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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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einigen schnellen Handgriffen den Rest des Fingers abzubinden. Dann legte er seine Hand auf Roberts Arm, der schlaff herabhing.
    „Danke, Konrad“, sagte der Priester, ohne sich dabei umzublicken, mit einem gefährlichen Unterton in der tiefen Stimme. „ Darüber reden wir später.“
    Er bückte sich kurz, hob das von Konrad fallengelassene Messer vom Boden auf und durchschnitt im nächsten Moment den Strick um Roberts Hals, um die Kapuze vom Kopf zu ziehen.
    Konrad lag wie erstarrt auf der Erde, wagte keine einzige Bewegung.
    Er konnte von hier unten das Gesicht seines verhassten Feindes nicht sehen, doch er vermutete, dass dieser das Bewusstsein verloren hatte. Und dass genau dieser Umstand dem Priester ganz und gar nicht in den Kram passte.
    Ihr Meister bückte sich abermals zur Erde und nahm die neben seinen Füßen stehende Metallschale auf. Konrad löste sich langsam aus der Starre, rutschte ein Stück vom Altar weg und reckte den Hals, um besser sehen zu können, was sich dort oben abspielte. Hartnäckig versuchte er, die neuerliche Übelkeit zu ignorieren, die ihn zu überwältigen drohte: Der zweite Schlag gegen den Kopf hatte ihm nicht eben gut getan.
    Der Priester hielt die im Fackelschein schimmernde, silbrige Schale nur wenige Zentimeter über Roberts Kopf, dann kippte er sie vorsichtig. Konrad stellte sich ganz langsam wieder auf die Beine, das altbekannte Schwindelgefühl setzte dabei ein. Doch er hatte nicht das geringste Verlangen, sich womöglich noch einmal zu übergeben. Die Welt vor seinen Augen schwankte ein wenig, kam aber recht schnell wieder einigermaßen ins Gleichgewicht. Er sah, wie auf Roberts Mund Tropfen dessen eigenen Blutes aus der Schüssel in des Priesters Hand rannen. Die Augen des Opfers waren geschlossen, doch die Lippen öffneten sich nun leicht und nahmen ein dünnes Rinnsal der roten Flüssigkeit auf. Roberts Gesicht war bleich wie das eines Toten, seine dunklen Haare nass von Schweiß.
    Doch Konrad beobachtete, wie er nun zu schlucken begann, was der Priester ihm einflößte. Jegliche Bewegung der Luft war zum Erliegen gekommen, um sie herum war wieder Stille eingekehrt.
    Das Feuer der Fackeln knisterte.
     
    Robert trank in kleinen Schlucken sein eigenes Blut.
    Und bald öffneten sich seine Augen, stachen als tiefschwarze Spalte aus dem weißen Gesicht hervor.
    Der Priester hob die Metallschale wieder an, sodass kein Blut mehr über den Rand fließen konnte. Ein tiefrotes Rinnsal sickerte aus Roberts Mundwinkel über die bleiche Haut. Die dunklen Augen richteten sich langsam auf das Gesicht des Priesters. Konrad nahm ein Vibrieren der Luft wahr, wie feinste, aber harte Schwingungen. Ganz anders, als der weiche Luftstrom, der den Gesang des Priesters begleitet hatte.
    Er fühlte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten.
    Roberts Gesicht blieb völlig still, wirkte apathisch, als sei ein Teil von ihm aus der Ohnmacht nicht in die Wirklichkeit zurückgekehrt. Der Priester stand bewegungslos, hielt die Blutschale in beiden Händen, während die schwarzen Augen starr zu ihm hochblickten. Konrad hatte in seinem Leben schon vieles gesehen und einiges davon hätte einen anderen Menschen vielleicht in den Wahnsinn getrieben. Doch der Ausdruck dieses Gesichts berührte ihn auf eine unheimliche Art und Weise, erfüllte sein tiefstes Inneres mit kaltem Grausen.
    Der Priester regte sich noch immer nicht. Die schwarze Kapuze und das zerschnittene Seil lagen neben Roberts Kopf auf dem Altar, doch er machte keine Anstalten, danach zu greifen. Konrad spürte deutlich, wie sich die Luft nach und nach erwärmte. Das harte Vibrieren hinterließ ein unangenehmes Kribbeln auf seiner Haut.
    Irgendetwas war ganz und gar nicht in Ordnung.
     
    Ihm wurde klar, dass er dringend eingreifen musste.
    Mit einem Satz war er an der Seite des Priesters, griff nach dem schwarzen Stück Stoff neben Roberts Kopf. Für einen flüchtigen Moment blickte er in diese lethargischen Augen, die keinen Schimmer von Seele mehr zeigten. Ihm wurde innerlich eiskalt, obwohl die Luft um ihn herum sich immer mehr aufzuheizen schien.
    Er erinnerte sich genau an die barbarische Gewalt der Kraft, die in diesem Menschen steckte, der hier scheinbar hilflos vor ihm lag. Schnell fand er die Öffnung der Kapuze und wollte sie gerade über das blasse Gesicht ziehen, als ihm ein Schwall glühender Hitze entgegen schlug und im selben Augenblick eine heiße Stichflamme aus dem Stück Stoff in seiner Hand schoss. Robert hatte nicht

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