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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ansteigende Belvedere Road ging es zurück in Richtung Crystal-Palace-Dreieck.
    »Er könnte ohne Weiteres zu Fuß zum Hotel gegangen sein«, sagte Melody, als sie am Straßenrand anhielt und zur Sicherheit die Handbremse zog.
    Gemma stieg aus, und als Erstes fiel ihr die fantastische Aussicht auf. Sie fragte sich, ob man an einem klaren Tag von hier bis zum Ärmelkanal sehen könnte. Auch der Blick den Hang hinauf war ziemlich beeindruckend. »Er muss ganz schön fit gewesen sein, wenn er regelmäßig diesen Anstieg bewältigt hat«, meinte sie. »Ganz zu schweigen von dem, was er sonst noch so getrieben hat.«
    Sie betrachtete das Haus, das halb hinter einer dichten Hecke verborgen war. Es war eine Villa aus dunkelbraunem Backstein mit weiß gestrichenen Tür- und Fensterrahmen und – auf einer Seite – großen Erkerzimmern in beiden Stockwerken. Der Rasen hinter dem Schutzwall der Hecke war makellos, die Sträucher in den Rabatten um das Haus herum gnadenlos zurückgeschnitten. Ein neuer silberfarbener BMW parkte in der geschwungenen Einfahrt.
    »Eine höchst ansehnliche Adresse«, sinnierte Melody und deutete auf das Haus. »In einer höchst ansehnlichen Straße. Alles picobello.«
    »Ein bisschen wie die Kleider und die Brieftasche unseres Opfers.«
    »Die Ordnungsliebe eines Anwalts?«, mutmaßte Melody.
    »Wir werden sehen.« Als Gemma ihren Schal fester zuzog, um sich vor dem Wind zu schützen, bemerkte sie, wie Melody ihre ohnehin schon perfekt sitzende Jacke richtete. Das waren die kleinen Gesten, mit denen sie ihren emotionalen Schutzschild in Stellung brachten. Niemand überbrachte gerne Todesnachrichten, auch nicht nach noch so vielen Dienstjahren. Ein kleiner Teil von ihr hoffte, dass Mr Arnott allein gelebt hatte, doch eine flüchtige Bewegung im Wohnzimmerfenster machte diese Hoffnung zunichte. »Bringen wir es hinter uns, okay?«
    Sie gingen mit raschen Schritten die Auffahrt hinauf. Als sie die Haustür erreichten, wurde von innen geöffnet, und eine Frau lugte heraus. »Es tut mir leid«, sagte sie, »aber mein Mann mag keine Vertreter. Oder Zeugen Jehovas.« Sie war klein, ihr unscheinbares Gesicht frei von Make-up, ihr kurzes braunes Haar zeigte an den Wurzeln gut zwei Zentimeter Weiß, als ob sie schon länger vergessen hätte, es zu färben. Sie trug eine scheinbar willkürlich zusammengestellte Kombination von Gartensachen.
    »Mrs Arnott?«, fragte Gemma. Sie und Melody hatten beide ihre Dienstausweise parat. »Wir wollen nichts verkaufen, wir sind von der Polizei. Dürfen wir reinkommen? Wir müssen mit Ihnen sprechen.«
    »Polizei? Aber Sie sehen gar nicht so aus.« Mrs Arnott sah sie nur verwirrt an.
    »Wir sind von der Kriminalpolizei, Mrs Arnott. Ich bin Detective Inspector James, und das ist Sergeant Talbot.«
    Die Frau musterte sie blinzelnd mit ihren hellen Augen und runzelte die Stirn. »Hat es einen Einbruch gegeben? Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen da weiterhelfen könnte.«
    »Mrs Arnott, dürfen wir reinkommen? Es ist leider etwas Persönliches.«
    »Das wird Vincent aber gar nicht gefallen«, erwiderte Mrs Arnott zögerlich. Sie betrachtete eingehend zuerst Gemmas Ausweis und dann den von Melody. »Er sagt, man darf nie einer Karte oder einem Namensschild vertrauen, wie bei diesen Leuten, die behaupten, dass sie von den Gaswerken kommen, obwohl es gar nicht stimmt. Aber es ist kalt, und ich bin sicher, dass er gegen Frauen nichts einzuwenden hätte.« Sie zog die Tür ein Stück weiter auf und trat zurück.
    Gemma warf Melody einen verdutzten Blick zu, als sie Mrs Arnott ins Haus folgten. »Ist Ihr Mann zu Hause, Mrs Arnott?«, fragte sie, als sie in der gefliesten Diele standen. Innen sah das Haus genauso penibel gepflegt aus wie von außen.
    »Äh, nein. Er muss wohl zum Einkaufen gegangen sein.«
    »Muss?«
    »Nun ja, ich bin mir nicht ganz sicher.« Mrs Arnott sah sie wieder blinzelnd an und blickte sich dann suchend um, als ob ihr Mann plötzlich aus dem Nichts auftauchen könnte. Sie hatte etwas Kindliches an sich, und Gemma begann sich zu fragen, ob sie vielleicht nicht ganz richtig im Kopf war. »Ich dachte, er hätte noch geschlafen, als ich aufgestanden bin«, fuhr sie fort. »Aber er muss schon früh aus dem Haus gegangen sein, um seine Zeitung zu kaufen. Vincent geht samstags gerne mal zu den Geschäften, um seine Zeitung zu holen und einen Kaffee zu trinken.«
    »Es ist fast Mittag, Mrs Arnott«, wandte Gemma behutsam ein. »Sie haben Ihren Mann also heute Morgen

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