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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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blieb diese Empfindung weiter schwach und schien kaum wirklich bedrohlich. Mit großer Vorsicht stieg er immer tiefer in den Schacht hinein, bis er schlussendlich wieder festen Boden unter seinen Füßen hatte.
    Unterhalb des Abstiegs verharrte er wiederum eine Weile, fokussierte seine Sinne auf die Länge des waagerechten Ganges vor sich. Er spürte deutlich ein Zurückweichen, als wolle irgendetwas zwischen den kahlen Steinwänden sich seinem Zugriff entziehen, sich unsichtbar für ihn machen. Dass dieses Etwas eine Art eigene Wahrnehmung besaß und eigenständig reagieren konnte, wenn es Gefahr lief, entdeckt zu werden, war äußerst ungewöhnlich. Und es verschärfte die Situation ungemein.
    Robert hatte keine Erfahrung mit einer solchen Erscheinung - und er konnte nicht einmal ahnen, womit er es hier zu tun hatte. Zu gering war das Wissen, das er sich in seinen wenigen Jahren als Schüler des Priesters angeeignet hatte. Und natürlich war dem Priester schon immer daran gelegen gewesen, möglichst viele seiner Tricks für sich zu behalten. Er blieb minutenlang an derselben Stelle stehen, bewegungslos, versunken in den Dimensionen des Raumes. Auch auf der anderen Seite war keine Bewegung mehr. Doch womit er es auch immer zu tun hatte, es war noch immer zweifelsfrei anwesend. Und es war kein Lebewesen im eigentlichen biologischen Sinne, sondern etwas künstlich Geschaffenes, das einfach nur funktionierte, aber keinen wirklichen eigenen Willen besaß.
    Es lauerte auf ihn.
     
    Und er konnte es nicht lokalisieren.
     
    Zwei vorsichtige Schritte nach vorne, dann hielt er wiederum inne.
    Wenn er sich bewegte, dann bewegte es sich ebenfalls. Und jetzt wich es nicht mehr zurück – jetzt kam es ganz allmählich direkt auf ihn zu und gewann dabei an Intensität. Robert sammelte seine gesamte Energie, richtete sie auf seinen unsichtbaren Gegner und setzte sich wieder in Bewegung, mit zwar langsamen, aber sicheren Schritten den Gang entlang.
    Es kam ihm entgegen, mit etwa derselben Geschwindigkeit, in der er sich fortbewegte.
    Das Gefühl der Gefahr verstärkte sich schlagartig.
    Ein leichtes, kaum merkliches Beben fuhr durch den felsigen Boden unter seinen Füßen. Eine Warnung an ihn – ein tiefes Grollen, dicht an der Grenze der Wahrnehmung. Eine elektrisierende Spannung baute sich zwischen den steinernen Wänden auf, wurde immer stärker, brachte die Haut zum Kribbeln. Die einzige greifbare Materie um ihn herum war der blanke Fels. Das, was ihm entgegen kam, blieb substanzlos, eine bloße Empfindung.
    Er blieb abrupt stehen, hob die Hände.
    Auch ihm gegenüber kam die Bewegung zum Erliegen. Doch die Spannung blieb. Wie ein Bündel immaterieller Wellen, die sich auf Materie übertrugen und dabei eine kalte Energie freisetzten.
    „Komm her“, murmelte Robert.
     
    Doch nichts regte sich.
     
    Er beschloss, keinen Schritt weiter zu gehen. Abzuwarten.
    Ein neuerliches Beben erschütterte den dunklen Gang, diesmal etwas heftiger. Einige kleine Steine lösten sich von Wänden und Decke und polterten auf den Boden.
    Er verharrte still an seinem Platz.
    Sekunden vergingen. Kein Zweifel: Es befand sich ihm direkt gegenüber, obwohl ihm ein leerer Raum vorgegaukelt wurde. Mit einer ruckartigen Bewegung streckte er die Arme aus, schleuderte die Worte der alten Sprache in den Gang, wie eine tödliche Waffe. Diesmal war er es, der den Raum zum Erbeben brachte. Brennende Energie floss durch seinen Leib, fand den Weg nach draußen, zerschnitt die Luft und prallte mit immenser Gewalt gegen einen unsichtbaren Körper.
    Staub und kleine Steine lösten sich aus dem Fels.
    Er spürte ein blitzschnelles Zurückweichen, doch noch im Augenblick des Rückzugs erfolgte der Gegenangriff: Eine plötzliche wuchtige Druckwelle, wie bei einer Explosion, traf ihn wie ein heftiger Schlag mit einer riesigen Faust. Er hatte keine Chance, auf den Füßen zu bleiben, knallte rücklings auf den harten Felsboden. Es gelang ihm so eben, die Nackenmuskeln anzuspannen und so den Kopf hochzuhalten, dass sein Schädel nicht mit dem Stein kollidierte.
    Bevor ein zweiter Schlag ihn treffen konnte, schaffte er es immerhin, sich halb aufzurappeln und auf Knien, die Handflächen zum unsichtbaren Gegner gewendet, die nächste Welle zu erwarten. Seine eigene Kraft setzte er gegen die zweite heftige explosionsartige Druckwelle. Zwei Energiestöße prallten mitten im freien Raum aufeinander, ein ohrenbetäubendes Krachen wie ein Donnerschlag folgte. Luftwirbel wie

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