Wer Boeses saet
und scharf wie die Klinge eines Skalpells, mit dem man die Seele sezieren konnte. Die Haut war von porzellanartiger Blässe und zarter als Reispapier. Ein fieser Zug lag um die Lippen, die grau angemalt waren und aussahen wie ein Aschestrich.
Julia war völlig entgeistert. Was war den das für ein kranker Typ? Die Waffe auf ihn gerichtet machte sie einen Schritt auf ihn zu.
»Bafamal?«
Keine Antwort. Mit Khol umrandete Augen starrten sie ruhig an, ohne auch nur einmal zu zucken. Plötzlich hatte sie das unangenehme Gefühl, eine Beute zu sein, ein Reh, auf das er sich gleich stürzen würde. Außerdem sagte sie sich, dass dieser Kerl sehr gut der Killer sein konnte. Deutlich über vierzig, vollkommen durchgeknallt, charismatisch. Bisher hatten sie noch nicht herausgefunden, was Maxime, Natascha und der Satanismus miteinander gemein hatten. Aber warum nicht?
Sie nahm sich zusammen und sagte:
»Sag mal, Dingo, bist du taub?«
»Wer hat Ihnen erlaubt, hier hereinzukommen?«
Die tiefe und berückende Stimme schlug sie unverzüglich in ihren Bann. Er hatte die Stimme eines Gurus, eine Stimme zum Dahinschmelzen.
Sein Anblick jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Sie riss sich zusammen und spannte den Hahn.
»Beantworte meine Frage. Bist du Bafamal?«
Der Vampir stand immer noch mit erhobenen Händen da. Kurz flackerte Wut in seinem Blick auf.
»Woher kennen Sie diesen Namen?«
Ein zäher Bursche. Sie würde Geschick beweisen müssen. Aber zunächst galt es, die Situation zu entschärfen.
»Los, geh vor. Und die Hände bitte weit auseinander.«
Der Große Meister gehorchte. Die Polizistin hielt die Kanone weiterhin auf ihn gerichtet und ging um ihn herum zum Altar. Der Stein war mit einem schwarzen Tuch bedeckt, auf dem ein Zauberbuch, ein silberner Kelch, eine Glocke und ein Schwert lagen. Ein geöffneter Schädel vervollständigte diese symbolische Anordnung. Daneben lagen ein Hobel, eine Feile und Knochenspäne. Wahrscheinlich rührten daher die Kratzgeräusche.
Julia griff nach der Klinge. Dann trat sie hinter Bafamal und durchsuchte ihn, indem sie ihn abklopfte. Keine Waffe. Sie steckte ihre Sig Sauer weg und stellte sich vor ihn. Die Partie konnte beginnen.
»In Ordnung … Nimm die Arme runter.«
Er folgte ihrer Aufforderung und ließ seine Hände in den Ärmeln verschwinden. In dieser Haltung sah er aus wie einer der roten Kardinäle der Heiligen Inquisition.
Julia fuhr fort:
»Sie sind ein Diener des Astharoth, nicht wahr?«
Sie spielte ein doppeltes Spiel. Erst hatte sie ihn gesiezt, zum Zeichen ihres Respekts. Dann hatte sie den Prinzen der Finsternis erwähnt, um sein Interesse zu wecken. Dazu hatte sie sich die Bruchstücke heiliger Texte in Erinnerung gerufen, die sie noch aus der Zeit kannte, in der sie eine Braut Christi werden wollte …
Bafamal wirkte überrascht.
»Wer sind Sie eigentlich? Was wollen Sie?«
»Ich heiße Julia Drouot. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, bin ich Polizeileutnant. Und ich brauche Ihre Hilfe.«
»Und Sie meinen, die bekommen Sie, indem Sie mich bedrohen?«
»Ich bedrohe Sie ja gar nicht mehr.«
Julias zerknirschte Miene besänftigte ihn ein wenig. Sie nutzte die Gelegenheit und schickte ihre Bauern vor.
»Ich ermittle im Mordfall Pierre Jacquet. Dem Jugendlichen, der …«
»Ich weiß.«
»Woher?«
»Ich kannte ihn.«
Kein Zögern. Er gab ganz selbstverständlich zu, dass er mit dem Opfer zu tun gehabt hatte. Als habe er nichts zu befürchten. Julia fuhr fort:
»Ist er hierhergekommen?«
»Nein. Niemand kann die neun Kreise überschreiten, solange er nicht die Weihen empfangen hat.«
»Und das hatte er nicht?«
»Noch nicht. Die Zeremonie sollte nächsten Monat stattfinden …«
Jetzt stand etwas anderes auf Bafamals Gesicht zu lesen: Enttäuschung. Und wenn er nicht grandios schauspielerte, meinte er es ehrlich.
Julia wollte Gewissheit haben.
»Wo sind Sie in den Nächten vom letzten Sonntag, Montag und Mittwoch gewesen?«
»Hier.«
»Kann das jemand bestätigen?«
Diese Worte zauberten dem Großen Meister ein ungläubiges Lächeln auf die Lippen.
»Verdächtigen Sie mich etwa?«
Kommando zurück.
»Das war nur eine Frage. Sobald Sie sie beantwortet haben, können wir zur nächsten übergehen.«
»Am Mittwoch hat eine Messe stattgefunden. Dreißig Gläubige haben daran teilgenommen.«
»Und an den anderen Abenden?«
»Da war ich allein. Wie sonst auch meistens …«
Das hatte ein wenig traurig geklungen. Bafamal trug eine
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