Wer Boeses saet
teilgenommen.«
»Da musst du aber mindestens ein Jahr zurückgehen bei deiner Recherche. Die kleine Justine kannte sie offenbar schon ziemlich lange.«
Sie hatte gewonnen. François hielt ihre These für stimmig und ließ ihr freie Hand. Sie fragte:
»Was wirst du unterdessen tun?«
»Was ich dir gesagt habe. Ich werde die Handynummer überprüfen, die Natascha angegeben hat, und versuchen, übers Internet etwas über sie herauszufinden.«
Julia lächelte.
»Du bist aber auch wirklich stur wie ein Esel!«
»Das ist eine Fährte. Und einer solchen muss man nachgehen.«
»Vor allem, wenn es die eigene ist.«
»Jedenfalls habe ich schon mal Vorsorge getroffen, dass alle früheren Anrufe von Lucie und Justine kontrolliert werden. So kann ich sehen, ob Natascha sie angerufen hat.«
»Da hast du zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen … Chapeau, Maestro!«
»Ich komme voran, das ist alles.«
»Und was ist mit mir? Kommst du mit mir auch voran?«
Sie biss sich auf die Lippen vor Wut, dass ihr das herausgerutscht war. Aber ihr Herz war schneller gewesen. Dabei hätte sie das wissen müssen.
François antwortete nichts darauf. Er schwieg ganze drei Sekunden lang, während Julia glaubte, im Erdboden versinken zu müssen. Schließlich räusperte er sich und sagte zögernd:
»Hör mal … Also, ich …«
»Du – was?«
»Eigentlich …«
Sie biss die Zähne aufeinander.
»Verflucht, jetzt sag’s schon! Das kann doch nicht so schwierig sein, mir zu sagen, dass du dich geirrt hast!«
Funkstille. Dann sagte François:
»Nein … Ganz im Gegenteil!«
41
Für die Recherche würde man gut eine Stunde benötigen.
Julia hatte sie an Claudine delegiert, die einzige Ermittlungsbeamtin, die nicht vor Devaux kuschte. Und zwar aus gutem Grund. Sie arbeitete schon eine halbe Ewigkeit im Haus, hatte bereits drei Generationen von Kommissaren an sich vorbeiziehen sehen, und Karriere zu machen war ihr herzlich egal. Sie stand kurz vor der Rente und war immer noch nicht über den Dienstgrad einer einfachen Polizistin hinausgekommen.
Aber in puncto Fleißarbeiten konnte ihr niemand das Wasser reichen. Eine Liste der Esoterikmessen zusammenzustellen, die in den letzten zwei Jahren in Frankreich veranstaltet worden waren, und natürlich auch eine sämtlicher Teilnehmer, war für sie ein Spaziergang.
Unterdessen streckte Julia weiter ihre Fühler aus.
Sie bog in die Gasse ein und blieb vor der Hausnummer 31 stehen. Die Adresse, die Gérald, das Model, ihr angegeben hatte, lag dreihundert Meter Luftlinie vom Haus des Opfers entfernt. Unweit des Salons, in dem Lucie arbeitete …
Eichenholz, dem die Jahre Patina verliehen hatte, ein bronzener Türklopfer, Kupfernieten. Sie drückte den Türflügel auf und trat ins Haus. Drinnen schlug ihr der vertraute Geruch von Salpeter und Bohnerwachs entgegen. In der Altstadt schienen alle Häuser gleich zu sein. In ihnen roch es wie auf dem Speicher eines Antiquars.
Sie nahm die Treppe bis zum Absatz im ersten Stock. Dort gab es nur eine Tür. Anstelle eines Namensschildes war auf Gesichtshöhe eine Visitenkarte hingepinnt. Die Class-Mode- Agentur gab sich diskret.
Julia klingelte. Eine Frau rief:
»Es ist offen!«
Die Polizistin drückte die Klinke nach unten. Hinter der Tür befand sich ein kleiner, von etlichen Halogenlampen erhellter Raum. Überall lagen stapelweise Prospekte herum, manche noch eingeschweißt. Julia glaubte, bekannte Markenlogos aus dem Großhandel wiederzuerkennen. An den Wänden hingen Fotos von jungen Frauen, dicht an dicht. Sie hatten sich in Pose gestellt, lächelten ins Objektiv und versuchten, ein möglichst ätherisches Gesicht zu machen. Das Ganze wirkte amateurhaft.
»Falls es ums Casting geht, da müssen sie um zehn Uhr wiederkommen.«
Kasernenhofton. Schnarrende Stimme. Der Zerberus war schon über das Rentenalter hinaus und traute sich dennoch, sich die Haare platinblond zu färben und eine rosa Plastikbrille zu tragen. Zur Krönung des Ganzen trug sie ein apfelgrünes Kostüm über einem leuchtend roten T-Shirt. Sie beugte sich über einen Tisch voller Kontaktabzüge und sah sich mit einer riesigen Lupe die Aufnahmen an.
Beim Anblick dieser Person stellten sich Julia die Haare auf. Sie trat näher und hielt ihr den Ausweis in den Landesfarben unter die Nase.
»Ich komme nicht wegen des Castings. Leutnant Drouot, Kripo Avignon.«
Die Xanthippe fuhr hoch und funkelte sie böse an.
»Was?«
» PO - LI - ZEI . Verstehen Sie das, oder muss
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