Wer Blut vergießt
ihren Blick auf Monahans lädierte Hand.
»Also, ich hab jedenfalls nicht ihn geschlagen, falls Sie das denken«, sagte Monahan abweisend, aber Melody hätte schwören können, dass es Erleichterung war, was sich auf seinem Gesicht malte.
»Haben Sie Mr Arnott danach noch gesehen?«, fragte sie. »Vielleicht hat er Sie ja verfolgt, um seiner Beschwerde Nachdruck zu verleihen.«
Monahan zuckte mit den Achseln. »Kann sein, dass er sich noch mit jemand anders angelegt hat. Ich habe ihn jedenfalls nicht mehr gesehen. Ich hab das zweite Set gespielt und bin dann nach Hause gefahren. Ich war ganz bestimmt nicht im Belvedere, und nach dem, was ich von dem Typen gesehen habe, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er da hingehen würde. So ein arrogantes Arschloch.«
Er beobachtete sie genau, und Melody glaubte zu bemerken, dass sich in seine Erleichterung jetzt auch Neugier mischte. Und noch etwas anderes. Sie merkte, wie ihr Hals trocken wurde, und schluckte, ehe sie fragte: »Gibt es jemanden, der Ihre Aussage bestätigen kann?«
» Ich kann sie bestätigen, Schätzchen«, sagte Tam, der Monahans Ermahnung offenbar ignorierte. »Ich war den ganzen Abend mit der Band zusammen. Wir haben abgebaut, und dann habe ich Andy mit meinem Mini nach Hause gebracht.«
Melody hatte nicht die Absicht, Tam Moran für Monahan antworten zu lassen. »Wo wohnen Sie, Mr Monahan?«
»Hanway Place. Zwischen Oxford Street und Tottenham Court Road. Und ich habe kein Auto, falls Sie sich das gefragt haben. Ich bin nicht mehr nach Crystal Palace zurückgefahren.« Er dachte einen Moment lang nach und zupfte dabei abwesend ein paar Saiten seiner Gitarre, ohne den Blick von Melody zu wenden. »Sie sagten ›ungeklärter Todesfall‹. Was ist denn mit dem Typen passiert?«
»Ich fürchte, diese Informationen sind bis auf Weiteres nicht für die Öffentlichkeit bestimmt«, antwortete sie in steifem Polizeisprech. Es würde allerdings nicht lange dauern, bis sie an die Öffentlichkeit gelangten, wenn die Presse erst einmal von den Details Wind bekam. »Hatten Sie Mr Arnott zuvor schon einmal gesehen? Der Barkeeper vom White Stag sagt, er sei dort Stammgast gewesen.«
Monahan schüttelte den Kopf und zog die Stirn in Falten. »Ich glaube nicht. Und wir sind vorher noch nie in diesem Pub aufgetreten.« Die Art, wie er dabei den Mund verzog, verriet ihr, dass er nicht scharf darauf war, diese Erfahrung zu wiederholen.
»Aber Sie haben gestern Abend jemanden geschlagen, Mr Monahan«, hakte Melody nach. »War es vielleicht ein Bekannter von Mr Arnott? Hat er sich deswegen so aufgeregt?«
»Nein. Ich verstehe nicht, wie …« Monahan schien sich im letzten Moment zu bremsen. »Es war bloß ein Typ, der zu viel getrunken hatte und sich über unser Repertoire beschwerte.«
Melody sah ihn eindringlich an. »Verprügeln Sie immer Ihre Zuschauer, Mr Monahan? Nicht eben ratsam für jemanden, der von seinen Händen lebt, würde ich meinen.«
Er errötete und wandte zum ersten Mal den Blick ab. »Ich mag es nicht, wenn mich jemand schubst. Und ich mag es erst recht nicht, wenn die Leute ihre Flossen nicht von meiner Gitarre lassen können.«
»Sergeant.« Es war Caleb Hart, der seine Videokamera vorsichtig abgelegt hatte und jetzt auf sie zuging, wobei er einen Blick auf seine Armbanduhr warf. Eine Rolex, wenn sie sich nicht irrte. »Wenn es weiter nichts gibt, womit wir Ihnen behilflich sein können – unsere Zeit hier ist nämlich begrenzt. Und teuer.«
Melody war im ersten Moment verärgert über diesen unverblümten Rausschmiss, doch dann erinnerte sie sich an die Musik, die die beiden gemacht hatten, und in ihren Ärger mischte sich Bedauern darüber, dass sie die Magie ihres Zusammenspiels gestört hatte. Sie bezweifelte irgendwie, dass sie alle noch einmal auf die gleiche Weise zusammenfinden würden, jedenfalls nicht an diesem Tag.
»Wenn Sie mir nur noch Ihre Kontaktdaten geben könnten, Mr Monahan und Mr Moran. Ich denke, das wäre dann vorläufig alles.« Sie war jetzt kurz angebunden, entschlossen, ihre Autorität wiederherzustellen; doch je mehr sie sich bemühte, desto mehr hatte sie das Gefühl, sich lächerlich zu machen.
Monahan klopfte die Taschen seiner Jeans ab, dann sah er sich um und fragte: »Tam, hast du eine Karte?«
Sein Manager zog eine leicht abgegriffene Visitenkarte aus einem Etui in seiner Jackentasche und reichte sie ihm zusammen mit einem Kugelschreiber. Monahan nahm die Gitarre von der Schulter, stellte sie auf
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