Wer Blut vergießt
Gitarrenclub –, und da bin ich … eben mitgegangen. Und wir sind erst spät in Andys Wohnung zurückgekommen.«
»Was ist, wenn Rashid sich geirrt hat, was den Todeszeitpunkt betrifft? Wie spät war es?«
Melodys Gesicht nahm einen gar nicht mal so unattraktiven Pinkton an. »Chefin, es würde keinen Unterschied machen, auch wenn Rashid noch so weit danebenläge.«
Gemma starrte sie an. Sie erinnerte sich, wie Melody am Morgen verspätet und mit hochrotem Kopf ins Büro gekommen war, und da fiel der Groschen. »Willst du mir sagen, dass du die Nacht mit ihm verbracht hast?«
»Das ist schließlich nicht verboten.« Melody verschränkte wieder die Arme vor der Brust. »Und er war kein Tatverdächtiger.«
»Er war ein Nebenzeuge, und jetzt ist er möglicherweise mehr als das. Melody, wenn du damit den Erfolg unserer Ermittlungen gefährdet hast …«
»Die Tatsache, dass Arnott Andy angeschnauzt und dass Andy Shaun Francis vor Jahren gekannt hat, ist auch kein merkwürdigerer Zufall als die Tatsache, dass du und Duncan Andy und seinen Manager kennt«, gab Melody aufgebracht zurück. Dann seufzte sie und rieb sich die Wangen. »Aber ich habe ihm gesagt, dass ich mit dir sprechen muss, und jetzt denkt er, dass ich sein Vertrauen missbraucht habe.«
Es hätte gönnerhaft geklungen, wenn Gemma Melody gesagt hätte, dass sie genau richtig gehandelt hatte. Stattdessen dachte sie über Melodys Worte nach. »Ich kenne Andy eigentlich gar nicht richtig. Es waren Duncan und Doug, die einmal bei einem Fall mit ihm zu tun hatten. Ich habe ihn nur bei Tam und Michael ein und aus gehen sehen. Aber du hast mir noch nicht gesagt, woher er von dem Mord an Shaun Francis wusste.«
»Ich habe es ihm gesagt. Er hatte mich gebeten, bei ihm vorbeizuschauen. Er wollte mir ein Video zeigen, das Caleb Hart am Wochenende von Andys Sessions mit Poppy gemacht hatte.«
»Ein Video?«
»Caleb hat es gestern auf YouTube hochgeladen. Es ist irrsinnig gut angekommen. Du glaubst nicht, wie viele Klicks es an einem Tag gekriegt hat.«
»Oh«, murmelte Gemma, als es ihr dämmerte. »Tams persönliches Interesse.«
»Wovon redest du?«
Jetzt war es an Gemma zuzugeben, dass sie gegen die Regeln verstoßen hatte – wenn auch ganz offensichtlich nicht so krass wie Melody. »Duncan und Doug haben heute mit Tam gesprochen. Und dann hat Duncan Caleb Hart aufgesucht. Inoffiziell, um Tam einen Gefallen zu tun. Tam hatte Sorge, dass die Sache mit Arnott Andy in Schwierigkeiten bringen könnte, und jetzt verstehe ich auch, warum, wenn sich da wirklich etwas ganz Großes anbahnt. Aber als ich Duncan sagte, er könne mit Hart sprechen, wusste ich nicht, dass die Sache sich als noch viel komplizierter entpuppen würde.«
»Duncan und Doug? O Mann.« Melody brauchte einen Moment, um die Information zu verdauen. »Was treibt Doug sich auch mit seinem kaputten Knöchel in der Weltgeschichte herum?«, fragte sie und schüttelte dann den Kopf, als ob sich die Frage schon von selbst beantwortete, da Doug nun einmal Doug war. »Na, egal. Was hat Duncan von Hart erfahren?«
»Hart sagte, er kenne Arnott nicht und er habe das Pub verlassen, um zu einem Meeting der Anonymen Alkoholiker zu gehen. Ich weiß nicht, ob ich das eine wie das andere glauben soll, und das heißt, dass ich mir die gleichen Informationen auf offiziellem Weg beschaffen muss, ohne zu erwähnen, dass Duncan mit ihm gesprochen hat. Und nein«, sagte sie, als sie Melodys diensteifrige Miene sah, »du kannst ihn nicht vernehmen. Es war schon ein Fehler von mir, Duncan mit ihm reden zu lassen.
Und«, fuhr sie fort, ehe Melody sie unterbrechen konnte, »ich will nicht, dass du über irgendetwas davon mit Andy Monahan sprichst, ehe ich Gelegenheit hatte, mit ihm zu reden.«
Melody ließ die Schultern sinken. »Kein Problem. Ich glaube kaum, dass er noch Lust hat, mit mir zu reden.«
Obwohl sie so eng zusammenarbeiteten, hatte Melody es stets vermieden, über Details ihres Privatlebens oder über ihre Gefühle zu sprechen. Und Gemma war da nicht anders. Aufgewachsen mit einer Schwester, die alles, was Gemma ihr anvertraute, als Munition gegen sie verwendete, hatte Gemma kaum enge Freundinnen gehabt, bis sie Hazel Cavendish begegnet war. Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie auf keinen Fall etwas Falsches sagen wollte, um nicht ihre Freundschaft mit Melody wegen einer dienstlichen Angelegenheit zu gefährden. »Du magst ihn wirklich, nicht wahr?«
Mit einem gleichgültigen Achselzucken, das nicht
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