Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
daraufhin doch umwandte, schämte sie sich nicht, dass sie nur ihr Nachthemd trug. „Wartest du auf die Sonne?“
„Es ist schon so lange Nacht, dass ich den Glauben an sie verliere“, erwiderte er ihr.
Diane verstand nicht, was er damit meinte. Doch sie hegte die Befürchtung, er könne bereuen, sich so intensiv auf sie eingelassen zu haben. Sie waren erst gegen drei Uhr morgens auseinandergegangen, und ihre Nähe war nicht nur geistiger Natur gewesen. In Diane war ein bisher unbekanntes Verlangen erwacht, eingeschlossen in seinen Armen.
„Schau mich an. Bin ich nicht zumindest ein Sonnen strahl für dich?“ wollte sie von ihm wissen. Sie verlagerte ihr Gewicht auf das linke Bein und schob die Hüfte vor. Er musterte sie und Diane fühlte, wie ihre Haut unter seinem Blick schon wieder zu kribbeln begann. Plötzlich nahm sie jeden Quadratzentimeter ihres nur unzureichend bedeckten Körpers wahr. Die Befürchtung kam auf, dass der Anblick, den sich Robert bot, ihm vielleicht, nüchtern betrachtet, nicht mehr gefiele.
„Diane, du bist eine schöne, selbstbewusste Frau“, antwortete er ihr in festem Tonfall. „Du hast die Kraft, deinen eigenen Weg zu gehen, und deine eigenen Abenteuer zu erleben. Du wirst für einen anderen Mann die Sonne sein.“ Ihr Herz sank.
„Das war kein Spiel für mich, letzte Nacht“, betonte sie, in der Stimme ein leichtes Zittern. „Das war bitterer Ernst.“
Er war ein grauer Schatten dort drüben am Fenster, aber seine Augen stachen wie dunkle Steine aus dem finsteren Gesicht hervor.
„Mir ist es nicht weniger ernst, Diane“, sagte er. „Das ist kein Spiel. Das ist das Leben.“
Diane verstand ihn nicht. Sie erkannte nur, dass er die Sache zwischen ihnen beiden als beendet betrachtete.
„Hast du Probleme mit den gesellschaftlichen Schranken? Ist es der Name meiner Familie?“ fragte sie ihn geradeheraus. „Weißt du, mir ist es völlig egal, aus welcher Familie ich stamme. Ich habe nur ein Leben. Und das lasse ich mir von niemandem zerstören.“ Sie hatte Robert nicht für jemanden gehalten, der sich stur an den gesellschaftlichen Grenzen orientierte.
Er ging durch den im Zwielicht liegenden Raum auf sie zu.
„Da sind Schranken zwischen uns“, erklärte er ihr mit gesenkter Stimme. „Aber du vermutest sie an falscher Stelle.“
Er blieb kurz vor ihr stehen und sah ihr ins Gesicht. Sie schüttelte den Kopf, bat ihn in etwas weicherem Ton: „Was auch immer du für Gegensätze meinst, wir haben sie doch bereits überbrückt, oder nicht? Schick mich nicht einfach so weg. Gib mir die Chance, die ich verdient habe.“
„Du weißt nicht, wer ich bin und was ich für ein Leben führe“, versuchte er, ihr zu erklären. „Ich kann dir nichts geben von dem, was du dir erträumst. Nicht einmal die Sicherheit für deine
körperliche Unversehrtheit.“
Diane atmete tief durch. Andeutungen allein vermochten sie nicht zu überzeugen. Sie wollte die Wahrheit wissen.
„Du sagst, du hattest eine Auseinandersetzung mit jemandem“, stellte sie fest. „Und jetzt befürchtetest du, dass man auch mich angreifen könnte.“ Sie warf ihm einen forschenden Blick zu. „Deinem Schweigen entnehme ich, dass ich recht habe“, meinte sie nach einer Weile.
„Das ist ohnehin nicht wichtig für dich zu wissen“, sagte er. „Das einzige was zählt ist, dass du nie wieder hierher zurückkommst. Geh, wohin du willst, Tage voller Sonne warten auf dich. Aber hier bei mir findest du nur dunkle Nacht.“
Er wollte das Büro verlassen, doch Diane konnte diese Sätze nicht als Abschlussworte akzeptieren. „Ja, ich gehe heute zurück nach Lindheim“, erklärte sie ihm. „ Aber übermorgen hole ich mir persönlich mein Pferd ab. Dann will ich noch einmal mit dir reden, über das, was zwischen uns ist. Ich weiche dir nicht von der Seite, bevor ich weiß, warum du mich nicht willst. Ich komme immer wieder zurück.“
Er verließ sie, ohne sich umzusehen, ohne ein weiteres Wort.
Diane fühlte Schmerz, Trauer und Wut zugleich. Doch ihre Entschlossenheit war nicht gespielt, sie wollte sich nicht so leicht, ohne weiteres, fortschicken lassen. Um die Tränen zu bekämpfen, biss sie sich fest auf die Unterlippe und starrte die geschlossene Tür an, durch die Robert sie verlassen hatte.
Die Wahrheit
Von dem Tag an, als ich als Alleinerbe das Haus und die Pferdezucht übernahm, wuchs das Misstrauen der Menschen mir gegenüber stetig an. Auch ihnen war nicht entgangen, dass scheinbar
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