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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
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nicht sehr nah dran, und alles ging sehr schnell.«
    »Ja. Plötzlich war er da und in der nächsten Minute verschwunden. Ich habe eigentlich erst hinterher begriffen, was es bedeuten könnte, nachdem er weggerannt ist und ich in den Wald gegangen bin und die Rosen gefunden habe. Das Problem ist, je mehr ich mich daran zu erinnern versuche, was geschehen ist, desto mehr entfernt sich alles.«
    »Die Erinnerung ist etwas Seltsames. Manchmal ist es besser, nicht zu sehr über etwas nachzudenken. Überlassen wir es dem Unterbewusstsein. Es kann gut sein, dass die Erinnerung später wieder klarer wird.«
    Sie seufzte und ärgerte sich über sich selbst, weil sie sich nicht besser erinnern konnte. »Vielleicht sollten Sie mich hypnotisieren.«
    »Lassen Sie uns etwas anderes versuchen«, sagte er nach einer Pause. »Ich werde nach draußen gehen und da drüben, gleich hinter dem Laternenpfahl, die Straße entlanglaufen. Das ist ungefähr dreißig Meter weit weg. Wenn ich mich umdrehe, schauen Sie mich an und sagen mir nachher, was Sie gesehen haben.«
    Sie sah ihm nach, als er aus der Bar ging und die Straße überquerte. Am Samstag war in der Gegend immer viel Betrieb, Straßenverkäufer drängten sich neben Touristen an den Schnickschnackbuden,
die die Portobello Road und den Westbourne Grove säumten. Aber die Geschäfte und Marktstände waren seit Stunden geschlossen,und die Straße war menschenleer. Als Tartaglia ein kleines Stück die Portobello Road hinunterging, sah Liz im orangefarbenen Licht der Straßenlaterne, dass es wieder angefangen hatte zu regnen. Ein Stück weiter die Straße hinunter zog er sich den Pullover wie eine Kapuze über den Kopf und bedeckte seine Haare, dann drehte er sich mit dem Gesicht zu ihr. Die Kapuze veränderte sein Gesicht total. Seltsam, dachte sie, da ist einer der bestaussehenden Männer, den ich seit Langem kennengelernt habe, und doch könnte er aus der Ferne, mit bedeckten Haaren,jemand ganz anderes sein. Es zeigte, wie sinnlos diese Phantombildsache war, und sie war enttäuscht.
    Kurz darauf kam Tartaglia langsam zurück.
    »Himmel, ist das kalt draußen«, sagte er, als er ihr wieder gegenübersaß. Auf seinen schwarzen Haaren glitzerten Regentropfen in dem gedämpften Licht, und er schüttelte seinen Pullover kräftig aus, ehe er ihn wieder anzog. »Also, was können Sie mir über mich erzählen? Ich weiß, das Licht ist nicht dasselbe, aber was hatten Sie für einen Eindruck? Versuchen Sie, mich mit dem Mann zu vergleichen, den Sie gesehen haben.«
    Sie wollte ihm gerne helfen und betrachtete ihn nachdenklich. Eines war sicher: Der Mann, den sie gesehen hatte, sah Tartaglia überhaupt nicht ähnlich.
    »Also da ist zum einen Ihre Haarfarbe. Obwohl Sie den Pullover über dem Kopf hatten, konnte ich erkennen, dass Sie dunkle Haare haben. Es sind Ihre Augenbrauen; sie stechen heraus. Wenn ich es mir jetzt überlege, wird mir klar, dass ich bei dem Mann weder Augenbrauen oder seine Augen oder Lippen unterscheiden konnte; es war alles irgendwie gleich, ohne Schatten oder Linien.«
    »Dann ist er also eher blond …«

    »Ja. Ich würde sagen, er war blond. Sogar auf die Entfernung konnte ich sehen, dass Ihre Haut dunkler ist.«
    »Ich muss mich dringend rasieren«, sagte er reumütig und rieb sich das stoppelige Kinn. »Noch mehr Unterschiede?«
    Sie musterte ihn und versuchte, so objektiv wie möglich zu sein und nicht zu lange auf einzelnen Merkmalen zu verweilen, in der Hoffnung, dass er nicht ahnte, wie sehr sie es genoss, ihn anzuschauen. »Na ja, Sie haben eine andere Gesichtsform«, sagte sie beiläufig. »Seins war länger, vielleicht nicht so regelmäßig. Und ich würde sagen, er war größer als Sie, kräftiger, vielleicht lag das aber auch an dem Anorak, den er trug.«
    »Das ist sehr hilfreich. Noch etwas?«
    Sie schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Wein. »Der Wein ist wirklich gut«, sagte sie nach einer Weile und fand, dass es Zeit war, das Thema zu wechseln, in der Hoffnung, ihn dazu bewegen zu können, noch eine Weile zu bleiben. »Nicht dass ich Expertin wäre.«
    »Ich bin auch kein Experte. Meine Familie importiert Wein aus Italien, aber mein Vater behauptet, dass ich den billigsten Chianti nicht von einem Sassicaia unterscheiden kann. Klar ist das Blödsinn, aber er gibt mir natürlich nicht die Gelegenheit, ihm zu beweisen, dass er sich irrt.«
    »Also, ich könnte sie mit Sicherheit nicht unterscheiden. Und ich hasse dieses Getue, das die Leute

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