noch gelingen wird, deine hinderlichen Skrupel hinter dich zu lassen. – Wenn du versagst, dann erlaube ich mir, dies auf meine Weise zu deuten: Dann bist du es für mich nicht mehr wert, auch nur einen weiteren Augenblick
Weitere Kostenlose Bücher