Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
ohne sich von der Kühle der Begrüßung irritieren zu lassen. „Aber ich habe mich entschieden, dir schon heute einen Besuch abzustatten. Mir sind einige Gerüchte zu Ohren gekommen, die ich als sehr beunruhigend empfinde.“
Er schaute sie ohne das geringste Zögern aus diesen schwarzen Augen direkt an. Die Nachricht, dass sie bereits von den Mordverdächtigungen gegen ihn wusste, schien ihn nicht zu beschämen.
„Man sagt, in Scarheim und Rubenfels geschehe ein Unglück nach dem nächsten“, fuhr sie fort. „Der Gipfel aller schlimmen Ereignisse sei ein Mord an einem jungen Mann aus Rubenfels. Und die ganze Welt scheint den Täter jetzt schon zu kennen, ohne dass man ihn überhaupt schon verhaftet hat.“
In Roberts Gesicht zeichnete sich noch immer keine besondere Regung ab. Seine Antwort war nur kurz und knapp. „Die ganze Welt ist eben voller Hellseher.“
„Die Welt ist voller böser Zungen, die sich selbst gern reden hören“, sagte sie. „Und schon bald werden sie sich vor Freude überschlagen, diese Wichtigtuer und Großmäuler. Denn wenn Ihnen zu Ohren kommt, warum ihr auserkorenes Opfer nicht als Mörder in Frage kommt...“ Sie brach ab und sah ihn forschend an, seine Reaktion abwartend.
Er schüttelte leicht den Kopf. „Nein, geh nicht zur Polizei. Lass sie denken, was sie wollen.“
„Zu spät“, sagte sie. „Ich habe ihnen bereits erzählt, dass ich bis zum frühen Morgen bei dir gewesen bin.“
Seine Augen verließen nun zum ersten Mal seit seinem Eintreten ihren Fixpunkt in ihrem Gesicht. Der Blick glitt für einen Moment ab, ins Leere. Die Miene spiegelte verhaltene Unruhe wider.
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee war“, sagte er.
„Sorgst du dich etwa um meinen guten Ruf?“ fragte sie ihn lächelnd.
„Ich weiß nicht, ob du darüber nachgedacht hast, wie weh du deinem Vater damit tust“, gab er ihr zu bedenken. „Er wird vor Scham im Boden versinken.“
Sie nickte ernsthaft. „Ich habe darüber nachgedacht. Und jetzt ist es ohnehin zu spät, daran noch etwas ändern zu wollen.“
Er nickte. „Ja, jetzt ist es zu spät.“
Einen Moment lang war es still im Raum, die beiden sahen sich an. Diane bereute keine Sekunde, was sie getan hatte, auch, wenn es ihr um ihren Vater ein wenig leid tat. Richard von Roder hatte sehr eng gesteckte, moralische Grenzen Er legte größten Wert auf die gesellschaftliche Konformität seiner drei Kinder, besonders der beiden Töchter.
Robert schlug unvermittelt einen geschäftsmäßigen Tonfall an. „Du wolltest dein Pferd abholen? Ich habe die Zuchtpapiere vorbereitet, und das Tier werde ich sofort holen lassen“.
Diane blieb in ihrem Sessel sitzen und sah ihn eine Sekunde lang fassungslos an. Sie spürte Enttäuschung darüber, wie wenig Anerkennung er ihr zollte. Sie hatte diesen schwerwiegenden Schritt schließlich getan, um ihm zu helfen . Und als Reaktion darauf wollte er sie anscheinend so schnell es ging wieder aus seinem Haus bugsieren.
„Ich habe nicht genug Geld dabei“, teilte sie ihm mit einem etwas unsicheren Lächeln mit, nachdem sie einmal kurz geschluckt hatte. „Ich werde später noch einmal wiederkommen und den Wallach holen. Heute bin ich aus anderen Gründen hier.“
Robert blieb stehen, ihr zugewandt, und sagte nichts. Diane erinnerte sich genau daran, wie wohl sie sich in seinen Armen gefühlt hatte. Er hatte ein Feuer in ihr entfacht, dass sie in jeder einzelnen Zelle ihres Körpers brennen spürte. Und jetzt kippte er eine ganze Wagenladung Eiswürfel in die Glut, im Bemühen, jeden einzelnen Funken zu ersticken.
„Gestern hast du mich ohne eine Erklärung fortgeschickt“, sagte sie und warf ihm einen langen Blick zu. „Ich kann einfach nicht glauben, dass dir unsere gemeinsame Nacht überhaupt nichts bedeutet. Das, was zwischen uns war, habe ich mir doch nicht nur eingebildet.“
Robert regte sich nicht von der Stelle, sondern entgegnete fest ihrem Blick.
Sie fuhr fort. „Wenn du heute nicht bereit bist, mit mir zu reden, dann werde ich eben morgen wiederkommen. Ich werde immer und immer wiederkommen, bis du mir eine Erklärung gegeben hast, die ich akzeptieren kann!“ Sie machte eine Pause. Ein trauriges Lächeln erschien in ihrem Gesicht. „Meine Gefühle für dich sind nicht so einfach auszulöschen.“
Er antwortete mit einem Kopfschütteln. „Das wäre alles nur reine Zeitverschwendung, Diane. Meine Meinung wird sich erst recht dann nicht ändern, wenn du mir auf die Nerven
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