Wer Boeses saet

Schmerz bekämpfen, der sie zu überwältigen drohte. Sie ging auf den Bootssteg hinaus. Die Wipfel der Tannen rund um den See sahen aus wie eine Dornenkrone. Die junge Frau sah in ihnen das Symbol für die Passion. Sah den Kreuzweg in ihnen, der François über all die Jahre kaputt gemacht und an dessen Ende seine Tochter ihn nun gekreuzigt hatte.
    Seltsamerweise war sie nicht böse auf Charlotte. Sie tat ihr nur leid. Das Mädchen würde wahrscheinlich in eine psychiatrische Klinik eingesperrt werden und bis ans Ende seiner Tage Neuroleptika schlucken. Immer in der Hoffnung, dass es sich nicht vorher umbrachte.
    Aber François? Wie sollte er es schaffen, wieder auf die Beine zu kommen? Und wie konnte ihrer beider Geschichte in dem Ganzen jemals eine Chance haben?
    Beim Gedanken an die Zukunft wurde ihr ganz anders. Sie kam ihr vor wie ein Schlachtfeld, wie ein hoher Berg, den es zu besteigen, ein weiter Ozean, den es zu überqueren galt. Sie wusste, dass sie die Kraft nur in der Liebe finden würde. Sie fühlte, wie diese Liebe wuchs, wie sie Raum einnahm und alle Hindernisse hinwegfegte, welche die Vernunft ihr entgegenstellte. Dieser Mann hatte ihre Seele berührt. Seine Zerbrechlichkeit, seine Zweifel, sogar seine Irrtümer rührten sie stark an. Sie wollte ihm helfen, wieder auf die Beine zu kommen, und vor allem wollte sie da sein an dem Tag, an dem er endlich bereit sein würde, eine neue Seite im Buch seines Lebens aufzuschlagen.
    In den Bäumen rauschte der Wind. Eine eisige Brise, die alles reinwaschen wollte. Julia sog mit voller Kraft die Luft in ihre Lunge. Ja, wie würde kämpfen.
    Würde François dabei helfen, das Blatt des Schicksals zu wenden.
    Den Fluch zu bannen.