Wer braucht denn schon Liebe
verweilten, bis sie sich satt gesehen hatten. Dann weiter ihren Bauch hinunter bis zum Rand ihres knappen Spitzenhöschens. Mit Bedauern registrierte er, wie sie ihr Kleid über diese Stelle und noch weiter hinunterzog. Einen Moment lang war Lorenzo, der Mann aus San Marcino, tatsächlich ins Träumen geraten.
Karen blinzelte irritiert, als plötzlich ein Messer in der Hand des Fremden aufblitzte. Sie öffnete den Mund und schrie um ihr Leben.
Geschmeidig wie eine Wildkatze stürzte er sich auf sie. Mit dem Gewicht seines Körpers drückte er sie zu Boden, und seine Linke presste sich fest auf ihren Mund – während in seiner Rechten immer noch das Messer blinkte, dessen scharfe Klinge sich nur noch wenige Millimeter neben ihrem Ohr befand. Genau genommen hielt der Mann das Messer wie jemand, der kurz davor stand, sein Frühstücksei zu köpfen.
Bei der Vorstellung, was er wohl stattdessen zu köpfen beabsichtigte, fühlte Karen sich, als ob das Blut vom Kopf an langsam aus ihrem Körper wich. Ihr wurde noch kälter, als ihr ohnehin schon war, und trotz seines Gewichts, das immer noch auf ihr lastete, begann sie an allen Gliedern zu zittern. Bislang hatte sie auf ihre Nervenstärke immer stolz sein können, doch in diesem Moment höchster Gefahr spürte sie zu ihrem Entsetzen, wie heißes trockenes Schluchzen ihr die Kehle hochkroch.
Es fiel ihr schwer, den verzweifelten Laut, den sie hörte, sich selbst zuzuordnen. Und auch der Stumme zog sich erschrocken zurück.
Urplötzlich begann er, einen gewaltigen Wortschwall über sie zu entladen, von dem sie außer den Worten »scusi« und »subito« nichts für sich herausfiltern konnte. Misstrauisch verfolgte sie, wie er von ihr abrückte – bevor er weit mit dem Messer ausholte und mit einem bösartigen Lächeln um die Lippen die Klinge niedersausen ließ. Als die scharfe Schneide tief in das Fleisch der Salami eindrang, die er von irgendwo hergezaubert zu haben schien, stieß Karen einen Seufzer grenzenloser Erleichterung aus.
Immer noch lächelnd und diesmal gar nicht bösartig bot er ihr eine dicke Scheibe der köstlich duftenden, italienischen Wurst an. Wütend sprang sie wie eine Furie auf ihn los.
»Sie gottverdammter, Menschen verachtender Kretin! Von mir aus können Sie einem Dutzend Menschen die Kehle aufschlitzen! Aber wenn Sie das auch nur noch ein einziges Mal mit mir probieren, drehe ich Ihnen den Hals um!« Sein verdutzter Blick machte sie nur noch wütender. »Sie meinen wohl, nur weil Sie eine Waffe in der Hand halten, muss jeder vor Ihnen kuschen! Wissen Sie, wie ich das finde? Billig! Typen wie Sie sind das Letzte! Abschaum! Sie sind den Dreck unter den Schuhen nicht wert! Typen wie Sie gehören in die Klapsmühle. Tschüss und auf Nimmerwiedersehen! Lebenslänglich ist noch zu kurz!«
Die Miene des Klapsmühlenaspiranten spiegelte Überraschung, Skepsis und große Erheiterung wider. Aus einem ihr nicht verständlichen Grund schien er sich köstlich zu amüsieren.
»Ihr dämliches Grinsen wird Ihnen schon noch vergehen, wenn Sie erst merken, dass Sie einen Riesenfehler gemacht haben. Sobald ich hier raus bin, hetze ich Ihnen nämlich die Polizei auf den Hals. Typen wie Sie dürfen nicht frei herumlaufen!«
In seine Augen trat ein gefährliches Glitzern. »Dann sollte ich Sie vermutlich doch noch umbringen!«, raunte er heiser. Leider auf Deutsch.
Karen gefror das Blut in den Adern, als ihr bewusst wurde, dass er ihre Sprache sprach. Denn es bedeutete, dass er alles verstanden hatte, was sie ihm in ihrem Zorn an den Kopf geworfen hatte. Und in seinen Ohren mochte manches ihrer Worte nicht unbedingt lebenverlängernd klingen.
»Ach, sieh da! Mister Mini-Pate gefällt sich darin, den geheimnisvollen Fremden zu spielen! Verstößt es nicht gegen Ihre Ganovenehre, vor einem Weiberrock zu kuschen?!«, höhnte sie herausfordernd mit dem Mut der Verzweiflung.
»Reden Sie eigentlich immer so einen Quatsch?!« Neugierig und gar nicht unfreundlich – soweit sie es bei dem schlechten Licht im Schober überhaupt erkennen konnte – musterte er sie. »Wer behauptet, dass ich ein Gangster bin?«
»Sind Sie es nicht?!« Überrascht ließ Karen sich ihm gegenüber ins Heu fallen. Wieder brummte ihr Magen, und sehnsüchtig verfolgte sie, wie er sich die dicke Scheibe Salami, die eigentlich für sie bestimmt gewesen war, nun selbst in den Mund schob.
»Und aus welchem Grund reißen Sie mich aus dem Schlaf, obwohl ich es mir gerade kommod gemacht hatte,
Weitere Kostenlose Bücher