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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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Karnevalsklamotten. Man musste kein Kenner der Szene sein, um zu verstehen, dass das hier Gothics waren. Hinten im Raum saßen sie wie Vampire in einer Krypta und hielten Rat.
    Julia ging zu ihnen.
    »Hallo. Na, wie ist die Stimmung, alles cool?«
    Man wich vor ihr zurück. Feindliche Blicke wurden ihr zugeworfen. Die Polizistin holte sich einen Schemel und setzte sich einfach dazu. Mit einer kreisförmigen Bewegung zeigte sie drei Jugendlichen ihren Polizeiausweis.
    »Ich mach’s kurz. Ich ermittle in dem Mordfall in der Verbrennungsanlage in Jarrie. Seid ihr alle auf dem Laufenden?«
    Keine Antwort. Julia ließ Pierres Foto herumgehen.
    »Kennt ihn jemand?«
    Allgemeines Kopfschütteln.
    »Okay, dann gehen wir das mal anders an. Zeigt mir bitte eure Papiere.«
    Jetzt wurden sie sichtlich nervöser.
    »Na los!«, sagte Julia etwas lauter. »Ich hab noch anderes zu tun.«
    Reihenweise wurden in Plastik eingeschweißte Ausweise gezückt. Die Ermittlungsbeamtin tat so, als betrachte sie sie eingehend. Sie hatte die Liste vom Nachrichtendienst noch nicht erhalten. Die Namen sagten ihr nichts.
    Dann startete sie einen Scheinangriff.
    »Ihr wisst schon, dass ihr alle polizeilich erfasst seid?«
    Die Gothics wurden unruhig. Ein Mädchen mit langen, pechschwarzen Haaren ergriff das Wort.
    »Polizeilich erfasst? Was haben wir denn getan?
    »Zugehörigkeit zu einer sektenähnlichen Gruppierung. Für uns ist das genug.«
    »Weil ich mich schwarz anziehe?«
    »Nein, meine Hübsche. Weil ihr den Teufel anbetet.«
    Verunsicherung. Rechtfertigungsversuche.
    »Na und? Haben wir etwa kein Recht dazu?«
    »Ihr habt alle Rechte der Welt. Aber nur, solange man keine verkohlten Leichen findet, die durchlöchert sind wie ein Sieb.«
    Jetzt war klar, dass es um mehr ging. Die Mitglieder der kleinen Bande sahen einander entsetzt an. Julia fuhr fort:
    »Wir gehen davon aus, dass das Opfer vor zwei oder drei Monaten zu eurem kleinen Kreis dazugestoßen ist. Seht euch das Bild noch einmal an und versucht, euch zu erinnern. Es liegt in eurem Interesse.«
    Zweite Runde. Jetzt brauchte man die Truppe nicht mehr anzuspornen. Die Gothics konzentrierten sich, so gut sie konnten. Schließlich sagte die junge Frau im Namen der ganzen Gruppe:
    »Nein. Nie gesehen. Vielleicht stand er auf der Warteliste.«
    »Welcher Warteliste?«
    »Der wollte vielleicht bei uns aufgenommen werden. Solange man noch nicht initiiert ist, darf man nicht an den Messen teilnehmen.«
    »Du meinst schwarze Messen?«
    »Wir sagen: umgekehrte Messen.«
    Julia war der feine Unterschied herzlich egal. Jetzt hielt sie ein Stück vom roten Faden in der Hand …
    »Erzähl mir von den Initiationsriten. Wie läuft so etwas ab?«
    Spürbarer Widerstand. Eine unsichtbare Bedrohung schien über den Vampiren zu schweben.
    »Wir können unser Gespräch auch auf dem Polizeirevier weiterführen, wenn ihr das wollt«, drohte Julia.
    »Nein!«, sagte das junge Mädchen panisch. »Meine Eltern …«
    »Was ist mit deinen Eltern? Wissen sie nicht, dass du hier bist?«
    Dass sie auf keine der Fragen antwortete, war vorherzusehen gewesen. Auch die beiden anderen bekamen jetzt Angst. Wahrscheinlich waren sie in der gleichen Situation. Die Ermittlungsbeamtin beugte sich zu ihnen vor und sagte etwas sanfter:
    »Keine Angst. Sie werden nichts erfahren. Dafür erzählst du mir jetzt aber ein bisschen was.«
    Miss Dark holte ein Kettchen aus ihrem Pullover, an dem ein umgekehrtes Kreuz hing. Sie nestelte nervös daran herum.
    »Ich habe geschworen, das Geheimnis für mich zu behalten. Ich … Ich kann meinen Schwur nicht brechen. Sonst würde ich Baphomet beleidigen, und dann wäre der ganz schön wütend auf mich. Sagen Sie … Sagen Sie, können Sie das verstehen?«
    Das Mädchen hatte schreckliche Angst. Es druckste herum, auf der einen Seite wollte es das Geheimnis seines Glaubens wahren, auf der anderen hatte es Angst vor seiner Familie. Julia fragte:
    »Wer darf denn mit mir sprechen? Nennt mir einen Namen, und im Nu bin ich weg.«
    Sie zögerte noch, doch dann brach es aus ihr heraus:
    »Bafamal. Sie müssen mit Bafamal sprechen.«
    »Wer ist das?«
    »Der Großmeister. Er führt uns. Er trifft die Entscheidungen.«
    »Bafamal. Ist das sein richtiger Name?«
    »Den hat er sich selbst ausgesucht. Niemand weiß, wie er wirklich heißt.«
    »Weißt du wenigstens, wie er aussieht?«
    »Sein Gesicht darf man nicht sehen.«
    Das war der völlige Wahnsinn. Einerseits war Julia zum Lachen zumute,

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