Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Gehirn weigerte sich, über diese Frage nachzudenken. Das Geld zu stehlen war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen, und auch jetzt schien ihr diese Idee absurd.
„Es ist nicht meins“, sagte sie fest. „Und alles, was ich mir dafür kaufen könnte, würde auch nicht wirklich meins sein.“
„Josefine, an Ihnen hat Herr Adlam anscheinend einen Glücksgriff getan“, murmelte Meister Rudolph und nahm das Papier aus ihren Händen, das er unterzeichnen sollte.
Josefine konnte diesen Worten kaum zustimmen: Sie war in der Küche miserabel, konnte sich an Magaretes Kochkunst nicht einmal entfernt annähern. Und mit dem Haushaltsgeld umgehen konnte sie auch nicht richtig. Magaretes Platz einzunehmen, war ein wirklicher Aufstieg für sie gewesen. Doch war ihr dieser Platz von Anfang an eine Nummer zu groß für sie vorgekommen. Wo lag da also der Glücksgriff?
Der Bildhauer unterschrieb die Empfangsquittung und verpflichtete sich damit zur Fertigstellung des Altares bis spätestens Ende des Jahres.
„Was hat er mit meinem Werk vor?“ fragte er Josefine, während er ihr das Stück Papier zurück reichte.
„Er hat’s mir nicht genau gesagt“, meinte diese. „Aufgestellt werden soll er auf jeden Fall. Natürlich nicht hier, weil man ihn hier ja nicht will.“
„Verstehen Sie, dass ich gerne genauer wissen will, was mit dem Altar geschehen soll?“ erkundigte Meister Rudolph sich bei Josefine. „Würden Sie für mich noch einmal nachfragen und Herrn Adlam bitten, mir Nachricht zu geben? – Und bitte danken Sie ihm auch ganz herzlich in meinem Namen. Die Bezahlung ist wirklich ... fürstlich.“
Josefine nickte. „Ja, mach‘ ich. Sicher.
–Aber jetzt muss ich wieder weiter, mir brennt dieses Geld in der Tasche!“
Der Fassmaler war ein Mann mittleren Alters, der in seiner gut laufenden Werkstatt zwei Gesellen beschäftigte. Inmitten von Farbtöpfen, Pigmentgläsern und in schneeweißem Kreidegrund stehenden Holzskulpturen übergab Josefine ihm den wertvollen Umschlag.
„Der Scarheimer Altar?“ fragte der Mann mit einem Stirnrunzeln und schwenkte den geschlossenen Umschlag überlegend in seinen Händen leicht hin und her. „Ich dachte, die Sache hätte sich im Sande verlaufen?“
Josefine schüttelte verneinend den Kopf. „Herr Adlam möchte, dass er möglichst schnell fertig wird. Sie sollen sich noch einmal mit Meister Rudolph absprechen. Der kommt übrigens heute Abend hier vorbei, hat er mir gesagt.“
Ein Lächeln erschien in dem Gesicht des Fassmalers. „Na, also gut. Ist ja ein großer Auftrag und es hat mich nicht gefreut, den zu verlieren.“ Er blickte auf den Umschlag: „Aber wie kommt’s dazu ? Ich hab‘ nicht einmal einen Handschlag getan... und für Materialgeld scheint mir das doch `n bisschen viel zu sein...?“
„Das ist für die ganze Arbeit, und für alles Material.“ Josefine hielt ihm die vorbereitete Empfangsquittung hin: „Und hier sollen Sie dafür unterschreiben.“
Der Fassmaler hob die Hand: „Moment mal, da muss ich erst mal nachsehen, was überhaupt drin ist...“
Der Umschlag war unverschlossen, er brauchte nur die Lasche anzuheben und hinein zu schauen. Die Augen des Mannes weiteten sich, als er die vielen großen Scheine erblickte, statt des erwarteten kleineren Geldes. Er steckte ungläubig die Finger in den Umschlag und begann, einige der Scheine zu zählen. Doch recht bald schon hörte er damit auf, hob den Kopf wieder und sah Josefine an. „Das ist eine Menge Geld, Fräulein. Hat Ihr Chef Ihnen vielleicht den falschen Umschlag mitgegeben?“
„Das ist alles richtig, so“, meinte jedoch Josefine. „Der Betrag steht auch auf dem Zettel hier.“
Noch einmal bot sie dem Fassmaler die Empfangsquittung an, der sie diesmal nahm und den kurzen Text durchlas.
„Korrekt“, sagte er nach einigen Minuten, in denen er das Schriftstück sicherlich mehrmals durchgesehen hatte. „Total korrekt...“ Er lächelte wieder: „Naja, es ist ein Haufen Geld mehr, als abgemacht war. Dafür hat er mir aber auch einige Monate meiner Zeit gekürzt.“
„Unterschreiben Sie?“ fragte Josefine etwas ungeduldig. Der Geselle hinter ihr hatte begonnen, eine fertig bemalte Skulptur mit einem stinkenden Überzug einzustreichen, sodass ihre Augen schon jetzt ein wenig zu brennen begannen.
„Können Sie einen Moment warten?“ erkundigte sich der Fassmaler. „Ich muss eben nach hinten, hab‘ hier nichts zum Schreiben.“
Josefine nickte widerwillig und blieb an Ort und
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