Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Möglichkeiten“, erklärte sein Chef ihm, und jetzt war die Wut auch in seiner Stimme hörbar. „Entweder du hörst auf, mir ständig Fragen zu stellen und machst einfach, was ich dir sage - oder wir lassen die Sache und du legst dich wieder in dein Bett.“
Johannes blieb darauf nur ein verständnisloses Kopfschütteln übrig. Er wandte sich schweigend um und setzte seinen Weg fort. Für diesen Moment hatte er vor Robert Adlams Starrköpfigkeit kapituliert.
Johannes entschied, dass es besser sei, wenn er Heinz allein aus dem Haus holte. Einige der Kinder schliefen schließlich in einem Raum mit seinem Bruder, sie wollte er nicht in Unruhe versetzen. Er wollte so tun, als handele es sich um ein alltägliches Problem mit den Pferden, wobei er Heinz’ Hilfe brauchte. Herr Adlam billigte ausnahmsweise diese Argumentation von Johannes und wartete draußen vor der Tür.
Heinz sah blass und erschöpft aus, als er seinem Bruder die Tür öffnete. Und er brauchte sehr lange, um sich anzuziehen. Die kleine Marie war sofort hellwach, als sie die Stimme ihres Onkels vernahm und sprang im Nachthemd um die beiden Männer herum.
„Leg dich hin, Marie“, fauchte Heinz sie gereizt an. „Du gehst mir auf die Nerven, und die anderen können bei dem Krach nicht weiterschlafen.“
„Onkel Hannes, warum muss Papa denn heute noch arbeiten? Er geht doch morgen mit uns weg!“ wollte Marie wissen und sah Johannes aus ihren schlauen, grünen Augen fragend an.
„Ich brauche ihn eben bei den Pferden, Marie. Das habe ich doch schon gesagt“, erwiderte ihr Johannes.
„Aber morgen sind wir doch alle weg, auch der Papa. Und was machst du dann, ganz alleine?“ fragte Marie weiter.
„Dann kommt ein neuer Pferdepfleger, so einfach ist das. Und jetzt leg dich hin, wie dein Papa gesagt hat, sonst gibt’s Ärger!“
Marie schaute Johannes prüfend an, um zu sehen, ob er seine Drohung ernst meinte. Der machte ein extra böses Gesicht, was ihm nicht sehr schwer fiel. Nach dem Streit mit Herrn Adlam hatte er sich noch längst nicht abgekühlt. Marie entschloss, zu gehorchen und schlüpfte in ihr Bett.
„Bei diesem Theater muss man ja irgendwann durchdrehen“, beklagte sich Heinz. „Hannes, ich muss mich wirklich für die Reise ausruhen. Ist es denn so wichtig?“
„ E s ist wichtig“, betonte Johannes. „Und dass es dir nicht gut geht, liegt nicht an den Kindern, sondern daran, dass dir der Schnaps fehlt. Aber keine Angst: Wenn du dich lang genug zusammenreißt, dann geht das bald vorbei. Und jetzt mach endlich, dass du fertig wirst.“
Heinz seufzte unwillig. Doch er tat, was Johannes ihm sagte, zog sich folgsam das Hemd über den Kopf und verließ gemeinsam mit seinem Bruder die Hütte. Draußen saß Herr Adlam auf einer Mauer und starrte ungeduldig auf die Tür, aus der die Brüder herauskamen. Die Schatten der am Mond vorbeiziehenden Wolken wanderten über die Erde und in diesem wechselnden, fahlen Licht war er nur eine nicht identifizierbare, dunkle Figur. Er stand auf, als die Brüder endlich erschienen, und kam näher. Als Heinz ihn erkannte, zeichnete sich in seinem Gesicht eine große Beunruhigung ab.
„Es ist nichts mit den Pferden, oder? Es ist was mit Lukas!“ stieß er aufgeregt hervor.
Johannes legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Heinz, he, wir kriegen das wieder hin. Ja, Lukas ist wieder weg. Aber wir sind ja hier, um ihn wieder nach Hause zu holen, klar?“ versuchte er, mit möglichst ruhiger Stimme die Sachlage zu erklären, um nicht zusätzlich eigene Besorgnis auf Heinz’ Schultern zu laden.
„Wieso weg?“ fragte Heinz zurück, und Johannes fühlte, wie der Körper seines Bruders unter seiner Hand zu zittern begann. „ Warum? Ich verstehe das alles nicht!“ Die Verzweiflung war deutlich aus seinen Worten herauszuhören. Jetzt schaltete Robert sich in ihr Gespräch ein.
„Wenn ihr mich unterstützt, dann werden wir dieses Problem beheben.“
„ Problem beheben? “ wiederholte
Heinz atemlos. „Das ist kein Radbruch an ‘ner Kutsche! Mein Sohn ist entführt worden, und er hat gestern schon so viel durchgemacht!“
„Heinz, wir holen ihn ganz sicher zurück“, versprach Herr Adlam mit entschlossener Stimme.
„Aber was wollen die denn von dem Jungen? Mein Gott, er ist doch noch so klein! Er hat niemandem was getan! Wer will ihm bloß was antun?“ Man merkte Heinz deutlich an, dass er kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Doch Johannes wusste genau, dass sein
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