Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
Vom Netzwerk:
darüber hinweg. Er wollte dieses Land nicht verlassen, niemals. Er war hier daheim, hier wurde seine Sprache gesprochen, hier kannte er sich aus. Nein, es gab keinen akzeptablen Grund für ihn, mit Heinz gemeinsam nach Amerika zu gehen.
    „Was wir jetzt gemeinsam machen werden“, erklärte Herr Adlam weiter, „ist der einzige Weg, den ich sehe, um unser Ziel zu erreichen.“
    „Ich möchte den Jungen wiederhaben, sonst ist mir alles egal“, sagte Heinz mit rauer Stimme.
    Herr Adlam nickte. „Und, wie ist es mit dir, Johannes? Willst du mir endlich vertrauen, und einfach das tun, was ich dir sage?“
    Was das Vertrauen in seinen Chef betraf, da war es bei Johannes nicht weit her. Er vermutete, dass dieser Mann ihnen nur deshalb nichts Genaues erzählen wollte, weil er sich in der Rolle des allwissenden Anführers so gut gefiel.
    „Ich hab’ ja nicht die Wahl“, brummte er.
    Herr Adlams akzeptierte es nur unwillig, dass Johannes keinesfalls mit Entschlossenheit auf seiner Seite stand, das sah man ihm deutlich an. Aber auch ihm blieb nichts anderes übrig, als das Widerstreben des Pferdepflegers zu akzeptieren.
    „Johannes, in der Kiste dort vorne findest du einige Fackeln. Hol sie heraus und staple sie auf dem Boden, mitten im Raum“, orderte er an.
    „Auf die Erde stapeln?“ fragte Johannes zweifelnd zurück, führte die Anordnung nach einem bösen Blick von Herrn Adlam aber aus.
    Heinz bekam den Auftrag, die Kerzen auf eine vorgegebene Weise um die Fackeln herum zu verteilen. Robert Adlam selbst kniete sich auf die Erde inmitten der brennenden Kerzen und begann, aus einem kleinen Glasfläschchen eine rote Flüssigkeit in einem unentzifferbaren Muster auf den staubigen Fußboden zu gießen. Johannes stellte sich die ernsthafte Frage, ob sein Chef den Verstand verloren habe. Jedoch war dies alles nur die Vorbereitung für weitere, noch viel rätselhaftere Handlungen.
    „Stellt euch hierher, und berührt die
    Zeichen nicht“, forderte Herr Adlam die beiden auf und wies auf eine Stelle inmitten des Kerzenkreises.
    Heinz sah seinen Bruder kurz an, zuckte mit den Schultern und betrat den Kreis aus Kerzen. Johannes war sich darüber im Klaren, dass er diesen Unsinn abbrechen musste, sobald es darauf hinauslief, dass mehr als nur ein paar weitere Minuten dabei verschwendet wurden. Allerdings konnten auch schon wenige Minuten verschwendeter Zeit über Leben und Tod des kleinen Jungen entscheiden, deshalb erschien ihm diese Spielerei als verantwortungslos, selbst dann, wenn er sie vorerst mitspielte.
    Sofort, als die beiden Brüder nebeneinander an dem ihnen zugewiesenen Ort standen, setzte Robert Adlam seine merkwürdigen Handlungen fort. Er stellte sich ihnen gegenüber, direkt auf eines der auf die Erde gegossenen Zeichen aus roter Farbe, und begann, zunächst leise unverständliche Worte zu sprechen, während er vor sich hin, ins Leere starrte. Johannes spürte einen eiskalten Lufthauch und seine Haut begann, unangenehm zu kribbeln. Er wollte etwas sagen, um seinen Willen zu bekunden, diese Zeremonie zu unterbrechen. Doch es fiel ihm plötzlich schwer, seine Gedanken ausreichend zu ordnen. Er beobachtete die pechschwarzen Augen seines Gegenübers, in denen sich kein Schimmer des Lichts der sie umgebenden Kerzen widerspiegelte. Johannes vergaß, dass er den Kreis eigentlich hatte verlassen wollen, und blieb stattdessen wie erstarrt stehen.
    Auch Heinz neben ihm regte sich nicht.
    Die Flammen der Kerzen begannen, auffällig zu zittern, und ihr Licht schien sich zu verändern. Es wurde intensiver, tauchte die Wände in einen unnatürlich tiefroten Schein und flackerte unruhig. Auch die Luft veränderte sich. Trotz des auffällig warmen Lichtscheins schien sie immer mehr abzukühlen, und die Kälte setzte sich in Johannes’ Körperinnerem fort. Seine Arme und Beine fühlten sich steif und schwer an, als ob sie aus Eiskristallen beständen. Und diese Stimme, die den Flüsterton längst verlassen hatte, schien seinen Kopf völlig auszufüllen mit ihrem fremdartigen Klang. Sie lullte jeden vernünftigen Gedanken ein wie in einen Wattebausch aus rhythmischen Tönen.
    Ganz deutlich fühlte Johannes, wie sich seine Nackenhaare in einem Kälteschauer aufrichteten. Und dann, auf dem Höhepunkt des Singsangs, als die fremden Laute sich so schnell aneinanderreihten, dass sie sich zu überschlagen schienen, fuhr irgendetwas wie ein Blitz durch seinen Körper. Er stöhnte kurz auf, aufgrund des plötzlichen, schnell

Weitere Kostenlose Bücher