Wer Boeses saet
beschäftigt.
»In der zwölften. Ich nehme mal an, du hast schon von dem Mord vom Sonntag gehört, oder?«
»Das Mädchen aus Roussillon?«
»Genau.«
»Hässliche Sache. Hat man dir den Fall anvertraut?«
»Sagen wir mal so, ich arbeite daran.«
Roland schnappte sich eine Trittleiter und stieg hinauf. Während er die Comics in die Regale einordnete, fragte er:
»Womit kann ich dir dienen?«
»Du hast mir doch mal erzählt, dass du gern Metal Rock hörst, stimmt’s?«
»Ein bisschen, ja.«
Julia lächelte in sich hinein. Roland fuhr total auf diese Musik ab und kannte sich aus wie kein Zweiter. Er hätte ein Buch über das Thema schreiben können.
»Jetzt mach mal nicht einen auf bescheiden. Du bist eine echte Bibel auf dem Gebiet, und ich hätte gern, dass du mich aufklärst.«
»Da solltest du zur FNAC gehen. Die haben Spezialisten.«
»Das möchte ich aber nicht.«
Er kletterte wieder von seiner Leiter herunter und stellte sich vor sie hin.
» Qué pasa ? Ich würd mal sagen, dich quält irgendwas.«
»Kann ich dir nicht erklären.«
Roland zog skeptisch eine Braue hoch. Er drehte sich um und steuerte eine Kiste an, die bis zum Rand mit alten amerikanischen Comics voll war, und machte sich ans Einräumen.
»Einverstanden. Was willst du wissen?«
Julia zog die CD aus der Tasche, die François ihr anvertraut hatte, jene CD, die er dem Hell’s Angel bei den Hausbesetzern in Grenoble abgenommen hatte.
»Kennst du die?«
Roland nahm die CD in die Hand und studierte eingehend das Cover, höchst interessiert.
»Iron Beast … Wie bist du denn da rangekommen?«
»Das ist nicht so wichtig. Was kannst du mir über sie erzählen?«
»Also, ich kann dir schon mal sagen, dass ich auf die nicht so abfahre. Alles Durchgeknallte. Total gewaltgeil. Surf mal ein bisschen in Internet, dann wirst du schon sehen.«
Das hatte Julia bereits getan. Gleich heute Morgen, als sie bei sich zu Hause vorbeiging, um sich frische Kleidung anzuziehen. Sie hatte nichts gefunden. Nur Seiten, die man nicht anklicken konnte, weil sie gesperrt worden waren.
»Ich hab’s versucht. Da findet man nichts.«
Das schien Roland nicht wirklich zu überraschen.
»Na ja, darauf mussten sie sich gefasst machen. Wahrscheinlich hat man den Providern auf die Finger geklopft, und dann wurde ihnen der Hahn zugedreht.«
»Weshalb?«
»Aufruf zum Mord. Sollte man besser nicht tun.«
»Ernsthaft?«
»Lauter Irre, sag ich dir.«
Julia hatte das Gefühl, dass sie der Sache allmählich näherkam.
»Und wo kommen die her?«
»Tschetschenien.«
Der Polizistin ging ein Licht auf.
»Welche Sprache sprechen die denn?«
»Russisch, warum?«
Pierre besuchte Russischkurse am Gymnasium Saint-Joseph. Er war sogar gut genug, um anderen zu helfen. Wahrscheinlich hatte er die Botschaft vernommen, die diese Durchgeknallten verbreiteten.
»Warum haben die sich einen angelsächsischen Namen gegeben?«
»Um das Publikum zu beeindrucken. In den Kreisen kannst du dich nicht Vodka Smirnoff oder Perestroika nennen. Das wäre nicht glaubwürdig.«
»Sind sie schon mal in Frankreich aufgetreten?«
»Ein- oder zweimal, Ende der Neunziger. Das hätte man sich anschauen sollen. Ich bin nie hingegangen, aber das war wohl voll krass. Da wurde einem Typen zum Schein die Kehle durchgeschnitten, literweise Hämoglobin übers Publikum gekippt, echt hartes Zeug.«
»Und jetzt?«
»Sie sind überall verboten worden. Sogar in ihrem eigenen Land.«
»Und wie schlagen sie sich durch?«
Roland griff nach einem Figürchen, einer Art Elfe mit grünem Haar und dem Körper eines Sexidols. Er befestigte sie auf einem Präsentationsständer und antwortete:
»Soviel ich weiß, liegt ihr Aufnahmestudio in einem Vorort von Grozny. Sie drehen auch Videos. Solche Snuff-Movies mit Serienvergewaltigungen und Morden und so. Danach stellen sie alles ins Netz. Bis man ihre ›Produktion‹ abfängt.«
Julias Neugier war geweckt. Iron Beast machte die übelsten Sachen, die es überhaupt gab. Brutalste Gewalt und Perversionen jeder Art, dazu noch eine aggressive Musik. Und das Tüpfelchen auf dem i war, dass man ihre Musik heimlich hören musste. Diese Zensur dürfte Pierres Wunsch, ein Verbot zu übertreten, nur noch mehr angestachelt haben.
»Hat man sie nie festgenommen?«
»Es wurde ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Offiziell …«
»Und in Wirklichkeit?«
»Putin, dieses Arschloch, lässt sie einfach gewähren. Damit sind sie in der glücklichen Lage, dass sie die
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