Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
„Halt deinen Mund, Hofnarr! Du bist selbst nur ein Statist. Und bei dir ist es gleich, welcher Akt nun der letzte ist.“
Auf seinem eben noch regungslosen Gesicht erschien ein Lächeln. „Deshalb habe ich als Statist auch nichts zu verlieren. Im Gegensatz zu dir...“
Ihm schien die ganze Inszenierung offensichtlich auch noch Vergnügen zu bereiten.
„Ruhe, meine Freunde“, gebot der Priester uns. „Niemand von uns spielt eine Nebenrolle, weil wir zu dritt sein müssen, um wirklich etwas erreichen zu können. Und der Lohn wird am Ende uns allen zuteilwerden. – Deshalb, Konrad, kann dir kein größerer Vorteil zuwachsen, als Robert auf deiner Seite zu haben. Unsere Ziele sind mit ihm sehr viel leichter zu erreichen.“
Er wandte sich wieder an mich. „Und dir, Robert, wurde von Anbeginn deines Lebens eine Macht in die Hand gegeben, die du nur in unserer Mitte frei entfalten kannst. Dir stehen alle Wege offen, solange du dich deiner Wurzeln besinnst.“
------- KATHARINA ------
Sie saß in einem Sessel in Roberts Bibliothek, das verletzte Knie ausgestreckt auf einem von Josefine bereit-gestellten Stuhl, die Nase tief in einem dicken Wälzer vergraben.
So vertieft war sie in ihre Lektüre, dass sie gar nicht merkte, wie Robert den Raum betrat und mit leisen Schritten zu ihr trat, um einen Moment lang still vor ihr zu verharren.
Erst nach einigen Sekunden kam in ihr das unbestimmte Gefühl auf, beobachtet zu werden. Sie hob den Blick und sah genau in Roberts Augen.
Er war also zurück von seiner Reise.
Ein hohles, hungriges Gefühl in ihrem Magen sagte Katharina, dass es um die Mittagszeit sein musste.
Sie forschte in Roberts Gesicht, das müde und übernächtigt aussah, als habe er letzte Nacht keinen Schlaf bekommen.
Was um alles in der Welt tat er in den langen Nächten, die er nicht zu Hause verbrachte? In welche Gefahr brachte er sich? – Irgendetwas hatte ihn augenscheinlich dazu bewogen, zu glauben, dass er nicht mehr lange zu leben habe...
Katharinas Kehle verengte sich und sie musste krampfhaft schlucken. Sie bemühte sich, diesen beängstigenden
Gedanken so schnell wie möglich wieder von sich abzuschütteln.
„Jemand wartet im Garten auf dich, Katharina“, sagte er plötzlich in die Stille des Raumes hinein.
Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf, ließ das Buch auf den Schoß sinken:
„Jemand wartet auf mich?“ fragte sie stirnrunzelnd. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie irgendjemand hier besuchen kam. Oder war es vielleicht ihr Bruder, Jakob, der schon einmal so unverhofft an sie gedacht hatte?
Robert reichte ihr die Hand, um ihr hoch zu helfen:
„Komm – und sieh selbst.“
Was sie dort in seinem Gesicht ausmachte, war nur der Schatten eines Lächelns. Offensichtlich wollte er ihr damit andeuten, dass sie keine Angst vor unangenehmen Überraschungen zu haben brauchte. Doch der Ausdruck von Unbekümmertheit, den er sich aufzusetzen bemühte, reichte nicht einmal aus, seinem Gesichtsausdruck zumindest einen Anklang von Normalität zu geben.
Katharina legte das Buch beiseite, nahm seine Hand und hievte ihr Bein von dem vor ihr stehenden Stuhl. Dann stand sie auf, überrascht, wie problemlos ihr Knie die Bewegung mitmachte. Die Schmerzen waren auf ein Minimum geschrumpft.
Während sie gemeinsam die Bibliothek verließen, berichtete sie ihm, dass Besuch für ihn dagewesen sei.
Er sah sie nicht an, sondern fragte mit einer Stimme, aus der kein großes Interesse sprach: „Wer?“
„Diane von Roder“, sagte Katharina, den Blick nicht von seinem Profil abwendend, um zu beobachten, welche Reaktion er zeigte. Und in der Tat: In seinem Gesicht regte sich etwas, sein Ausdruck veränderte sich nur für einen kurzen Moment, und doch war für Katharina deutlich erkennbar, dass die Nennung dieses Namens mehr in seinem Inneren auslöste, als bloße Überraschung.
Erst nach einigen Sekunden des Schweigens, währenddessen sie bereits die große, portalähnliche Haustür erreicht hatten, erkundigte er sich, ohne in seiner Stimme auch nur den Hauch einer tieferen Empfindung mitschwingen zu lassen, nach Dianes Anliegen.
„Sie hat mir nicht gesagt, weshalb sie dich sprechen wollte. -Aber ich glaube, dir unterstellen zu dürfen, dass du es selbst sehr genau weiß“, erwiderte Katharina ihm nicht ohne einen Hauch von Amüsement in der Stimme.
Robert gab ihr daraufhin keine Antwort. Sie traten durch die Tür nach draußen. Herrlichster Sonnenschein empfing sie dort.
„Ich
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