Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
nicht überlebt. Und auch einige andere derer, die ich gut kannte und mit denen ich eine Menge Zeit verbracht hatte, mussten ihr Leben lassen. Dies sollten für alle Zeiten die letzten Menschen sein, die durch mein Wirken zu Tode kamen, das schwor ich mir.
Der Meister jedoch verschwand spurlos aus meinem Blickfeld. Wie ich heute weiß, rastete er wohl nicht lange, bis er die übrig gebliebenen Schwarzen Brüder wieder zusammen rief. Ob die vierhundertfünfzig Jahre alte Schriftrolle, die das Geheimnis der großen Zeremonie in sich barg, die Nacht des Sturms überdauert hat, das habe ich bis heute nicht erfahren. Ich hielt jedoch an der Hoffnung fest, mit meinen stetigen Bemühungen, die Gruppe der Schwarzen Brüder so klein wie möglich zu halten, die von ihnen ausgehende Gefahr zu bannen.
Zehn Jahre hat mein Gefühl relativer Sicherheit gedauert, bis in die heutige Zeit. Nun vermute ich, dass der dunkle Meister inzwischen zumindest einen neuen, begabten Schüler auf seine Seite gezogen hat.
Und jetzt will er mich zurück.
Ich höre seinen Ruf, und spüre, dass ich in Wahrheit in diese andere, finstere Welt gehöre.
Vielleicht hat der Meister damals doch nicht so sehr falsch gelegen, als die Probe meiner Zuverlässigkeit ein positives Ergebnis brachte. Mein Herz sagt mir, dass es im Grunde tatsächlich stimmt.
Jedoch dagegen steht mein Wille, der geschwächt, aber noch nicht gebrochen ist.
------- DIANE VON RODER------
Diesmal öffnete ihr nicht die ältere Frau mit der gestärkten, weißen Schürze die Haustür, sondern ein etwas unordentlich gekleidetes, junges Hausmädchen.
„Ja, bitte?“ fragte das Mädchen und linste durch den Türspalt.
„Mein Name ist Diane von Roder und ich möchte dringend zu Herrn Adlam“, sagte sie, verärgert darüber, dass das Hausmädchen die Tür nicht weiter öffnete.
„Was möchten Sie denn?“ kam die nächste Frage.
„Darüber werde ich mit Herrn Adlam reden, und nicht mit Ihnen “, erwiderte Diane in kühlem Ton.
„Herr Adlam möchte nur gestört werden, wenn’s sehr wichtig ist“, verkündete das Hausmädchen ihr und machte nicht die geringsten Anstalten, den Türspalt zu vergrößern.
„ Es ist wichtig“, betonte Diane. In ihrer Stimme wurde nun die wachsende Ungeduld hörbar. „Darauf können Sie sich verlassen.“
„Wie heißen Sie noch?“ fragte das Mädchen, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen.
„ Diane von Roder “, wiederholte Diane betont laut und deutlich. Sie hatte das starke Gefühl, das vor ihr ein nicht gerade intelligentes Exemplar von Hausmädchen stand.
„Diane von Roder“, wiederholte das Mädchen und schloss im selben Moment die Haustür vor Dianes Nase.
Ärgerlich starrte Diane auf das hölzerne Türblatt und wartete ungeduldig, dass sich dort drinnen etwas regte. Sie musste daran denken, wie höflich sie noch vor zwei Tagen hier empfangen worden war, von der älteren Bediensteten. Sie heute draußen vor der Tür warten zu lassen, ohne Erklärung für diese rohe Behandlung, war wirklich der Gipfel der Unhöflichkeit. Zu allem Unglück war das Wetter heute auch nicht das Beste. Sie war von dem langen Ritt hierher durch Nieselregen und Wind ziemlich verfroren. Die kurze Aufwärmzeit in der Rubenfelser Polizeistation hatte ihr nicht viel genutzt, sie zitterte jetzt schon wieder vor Kälte. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis das Hausmädchen wieder an die Tür kam und diese diesmal ganz öffnete.
„Verzeihung“, sagte das Mädchen und sah sie mit einem dümmlichen Lächeln an, „aber Herr Adlam hat mir gesagt, dass ich keinen reinlassen soll, bevor ich ihn nicht gefragt habe. Jetzt hab’ ich ihn gefragt, und jetzt können Sie auch zu ihm.“
„Na, vielen Dank“, meinte Diane in ironischem Ton zu dem Mädchen und betrat endlich den Flur das Hauses. Schon hier war es sehr viel wärmer, als draußen.
Das Hausmädchen führte sie in das ihr schon bekannte Empfangszimmer und ließ sie dort allein mit den Worten: „Er kommt gleich. Dauert nicht lange.“
Und wirklich verging diesmal beträchtlich weniger Zeit, bis Robert Adlam sich im Empfangszimmer blicken ließ. Bei seinem Eintreten bemerkte Diane sofort, dass sein Gesicht eine lebendigere Farbe hatte, als noch gestern Morgen bei ihrer Verabschiedung. Doch begrüßte er sie so distanziert, wie eine Fremde.
„Ursprünglich hatte ich ja angekündigt, erst morgen zu dir zu kommen, um mein Pferd abzuholen“, erklärte sie ihm mit einem Lächeln auf den Lippen,
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